AUFBAU -  TEILE  -  KONSTRUKTION

 

Balalaika. Der vierteilige Grundaufbau der Balalaika. Schematische Skizze (Long side view)

Das Schema oben zeigt den  Grundaufbau  der  h e u t i g e n  Balalaika.

Frühe Formen besaßen einen einfacheren Aufbau, bestehend aus  Korpus  und Hals. Der Hals besaß kein aufgeleimtes Griffbrett, auch hatte er kein  Wirbelbrett. Die Wirbel löcher waren direkt in den Hals hineingebohrt.

Eine solche einfache Konstruktion mit Steckwirbel direkt im Hals haben heute immer noch z.B. die persische Tanbur und die türkische Baglama.

BESCHREIBUNG  UND  EINORDNUNG

 

Балалайка: Русский народный струнный щипковый музыкальный инструмент с корпусом треугольной формы.

 

Die  Balalaika  ist  ein russisches Saiteninstrument, ein Zupfinstrument

in dreieckiger Form und mit 3 Saiten.

Die 3-eckige Korpusdecke ist plan bis schwachgewölbt, der Korpusbauch ist mehrspanig, wobei die beiden Seitenspäne als Zargen ausgebildet sind.

 

In der Hornbostel/Sachs-Systematik ist die Balalaika in die Kategorie "Lauten"  eingeordnet.

Trotz ihrer kastigen Optik wird die Balalaika den  Schalenlauten  zugerechnet.

Die Grenze zwischen  Schale  und  Kasten  ist bei den Lauteninstrumenten oft fließend, besonders bei der Balalaika.

Die Balalaika ist registriert in der Ordnungsgruppe 321.321.

Zum Vergleich: Die Violine, die eine  K a s t e n - Halslaute ist,

gehört zur Ordnungsgruppe  321.322

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Anm. 1: Ermanno Briner (Reclams Musikinstrumentenführer) will die Balalaika

            wegen ihres flachen (!) Bodens nicht zu den Lauteninstrumenten zählen.

Anm. 2: Everard Sigal (www.mu-sig.de) verwendet andere Ordnungsnummern.

 

 

Die Balalaika zählt zu den Langhals-Lauten

und steht damit in der Tradition der persischen Tanbur.

 

Der  Instrumentengegenstand  " B a l a l a i k a "

Eine morphologische Gesamtschau

 

Unter "morphologischer Gesamtschau" oder "morphologischer Analyse" wird das "Scannen"  des  Instruments  "Balalaika" in seiner heutigen Gestalt verstanden.

 Besonders eingegangen wird auf die "morphologische Metamorphose" (Gestalt-veränderung; griech. morphe´= die Gestalt)  der  Balalaika  im  19. Jhd.  durch  Wassili Andrejew.

Erste Gestaltveränderungen geschahen bereits vorher,  im Übergang von der persischen Tanbur, einer wohl ursprünglich aus Kürbis gefertigten Langhalslaute, zu diversen regional unterschiedlichen Tanburvarianten, die ebenfalls aus Kürbis gefertigt wurden. Kürbisse konnten z.B. quer- oder längsgeschnitten sein.

Ein Abkömmling dieser Kürbis-Tanbur ist die Kürbisbalalaika. Leider gibt es keine erhaltenen Exemplare dieser früher Art.

Der Gestaltwandel der Tanbur trat ein, als sie aus einem einzigen Stück Massivholz geschnitzt wurde. Auch in Russland wurden auf diese Weise Balalaiken hergestellt. Eine solche Balalaika (dolbljonaja balalaika) hatte meist Löffel- Paddel- oder Schaufelform (lopata). Noch heute werden in vielen asiatischen Kulturen (in Kasachstan, im Altai, im Kaukasus u.a.) solche "Balalaiken" auf diese Art hergestellt.

Kürbis-und Massivholzbalalaiken sind beides Varianten der persischen Tanbur. Sie markieren keine zeitlich-historische Abfolge in der Entwicklung, sondern treten gleichzeitig in Erscheinung.

 

Weitere Gestaltveränderungen wurden möglich gemacht, als die Balalaika nicht mehr aus einem einzigen massiven Holzstück herausgeschnitzt, sondern in zusammengesetzter Holzbauweise hergestellt wurde. Hier gab nicht die natürliche Kürbisform oder die Größe des Holzstücks die Form vor, sondern der Instrumentenbauer konnte frei entscheiden, welche Gestalt er seinem Instrument geben wollte, um ein bestimmtes Form-Ideal zu verwirklichen, um dadurch ein bestimmtes Klangideal zu erreichen.

Dieser letzte Schritt, nämlich die Bauweise aus zusammengesetzten Holzteilen, war die Voraussetzung für die Ausbildung der heutigen breiten Dreiecksform der Balalaika.

 

Prim-Balalaika in heutiger Form, 67 cm lang, 6 Korpus-Späne, mit historischer Mensur: 43,89 cm

 

Die Andrejew-Balalaika:

 

Alle heute gespielten Balalaiken sind "Andrejew-Balalaiken".

Auf einer bereits im 18. Jhd. existierenden schmalflügligen dreieckigen Balalaika-Variante schuf W. W. Andrejew den heutigen Balalaika-Typ.

Er verbreiterte die Flügelform, vervollkommnete und modernisierte das Instrument auf vielerlei Art, und schuf so die heutige uns bekannte Balalaika mit ihrem typischen breiten dreieckigen Korpus und chromatischer Bundierung.

Die Andrejew-Balalaika ist keine Neu-Erfindung, sondern eine Fort-Entwicklung und programmatische Erweiterung der traditionellen Volks-Balalaika.

Balalaika. Typ "Andrejew-Balalaika" seit 1885. Einfaches Modell mit 16 Bünden. Orchester-Balalaiken erhielten später bis zu 33 Bünde

B E S C H R E I B U N G    D E R    B A L A L A I K A

         Ihre  primären  und  sekundären  Teile

 

A:  DIE  VIER  PRIMÄREN  TEILE  DER  BALALAIKA

Die Balalaika  -  in  ihrer  heutigen  Bauart  -  ist zusammengesetzt  aus 

4  primären Teilen, die  fest  miteinander  verbunden (verleimt) sind.

Sie  sind  primär,  d.h.  sie  bilden  den  Grundkörper  des  Instruments.

 

Hauptteil des Grundkörpers ist der  Schallkasten (Klangkörper). Er besteht aus einem schaligen oder kastigen Trog (I.) und der Decke (II.) Mit dem Klang-körper fest verbunden ist der Instrumentenhals (III.), der in der Regel ein aufgeleimtes Griffbrett besitzt. Am Ende des Halses ist das Wirbelbrett (IV.)

 

I.    K O R P U S   ( T R O G )* 

II.   K O R P U S - D E C K E    ( D R E I E C K )

III.  H A L S   M I T   G R I F F B R E T T

IV.  W I R B E L B R E T T

 

 

B:  DIE  SEKUNDÄREN  TEILE  DER BALALAIKA

Dazu gehören:

Saiten,

Saitenhalter,

Stimmwirbel (-mechanik),

Saitensteg (Brücke),

Schlagbrett

Halsbünde.

Weitere Akzidentien sind Tragegurt u.s.w.

Die Begriffe "Primär und "sekundär" bezeichnen Bauteile; es sind keine Wertungen. Die sekundären  Saiten  sind für den Klang  sogar von primärer Bedeutung.

Beschreibung der sekundären Elemente:   Kapitel 1.5.  Aufbau der Balalaika

   DER  KORPUS  DER  BALALAIKA

( КУЗОВ ) ( = KUSOW ):

 

TROG,  KASTEN,  KORB,  FASS,  MUSCHEL,  CASSA,  BODY,

PFANNE,  SCHALE,  SCHALLKÖRPER,  RESONANZKÖRPER

 

 

TROG  

Der Name "Trog" weist hin auf eine uralte Fertigungsmethode, bei der Hausgeräte,  Boote, Kinderwiegen,  Särge,  Musikinstrumente ("Trogzither") und viele andere Behältnisse  aus einem einzigen Stück Holz herausgehauen wurden.  Später wurden Tröge aus separaten

Brettern zusammengefügt.

KUSOW  

Die  gebräuchlichste  russische  Bezeichnung  für  den  Balalaika-Korpus 

ist  "Kusow"  ( кузов )

 

"Kusow" wird  auf  der  1.Silbe  betont, die Pluralform  lautet "kusowa " und ist endbtont.

Das Wort ist abgeleitet vom  tatarischen "kyzau"  (= Korb).

 

In russische Wörterbüchern werden für  кузов  drei  Bedeutungen genannt:

a.  Korb  aus  Birkenrinde    

b.  Schiffsrumpf   

c.  Kutschkasten, heute:  Auto-Karosserie  ("Auto-Kasten")

 

Im heutigen Russisch bezeichnet dieser Begriff  insbesondere die Auto-Karosserie.

Im Auto-Karosseriebau gibt es selbsttragende , aber auch auf Rahmenträger aufgebaute Karosserien. So auch im Balalaika-"Karosseriebau"

Balalaiken haben in der Regel selbsttragende Karosserien. Eine Ausnahme bilden die großen Kontrabass-Balalaiken. Sie werden  oft als Rahmenwerk gebaut (wie ein Schiffskörper), der dann eine Beplankung (обшивка),

eine Decke und ein Heckbrett bekommt.

 

  MUSCHEL (SHELL)

Außerhalb Russlands wird der Korpus-Trog  auch "Muschel"  genannt  (engl. "shell"), eine Bezeichnung, die allgemein für Schalenkorpus-Lauten verwendet wird.

Im Russischen ist diese Bezeichnung für den Instrumentenkorpus ungebräuchlich.

Dennoch: Auf die Balalaika trifft diese Bezeichnung besonders zu  wegen zweier Merkmale.  Diese sind:

 

1. Die  Dreiecks - Form

ihrer Korpusschale

Muschelform = Fächerform  ( Grundform: geometrisches gleichseitiges Dreieck ).

 

2. Die Rippen-Musterung der Schale. Der Boden der Balalaika ist  aus V-förmigen Spänen zusammengesetzt, die an die  fächerförmigen Musterung einer Jakobsmuschel mit ihrer Rippenstruktur erinnern..

 

Die auf dem Foto gezeigte Plastikkorpus-Balalaika will durch ihre Sunburst-Optik die Illusion eines lackierten Holzkorpus vortäuschen. Andere Ausführungen weisen einen einheitlich dunkelgrünen Spritzlack-Überzug auf.

Die Sadinka einer solchen Kunststoff-Primbalalaika besteht in der Regel aus einem Holzbrett, die Decke aus Tonfichte.

Anders bei einigen Subkontrabass-Kunststoffbalalaiken. Hier ist die Decke aus Sperrholz, die gesamte Korpusschale ist eine dreieckige Schüssel aus Plastik.

Im Inneren besitzt eine solche Balalaika ein Grundgerüst aus Holzleisten.

BODY 

In der internationalen englischen Treminologie wird der Resonanzkasten eines Musikinstruments "body" genannt, auch der der Balalaika. (Body = Körper, Leib)

 

CASSA 

Im italienischen Instrumentenbau, der für so bedeutsame Lauteninstrumente

wie Violine und Mandoline Maßstäbe gesetzt hat, heißt der Korpus-Trog " cassa ".

"Cassa" bedeutet: Kasten, Kiste, Gehäuse, (spez.: Geldkasten = Kasse).

 

VIER  VERSCHIEDENE  HERSTELLUNGSARTEN 

DES  BALALAIKA-KORPUS  

 

1. DER  NATURGEWACHSENE  KUSOW  ( KÜRBIS-TROG ) (SCHALEN-TROG)

    Balalaika  aus  einem  halbierten  K ü r b i s   hergestellt:

    A. Runder Kürbis ( tykva )   ( längs-  oder  quergeschnitten )

    B. Flaschenhalskürbis ( tykva-travyanka )  ( Kalebasse )

 

2. DER  AUS  KUNSTSTOFF  GEFORMTE (GEGOSSENE, GEPRESSTE) KUSOW

    Balalaika  mit  Korpus  aus  Faser-Kunststoff-Verbundmaterial

    ("пластик") ( in Russland für die Massenproduktion von  Souvenir-

    Balalaiken  seit  1979  angewandt:  "Olympia 1980 Moskau" )

    (hier als historische Bauart aufgeführt, da im vorigen Jahrtausend entwickelt)

    Im Gitarrenbau seit 1965 angewandt bei der Ovation-Gitarre, im 

    Autokarosseriebau ("kusow"!): seit 1957 beim DDR-Auto "Trabant"

 

3. DER  AUS  EINEM  EINZIGEN  HOLZSTÜCK  HERAUSGESCHÄLTE  KUSOW

    (долбленый  резонаторный  корпус)

     Eine Balalaika dieser Art konnte auf zweierlei Art hergestellt werden:

     a) Die gesamte Balalaika (Trog und Hals) ist aus  e i n e m  Stück geschnitzt.  

     Traditionell wurde dazu  Birkenholz  verwendet.

     b) Trog und Hals werden separat hergestellt. Der Hals wird an den Trog 

         bzw. Holzschale angeschäftet (wie bei einer Kürbis-Balalaika) oder er wird

         als Spieß durchgesteckt oder auf andere Weise an den Korpus angefügt.

 

     Historisch  bezeugte  Korpus-Umrißformen

     der  geschnitzten  Balalaika ( Tanbur ) sind :

   

     A. Ovaler Korpus  (= Persische Tanbur,  div. asiatische Langhals-Lauten)                      

     B. Paddel- bzw. schaufelförmiger Korpus  ( Lopata )

        ( = schmaler Korpus mit schwach ausgeprägter  D r e i e c k s f o r m )

         (z.B. Dombra, Dutar, Dotar)

 

         Anmerkung:  runder  Korpus.

         Ein   r u n d e r   pfannenförmiger Holztrog  mit flachem Boden, aus  

         e i n e m   Stück  geschnitzt, ist bei der  ukrainischen  Kobsa  bezeugt,

         nicht aber bei der Balalaika.

 

4. DER  AUS  EINZELNEN  HOLZTEILEN ("SPÄNEN")

    ZUSAMMENGEFÜGTE KUSOW

   

  Es gibt hier viele Formvarianten.  Die 4 Hauptformen sind :

 

    A.   RUNDE FORM           (halbkuglige  Domra = "runde Balalaika")

    B.   ZWIEBELFORM         (persische Tanbur, kasachische Dombra)

    C.   SCHAUFELFORM       (kasachische Dombra. Kaukasische Pondar)

    D.   DREIECKIGE FORM  (heutige Balalaika = Andrejew-Balalaika)

 

Die dreieckige Form (D) kann als Weiterentwicklung der ruderblattförmigen trapezförmigen Schaufelform (C) aufgefasst werden.


 

Bekannte  Kasten-Korpus-Instrumente:

 

Geige  und  Flach-Mandoline

 

Geige

Das Bodenbrett der Geige ist ein flaches Brett, das bogig abgehobelt worden ist.   Die schalige Bodenwölbung macht die Geige aber nicht zu einer Schalen-Laute.

Die Geige ist trotz des gewölbten Bodens eine reine Kastenlaute.

 

Portugiesische Flachmandoline

Ähnlich die  Flachmandoline. Die Bodenwölbung ist hier häufig nicht - wie bei der Geige - aus einem Brett herausgeschält, sondern das Wölbbrett ist  - wie bei der Balalaika - aus Spänen zusammengesetzt.

Flachmandoline und Kastenbalalaika haben oft die gleiche Bodenwölbung. Dennoch:

Die Flachmandoline wird als Kastenlaute eingeordnet, die Balalaika jedoch als Schalenlaute.

 

Balalaika

Bei der Balalaika ist es manchmal schwer zu bestimmen, ob es sich um eine Kasten- oder um eine Schalenbalalaika handelt. Es ist eine Kombination.

Die meisten der heute gebauten Balalaiken weisen eine Querschnittform auf, die zwischen Halbkeis (= Schale) und Rechteck (= Kasten) liegt.

Diese Misch-Form ist einem symmetrischen  Trapez  angenähert.

Die lange Grundlinie des Trapezes entspricht der Instrumemntendecke.

Die beiden schrägen Seiten des Trapezes entsprechen den Zargen.

Die Dachlinie des Trapezes stellt den Instrumentenboden dar, der allerdings in der Praxis eine konvexe Wölbung aufweist.

 

SCHALE  UND  KASTEN

Balalaika (Typ1). Schalenkorpus

Die Grundform der Schalen-Instrumente ist der Halbkreis bzw. das Kreis-Segment. Der Blick

auf die Sadinka (задинка), das Hinterbrett,

läßt diesen gut erkennen.

(Halbkreis = die Halbkugel des Kürbis).

Es ist dieselbe Querschnittform, die auch die die halbkuglige Domra, die italienische Mandoline ("Kartoffelkäfer"), die arabische Laute, die türkische Baglama, die griechische Bouzouki, die persische Tanbur  u.a. aufweisen. Die Schale der Balalaika ist jedoch in der Regel flacher als bei anderen Instrumenten gehalten (s. Bild!: Blick auf die задинка. Hier: feldrierte Sadinka (Наборная задинка) mit 6 Sektoren.

Balalaika (Typ 2). Kastenkorpus Angenäherte Rechteckform

Die Idealform des Kastenkorpus ist das  Rechteck. Eine Rechteck-Querschnittform  mit exakt senkrecht gestellten Zargen  ist anzutreffen bei der Gitarre, der portugiesischen Flachmandoline, der Geige und dem Psalterium (der Kastenzither).  Eine 100 %ige Kastenbalalaika mit exaktem Reckteckprofil trifft man heute so gut wie gar nicht mehr an. Das Rechteck (als Querschnittsfläche des Korpus) ist die charakteristische Form der Gusli. Auch die Kobsa (eine Laute) und die aus ihr hervorgegangene Bandura (eine Kastenzither) haben im Querschnitt eine annähernd rechteckige Kastenform (mit gerundeten Kanten).

Die Form der Querschnittfläche läßt sich folgenden geometrischen Grundformen zuordnen: Rechteck , Trapez,  Halbkreis

An diese Formen ist der Balalaika-Querschnitt mehr oder weniger angenähert.

 

Kasten oder Schale?

 

Heute sind fast alle Balalaiken in einer kombinierten Schale-Kastenform gebaut.

Welche Form dominiert,  entscheidet oft der Winkel,  in dem die Zargen zur

Decke stehen.

Bei der heutigen Balalaika gibt es keine senkrechten 90 Grad-Zargen mehr. Der Winkel Decke/Zarge beträgt je nach Bauart ca. 80 bis 45 Grad.

Welcher Winkelwert die Grenze zwischen Kasten-und Schalenbalalaika markiert, wird von den Balalaikabauern verschieden definiert.  Darf eine 70 Grad Zargen-Balalaika noch als Kastenkorpus-Balalaika bezeichnet werden? Oder ist sie bereits schon bei 85 Grad Zargenstellung eine Schalenkorpusbalalaika?

Die Grenzen sind fließend.

Letztlich ist immer entscheidend, wie gut die Balalaika klingt.

 

 

Schalenklang  und  Kastenklang   

 

Die Korpusformen  "Schale" und "Kasten"  besitzen unterschiedliche Klangeigenschaften.

Der "Schalenklang" tendiert zur italienischen  Rundbauch-Mandoline,

der "Kastenklang" tendiert zur Violine bzw. zur Gusli (Zither).

 

DREI  KORPUS-TYPEN:

 

1. Kasten:

    Korpus mit Zargen und flach gewölbtem Boden

 

2. Flachkiel

    Schale mit ausgeprägter Wölbung und Mittel-Span

 

3. Spitzkiel

    Schale mit ausgeprägter Wölbung und Mittel-Naht

 

A. Kastenkorpus-Balalaika  (Korpus-Typ "Gusli"))

    Der Korpus besteht aus drei Teilen:

    1. Decke

    2. Zwei Seitenteile (Zargen), 70 bis 90 Grad zur Decke stehend.

    3. Boden

    Der Boden kann ein planes oder ein schwach gewölbtes Brett sein.

    Meist aber besteht er aus einer aus Spänen zusammengesetzten

    flach gewölbten Schale. Die Anzahl der Späne ist bei diesem Typ

    für den Klang nicht entscheidend.
 

B. Schalenkorpus-Balalaika  mit starker Wölbung und Flachkiel.

    Der Korpus besteht aus zwei Teilen:

    1. Decke und

    2. Schale

    Die Schale kann schwach gewölbt sein (Löffelform)

    oder tiefgewöbt  (zur Halbkugel tendierend).

    Späne-Anzahl: ungerade (3, 5, 7, 9, ...)(Korpus-Typ "Passierbski")

    Passierbski war Geigenbauer. Geigen besitzen einen Flachboden.

 

C. Schalenkorpus-Balalaika  mit starker Wölbung und Spitzkiel.

    Der Korpus besteht aus zwei Teilen:

    1. Decke und

    2. Schale

    Die Schale kann schwach gewölbt sein (Löffelform)

    oder tiefgewöbt  (zur Halbkugel tendierend).

    Späne-Anzahl: gerade  (2, 4, 6, 8, ....) (Korpus-Typ "Nalimow")

 

 

 

Die Korpus-Späne:   Клёпки  (  Клинья )

 

Der Korpus  der Schalenhalsbalalaika (A) und der Balalaika in kombinierter

Korpusform (C) besteht  aus  miteinander  verleimten  Holz-Streifen, meist

"Späne" genannt.

Die russische Bezeichnung  lautet:

Клёпки  ( kljopki ) =  Dauben. (Von "клёпка" =  Faßdaube)

(siehe blaue Skizze oben). Eine andere Bezeichnung ist:

Клинья  ( klinja ) = Keile.  (Von "Клин" = Der Keil, der Zwickel)

 

Nochfolgend die in der deutschen Sprache gebräuchlichsten Bezeichnungen der korpusbildenden Holzteile:

 

Dauben       ( Kljopki ),  von russ. "клёпка" =  Faßdaube 

Späne

Segmente     (von lat. segmentum = Abschnitt, Teil eines Ganzen)

Bodenteile

Streifen

Lamellen      (von lat. lamella = dünne Scheibe, Blättchen)

Planken        (von griech. phalanx = Baumstamm)

                     (Zugleich Bild für eine militärische Schlachtordnung)

Rippen          (engl. "ribs")

 

Die Verbindung der Späne im Inneren der Balalaika

Im Inneren der Balalaika werden die Klebenähte der Korpusbodenspäne oft mit Papier oder Textilbändern überklebt.Das ergibt eine zusätzliche Sicherheit für die Festigkeit der Verbindung. Manche Balalaiken besitzen im Innern ein ganzes Textilkleid.

 

Die Verbindung der Späne außen: gefällige Optik.

Nähte  und  Adern

Nicht immer sind die Späne direkt und unmittelbar miteinander verleimt und im Inneren mit Papierstreifen überklebt.

Hochwertige Balalaiken, in Meisterwerkstätten hergestellt, besitzen oft

zwischen  den Spänen, besonders wenn diese gleichfarbig sind, dekorative "Adern", sehr schmale Holzstreifen, die die Nahtstellen der Späne kontrastvoll betonen. Zwischen helle Ahorn-Späne werden gern Adern aus dunklem Ebenholz eingefügt.

Bei sehr vielen Balalaiken (besonders bei Balalaiken aus Markneukirchen) werden helle und dunkle Späne abwechselnd gesetzt (z.B.  Ahorn hell + Mahagoni dkl.). 

Auch werden gerne aus den Spänen (besonders im Hinterbrett-Bereich) Dreiecksformen herausgeschnitten, die durch farblich kontrastierendes Holz  von gleicher Form ergänzt werden.

 

BEISPIEL:  EINE  BALALAIKA  MIT  TRAPEZ-KORPUS

Balalaika ( Typ3 ) mit Trapezkorpus. Trapez mit gewölbtem "Dach".

Die Grundform des Trapezes ist leicht zu erkennen im Blick auf das Heckbrett (задинка).

Die obere Seite, das "Dach" des Trapezes ist niemals eben und flach, sondern immer ( mehr oder weniger ) bauchig nach außen gewölbt. Auf die schräg stehenden Zargen ist eine schwach bis stark gewölbte flache Schale aufgesetzt. Diese kann aus einem einzelnen gebogenen Brett bestehen oder aus Spänen zusammengesetzt sein.

Ob die Anzahl der Späne geradzahlig oder ungeradzahlig ist, hat für den Klang einer  Wölbboden-Kastenbalalaika  keine Bedeutung, entscheidend ist der Wölbungsradius des Instrumentenbodens.

 

Bei einer reinen Schalenkorpus-Balalaika mit stark gewölbtem Boden ist jedoch die Anzahl der Späne sehr wohl klangentscheidend. Je größer die Anzahl der Späne, umso gerundeter ist die Korpusschale.

Wenige Späne bedeuten: eine Aneinanderreihung ebener Flächen, die durch winklige Verleimung eine Wölbung andeuten. Eine solche Schallwand hat ein anderes Reflexionsverhalten hat als eine schalig-gewölbte Fläche.

Das Obertonspektrum ist bei beiden Bodenarten völlig verschieden.

Der Harfenbau hat sich diese Erkenntnis zu eigen gemacht. Gerundete Schallkörper gelten hier als klangausgewogener.

 



ZWEI  KORPUS-VARIANTEN  DER  BALALAIKA:

"PASSIERBSKI - TYP"   UND   "NALIMOW - TYP"

 

Diese Bezeichnung findet man sehr häufig. Sie bezieht sich auf die Anzahl der Korpus-Späne, genauer:  sie gibt an, ob die Zahl  der Späne (Planken)

eine gerade  oder  eine ungerade ist.

Eine ungeradzahlige Anzahl von Spänen wurde vom Instrumentenbauer Passierbski bevorzugt, eine gradzahlige Anzahl vom Instrumentenbauer Nalimov.

Franz  S. Passierbski  (Франц Станиславович Пасербский)

und Semjon I. Nalimow   ( Семён Иванович Налимов), 

beide Zeitgenossen von Andrejew, waren berühmte Balalaikabaumeister. 

Passierbski war Geigenbauer, Nalimov war Kunsttischler.

Beide fertigten viele Balalaiken nach Entwürfen von W. Andrejew an, jedoch in unterschiedlicher Bauart.

Ihre Instrumente gelten als legendär und haben heute einen sehr hohen Wert.

Je nach Anzahl der Späne, ob grad- oder ungeradzahlig, ergibt sich, wie beim

Schiffsbau, entweder ein  Spitzboden-Rumpf  oder ein Flachboden-Rumpf:

"Spitzkiel",  "Flachkiel"

 

BALALAIKA  VOM  TYP "PASSIERBSKI"

= "FLACHKIEL - BALALAIKA"

 

Passerbski-Balalaika  Balalaika  mit  ungerader  Spanzahl.

 

(Meist  sind es 3, 5 oder 7 Späne.)

Passierbski-Balalaiken  besitzt wegen ihrer ungradzahligen Span-Anzahl

immer eine mittige Span-Planke, einen "Flachkiel".

 

 

BALALAIKA  VOM  TYP "NALIMOV"

= "SPITZKIEL - BALALAIKA"

 

Nalimow-Balalaika  =  Balalaika  mit  gerader Spanzahl

(Meist sind es  4, 6 oder 8 Späne). 

Die Mindestzahl von zwei Spänen ( "V"-Form) ( "Pflugschar-Form") ist als eine historische Balalaikaform bezeugt.

Nalimow-Balalaiken besitzen wegen ihrer geradzahligen  Spanzahl

(z.B. sechs) naturgemäß eine  Mittelnaht: einen "Spitzkiel".

Legt man eine solche Balalaika auf dem Tisch ab, kippt sie zur Seite, im

Gegensatz zur Passierbski-Balalaika, die immer stabil auf dem Tisch liegt.

 

 

KASTENKORPUS   ODER  SCHALENKORPUS ?

 

Viele Balalaika-Spieler sind davon überzeugt, daß die Spanzahl nicht nur für die Optik der Balalaika, sondern auch für ihren Klangcharakter ein wichtiges Kriterium darstellt.

Die Unterscheidung nach Nalimow- und Passerbski-Typ fällt umso weniger ins Gewicht, je größer die Anzahl der Späne ist.

 

Eine 24-spänige Nalimow-Balalaika und eine 25-spänige Passierbski-Balalaika werden im Klang identisch sein.

Nicht die Anzahl der Späne entscheidet  hier über den Klang,

Entscheidend für das Klangbild ist etwas ganz anderes:

Bilden die Späne eine einheitlich gewölbte Schüssel ?

Oder sind die Späne zwischen 2 Zargen eingespannt ?

 

Aussagekräftiger als die Unterscheidung in Nalimow-Typ  oder Passierbski-Typ

(also nach Späne-Anzahl) ist die Unterscheidung nach dem Korpus-Typ.

 

 

KASTENKORPUS-BALALAIKA

Eine Balalaika mit kastigem Korpus  weist  zwei senkrecht oder leicht schräg gesetzte "Zargen" auf. Zwischen beiden spannt sich ein flach gewölbter Boden. Bei einer  f l a c h e n  Wölbung ist es für den Klang nicht entscheidend, ob der

Wölb-Boden eine gradzahlige oder ungradzahlige Späne-Anzahl aufweist.

Eine bauliche Parallele zu dieser Balalaika stellt die früher häufig gebaute

Mandola dar: senkrechte Zargen und gewölbter 7-teiliger Boden.

 

SCHALENKORPUS-BALALAIKA

Eine Schalenkorpus-Balalaika besitzt eine gradzahliger oder ungradzahlige

Späne- Anzahl, die unter der Instrumentendecke einen "Schüssselboden" bilden, eine mehr oder weniger stark gewölbte Korpusschale.

bzw. (wenn die Balalaika   Zargen  hat) eine gewölbte  Bodenschale.

Selten  sind Balalaiken mit mehr als 7 Spänen. Die Firma Hopf baute eine

Balalaika, deren Korpus  21 Späne  aufweist. Ihr Schalenkorpus ähnelte dem

einer Rundbauch-Mandoline.

 

Die Verschiedenheit der Formen ist leicht erkennbar im Blick auf das Heckbrett,

die Sadinka (задинка) (engl. "transom") der Balalaika.

Oft  jedoch fällt die Zuordnung schwer.

DAS  HINTERBRETT  DER  BALALAIKA

( russ.: SADINKA )  ( engl. TRANSOM ) 

 

Sadinka- Sektoren  im  "English sunrise"-Design

 

( russ. Sadinka ) ( задинка )

( engl.: transom ). Davon abgeleitet: russ. tranetz (транец )

 

Bei den meisten Balalaiken besteht das Hinterbrett aus einem einzigen Stück. Wertvolle Meister-Balalaiken weisen fast immer ein aus mehreren Holzteilen zusammengesetztes Hinterbrett auf. Ein solches Hinterbrett  mit sichtbarer fächerförmiger Feldrierung  heißt  Наборная задинка (nabornaja sadinka).

Hier wird dieselbe Kunsttischler-Technik wie bei den Bodenspänen angewandt:

Das Heckbrett, die Sadinka, wird, ausgehend vom Saitenhalter-Feld, strahlenförmig in V-förmige Sektoren aufgeteilt.

Es entsteht ein Strahlenmuster, das als "english sunrise" bekannt ist.

Wie bei den Korpusbodenspänen werden auch die V-förmigen Sektoren der Sadinka durch eingelegte  Holz-Adern  voneinander dekorativ abgesetzt.

Eine andere Variante der künstlerischen Sadinka-Gestaltung ist, die V-förmigen Sektoren  farblich voneinander abzusetzen: je ein heller und ein dunkler Sektor im Wechsel.

Um das Fächermuster herzustellen, werden werden entweder massive V-Bretter verwendet (wie bei den Bodenspänen) oder die V-förmigen Sektoren werden als Intarsien auf das  Sadinka-Trägerbrett aufgeleimt.

 

Bei  Fabrik-Balalaiken  werden  diese  Holzadern bzw. Segment-Fugen vorgetäuscht  durch  aufgemalte  oder  eingeritzte  schwarze Striche.

 

Resumee:

Alle diese Sadinka-Gestaltungen sind nur schönes Dekor und haben auf den Klang keinen Einfluss. Auch die Brettstärke der Sadinka hat wenig Eibfluss auf den Klang. Die Funktion der Sadinka ist es,  "Montagebrett" für die Bodenelemente zu sein und Boden und Decke fest miteinander zu verbinden.

 

An der Umriss-Form der Sadinka läßt sich schnell erkennen, um welche Bauart von Balalaika es sich handelt.

 

Das  Längsschnitt-Profil  der  Balalaika

 

Anders  als das  Querschnitt-Profil, das  viele  Variationen  aufweisen  kann

(von der Rundschalenlaute bis zum Gusli-Kasten)und für die Balalaika typbestimmend ist,  zeigt der  Längsschnitt  des Balalaika-Korpus heute fast einheitlich dieselbe Form:

eine flache Halbrundschale (ein Kreissegment), von der ein Teil durch einen Schrägschnitt angetrennt ist.

Nur geringfügig variieren der Schnittwinkel und die Abplattung des Kreisbogens.

 

Das Konstruktionsschema mit den genauen Proportionsmaßen ist zu finden unter:  AUFBAU  DER  BALALAIKA

Балалайка. Вид сбоку. Balalaika. Längsschnitt (schematische Skizze)

 

II. D I E    K O R P U S - D E C K E

   ( russ.: ДЕКА )  ( ital.: TAVOLA )  ( engl.: SOUNDBOARD )

 

DIE  DREIECKIGE KORPUS-DECKE:  FICHTENHOLZ

Obwohl die Korpusdecke ein fester Bestandteil des Holzkorpus ist, wird sie hier doch in einem eigenständiges Kapitel abgehandelt. Dies ergibt sich aus der Benennung des Korpus als  TROG.

Tröge sind  oben offene Behälter, eine Abdeckung ist meist nicht vorhanden, und wenn doch, dann ist dies ein Zusatz-Element. Auch die Grundform des Musiktroges, die Trogzither, bei der die Saiten über die Öffnung gespannt sind, ist oben offen.

( Siehe Bild "afrikanische Inanga" im Kapitel  Balalaika und Psalterium )

Auch manche Ausführungen der  Kantele, einer Gusli in Dreiecksform wie die Balalaika, ist ein offener Trog, allerdings ist hier die offene Seite

die  U n t e r s e i t e  des Instruments. 

S ä m t l i c h e   Balalaika-Formen (1. 2. 3.)  besitzen eine Decke. Das Material

der Decke ist  H o l z .

 

KORPUS-DECKEN  AUS  FELL  UND  PERGAMENT ?

Viele Musikinstrumente wurden früher aus einem halbierten Kürbis oder einem ausgehöhlten Stück Holz (Trog) gefertigt.  Die Höhlung wurde nicht immer mit einer Holzdecke verschlossen, sondern häufig mit Tierhaut bespannt.

Beim Banjo ist die Fellbespannung heute noch die Regel.

 

Ob die alte  russische  Holz-Balalaika, die ja auch aus einem halbierten Kürbis oder aus einem geschnitzten Holztrog bestand, ebenfalls zu einer bestimmten Zeit ihrer Entwicklung eine  Fellbespannung  erhielt, darüber gibt es keine Nachrichten.

 

Kaukasus-Balalaika  mit  Fellbespannung

Anders bei der "Kaukasus-Balalaika", die aus einem Stück Holz herausgearbeitet wurde.  Es gibt heute noch Ausführungen der tschetschenischen Pondar (Pondur), deren Korpusöffnung mit einer Fellbespannung versehen ist.

Der Name dieser "tschetschenischen Balalaika" lautet:  Дечиг-Пондар)

Дечиг = деревянный = aus Holz ;

Pondar =  Pondur = Pandur = Tanbur.

Die Tierhaut ist oben auf dem Rand der schaufelförmigen Holztrog-Balalaika aufgenagelt, ähnlich wie bei der bulgarischen Gusla.

Die   h e u t i g e n  Normal-Ausführungen der Pondar haben alle eine Holzdecke.

 



DIE  KORPUS-DECKE  DER  RUSSISCHEN  BALALAIKA:   DREIECKS-FORM

 

DAS  BALALAIKA-TRIANGULUM

Eine  Balalaika  ist  heute  stets  dreieckig ( nicht mehr rund oder oval ). Genau betrachtet ist die Balalaika ein  symmetrisches  Trapez mit langer Grundseite und sehr kurzer Oberseite. (Die Länge der kurzen Oberseite  des Trapezes wird von der Breite des Balalaikahalses bestimmt. Bei chromatisch bundierten Balalaiken ist dies in der Regel die Länge des 16. Bundes)

 

DREIECK  MIT  SCHWACH KONVEX GEBOGENEN  SEITEN

 

Die beiden Seiten des Balalaika-Dreiecks (bzw. Trapezes) sind nicht gerade, sondern sie verlaufen bogenförmig und weisen eine schwach bis stark gekrümmte konvexe Ausformung auf. Manche Balalaiken erinnern an ein spitz- bis rundbogiges Kirchenfenster bzw. an eine Lünette.

In dieser bogigen Korpusform  wird sichtbar ein Zusammenhang mit der Form der bekannten Schlemovidnye gusli, ( = "helmförmige Gusli" ), der in Russland bis Ende des 19.Jhd. sehr populären und weit verbreiteten Form des Psalteriums. 

Die Umrißform  des Resonanzkörpers  der Helm-Gusli läßt  -  je nach Bauart  - Dreieck, Trapez  oder  Halbkreis  erkennen.

 

Es befarf keiner großen Phantasie, um in der Form dieses Gusli-Psalteriums die Form der Balalaika zu entdecken.

Auch das  K l a n g b i l d  der so geformten Gusli ist im Klangbild der Balalaika wieder zu erkennen.

 

DREIECK  MIT  2 ABGESÄGTEN  ECKEN:

KONTRABASS-BALALAIKA  MIT  STACHEL

 

Große Balalaiken werden oft beim Spielen mit der rechten unteren Korpusecke auf den Fußboden gestellt.

Diese "Stand-Ecke" ist nicht spitzwinklig, sondern abgeschnitten. Hier befindet sich

in einem innen eingeleimten Klotz ein Standfuß: ein sog. Stachel, der meist herausziehbar und in der Höhe verstellbar ist. Auch Cello, Kontrabass und Bass-Domra besitzen einen solchen Stachel.

Dieser Stachel besteht aus der "Birne" (meist Ebenholz oder Kunststoff) und einem durch die Birne geführten Metallrohrstab.

Durch die variierbare Länge des Stachels kann das Instrument auf eine für den Spieler ergonometrisch günstige Höhe gebracht werden.

Sekund-Balalaiken besitzen einen solchen Stachel nicht. Erst ab der  Bass-Balalaika

(Mensur 70 - 80 cm, Instrumentenlänge 110 - 120 cm) ist er anzutreffen.

Bei Kontrabass-Balalaiken ist ein Stachel die Regel.

 

 

Decke aus Tonholz Fichte

Die Decke schließt die Korpustrog-Öffnung nach oben ab. Das Deck-Brett besteht vorzugsweise aus  Fichtenholz, ca 3 - 6 mm stark, das auf den Rand des Troges aufgeleimt wird.

Der Leim wurde früher meist aus Fischblase hergestellt.

Fichtenholz gilt (nicht nur bei Balalaiken) als bestes Tonholz (резонансная ель).

Langsam wachsende Bergfichten weisen sehr eng beieinander liegende Maserungsverläufe auf, was einen sehr guten Klang erzeugt.

Das Zauberwort lautet hier "Stahl". Die Akustiker haben es herausgefunden: Bergfichtenholz mit eng zusammenliegenden Jahresringen hat in Längsrichtung

der Maserung die gleiche Schwingungsleitfähigkeit wie Stahl, aus dem auch gutklingende Glocken gegossen werden.  Nun wissen wir´s.

Die Holzmaserung der Decke verläuft in Längsrichtung des Instruments, ganz selten auch quer. Die Decke ist selten plan, meist gewölbt.

 

Unter die  Decke geleimt: Holzleisten

Auf der Unterseite ist die Decke "geleistet", d.h.:  es werden schmale Leisten

unter die Decke geleimt. Dies dient der Stabilität und verhindert das Eindrücken der Decke im Stegbereich.

Die Lage der Leisten, ihre Stärke, ihre Oberseiten-krümmung, ihr Winkel zueinander u.s.w. sind immer ein Geheimnis des Instrumentenbauers, denn die Leisten beeinflussen die Resonanz der Decke und den Klang des gesamten Instruments.

Viele ordnen die Leisten nach einer sehr komplizierten ausgeklügelten Geometrie an. 

Damit der Steg die Decke gut in Schwingung versetzen kann, darf die Leiste nicht direkt unter dem Steg angebracht sein. Dies würde zwar die Stabilität der Decke erhöhen, aber die Schwingungsübertragung würde dadurch zu sehr abgedämpft werden. Dennoch gibt es Balalaiken, bei denen die Leiste direkt unter dem Steg sitzt.

Die Decken-Leistung ist  in der Regel  q u e r  zur Deckenmaserung angebracht. Auf diese Weise bewirken sie eine Absperrung der Decke: eine Maßnahme, um

dem Reißen des Holzes vorzubeugen. Gerissene Decken sind ein Hauptproblem

der Balalaika und aller Saiteninstrumente. 

Trotz untergeleimter Leisten kommen Deckenrisse sehr häufig vor.

Balalaiken der Werkstatt Gewa aus Mittenwald im Karwendel weisen merkwürdigerweise keine Deckenrisse auf.

Das Geheimnis: die Decke besteht aus Fichten-S p e r r h o l z . 

Die meisten Instrumentenbauer  lehnen dies ab. Aber es sei daran erinnert, dass viele Balalaiken ein Schlagbrett besitzen, das als Intarsie in die Massivholz-Decke eingearbeitet ist: das ist Sperrholz!

 

Um dem Klang der Balalaike eine bestimmte Färbung zu geben, experimentieren manche Balalaikabaumeister auch mit Leisten, die längs der Maserung verlaufen, nach dem Vorbild des Bass-Balkens der Violine.

Deckenwölbung

Mittels der Leistung wird die Decke  meist mit einer leichten konvexen Wölbung versehen. Dies dient nochmals der Stabilität, aber auch der Klangverbesserung. Der Klang bekommt durch die Federkraft dieser Decke "mehr Druck".  

Binding (обкладка)

Am Rand der Decke findet sich in der Regel ein umlaufendes Binding aus Holz

oder Kunststoff, oft mehrschichtig und sehr dekorativ. Das Obkladka dient dem Kantenschutz und der Verschönerung des Instruments.

 

 

 

L Ö C H E R    I M    B A L A L A I K A - D R E I E C K

Die Schall- Öffnung ( Голосник )

 

Geläufige russische Bezeichnungen sind:

Голосник

Резонаторное отверстие   

отдушина 

Резонаторное окно

 

Geläufige deutsche Bezeichnungen sind :

Schallöffnung

Schallloch

Tonloch

 

Es sind zwar Balalaiken bekannt  ohne  jede  Schallöffnung, aber in der Regel

ist der Balalaika-Schallkörper nicht geschlossen, sondern besitzt eine oder

mehrere Schallöffnungen ("Otduschiny" = "Atemlöcher").

 

Die  Balalaiken heute besitzen ein einzelnes Schalloch: eine runde Öffnung in

der Decke des Instruments.

Dieses Schallloch hat bei russischen Balalaiken einen sehr kleinen Durchmesser:

anfänglich ware es ein Bohrloch von 6 mm Durchmesser, heute  beträgt der Durchmesser meist  6/8 Zoll  =  3/4 Zoll  =  19,1 mm.

 

Das "Atemloch" der Balalaika

Das Schallloch der Balalaika "Otduschina" heißt "Atemloch.

Atmen kann man durch den Mund oder durch die Nase.

Die Schallöffnung der Balalaika ist klein; sie ist kein aufgesperrter voluminöser weiter Mund, sondern eher ein Nasenloch.

Wer genau auf den Klang der Balalaika achtet, der wird bemerken, daß sie

wirklich etwas "näselt".

Nicht in Russland hergestellte Balalaiken versuchen diesen typisch russischen

Klang abzustellen, indem sie das Schallloch vergrößern und die Balalaika zur "Mundatmung" zwingen.

Der näselnde Klang aber entspricht dem russischen Musikempfinden, das durch

ein anderes "näselndes" Instrument geprägt ist: der Schaleika, einer Flöte mit einem Horntrichter. (Auch die Balalaika hat Trichterform!)"

Übrigens: auch der russische Frauengesang hat einen "näselnden" Charakter. Überspitzt formuliert:  Russische Männer haben eine Singstimme, Frauen eine "Instrumentenstimme".

 

Das  "Schaleika-Schallloch"  der  Balalaika

Trichter mit Hörnerklang

Nicht selten trifft man bei in Russland gebauten Balalaiken ein trichterförmiges Schallloch an. Die Deckenbohrung ist hier nicht mit einem Zylinderbohrer ausgeführt, sondern mit einem Kegelbohrer. Oder das zylindrische Schalloch ist

mit einem Kegelsenker nach oben hin trichterförmig erweitert.

Diese Maßnahme kann man als eine  Hommage an die beliebte russische Schaleika ansehen. Die Balalaika erhält durch diesen Trichter einen Hörnerklang - wenn auch nur (wegen der geringen Deckenholzstärke von 3 - 4 mm)  in einem sehr geringen Maße.

Auch einige kasachische Dombren weisen diese "Trichterbohrung" auf.

 

 

Schallloch seitlich am Korpus

Aus dem 19. Jhd. sind  Balalaiken bezeugt, bei denen  die Schallöffnung nicht in der Decke, sondern   seitlich am Korpus  angebracht ist. (siehe nachfolgende Skizze)

Seitlich angebrachte dreieckige Schallöffnung ( Zargenschallloch ) Historische Balalaika (19.Jhd.) mit 2-Span-Korpus, Decke ohne Öffnung (Skizze nach Museumsexponat)
Zargenschallloch bei der Ukulele. Zusätzlich 2 F-Öffnungen auf der Decke
Isba-Schallfenster vieler Balalaiken des frühen 20. Jhds. ( Isba = russische Bauernhütte )

Balalaika heute:

R u n d e s  Schallloch mit 3/4 Zoll Durchmesser

 

Die Schallöffnung der Balalaika ist heute stets stets auf der Decke angebracht,

und es ist meist rund, also als  Schall - L o c h  ausgebildet. Der Durchmesser dieses Schalllochs  ist  bei  den  in Russland  hergestellten Balalaiken sehr klein:

ca. 2 cm und weniger, in der Regel 3/4 Zoll = 1,91 cm.

Die nicht in Russland gebauten Balalaiken haben meist eine größere Schallöffnung (ca. 4 cm). Sie orientieren sich an den in West-Europa gebräuchlichen Instrumenten Gitarre, Laute und Mandoline, die alle ein relativ großes Schall-

Loch aufweisen.

 

Frühe Balalaiken (19.Jhd./ Anfang 20. Jhd.) weisen oft das viereckige Isba-Schallfenster  auf:

ein viergeteiltes Fenster mit Fensterkreuz. In deutschen Musikinstrumenten-katalogen wurde diese Schallloch-Ausführung als  "Häuschen-Intarsie" bezeichnet.

Auch  dreieckige  Schallöffnungen auf der Decke, die sich am Dreieck der der Korpusform orientieren, sind bisweilen zu finden.

 

Schalloch-Feld aus vielen kleinen Bohrungen

C- oder F-Löcher wie bei der Mandoline oder Halbrundöffnungen wie bei der Gudok (der alten russischen Geige) sind bei der Balalaika nicht bekannt.

Frühe Formen der Balalaika haben - wie bei der Gusli - anstelle des Schalllochs mehrere kleine Bohrungen im Korpus. Die Bohrungen bildeten  ein Ornament-Feld:  Sehr häufig: Kreuz, Hexagon, Stern (meist mit 6 Spitzen), vereinzelt auch andere Formen. Das Schalloch-Feld ist symmetrisch angeordnet. Anders die Ovation-Gitarre. Ihr Schalloch-Feld auf der Decke ist asymmetrisch angeordnet.

 

Bei  Balalaiken   n i c h t  üblich:

C- Löcher,  F- Löcher, Halbkreis-Öffnungen

Im Fehlen von c- oder f- Löchern bei der Balalaika zeigt sich, wie sehr die Balalaika auch heute am Vorbild des alten Psalteriums (Gusli) orientiert ist und nicht den Weg der meisten Lauteninstrumente gegangen ist, die viele Varianten mit F- und C-Löchern entwickelt haben.

Besonders Mandolinen oder Gitarren ersetzen oft die kreisrunden Schallöffnungen durch C- oder noch häufiger durch f-Löcher nach dem Vorbild der Violine.

 

Die alte russische Geige, der Gudok, besitzt 2 halbkreisförmige Schallöffnungen.

Die Balalaika ist von all diesen Vorbildern unbeeindruckt geblieben. Es gibt keine Balalaiken mit C- oder F- Öffnungen, auch nicht als vorübergehende Modeerscheinung.

Die Balalaika scheint ein traditionsbewahrendes Volksinstrument zu sein

 

Zusätzliche  "Schallöffnung"  der Balalaika:

S c h a l l - S p a l t   zwischen  Decke  und Spielplatte

Viele Balalaiken besitzen ein schwebend über der Decke angebrachtes Schutzbrett:

Spielplatte oder Panzer genannt. Die schwingende Decke bewirkt, daß zwischen Decke und Platte ein Luftstrom entsteht. Die Balalaika erhält somit eine zusätzliche Schallöffnung: einen schmalen "Schall-Spalt".

Dazu siehe den Artikel weiter unten:  "Trompeten-Effekt"

 

Exkurs: 

Außergewöhnliche  Schallloch-Positionen


1. Das Schallloch der  Baglama  ("türkische Balalaika")

Die Schall-Öffnung der Baglama ist in den allermeisten Fällen kreisrund, ca. 4 cm bis 5 cm im Durchmesser. Selten  hat die Öffnung die Form eines Ovals.

Das Loch ist häufig mit einem Dekor umfaßt. Bei teuren Instrumenten ( die nicht immer im Klang gut sein müssen) kann die Öffnung mit einem Rosettengitter vergittert sein.

Das Schallloch der Baglama kann drei Positionen haben:

 

1. Schallloch  am  Korpus-Ende                ( im "Unterklotz" )

2. Schalloch auf der Instrumentendecke ( wie bei Gitarre, Mandoline)

3. Schallloch  an  der  Korpus-Seite         ( sog. "Zargen-Schallloch")


ad 1.   Das Schalloch  am  Korpus-Ende.

Diese Position  ist am meisten verbreitet. Die Öffnung ist analog der Schallöffnung einer Trompete.

 

ad 2.   Das Schalloch in der Instrumentendecke.

Wo andere Instrumente wie Gitarre oder Mandoline  ihr Schallloch normalerweise haben, nämlich oben auf der Decke, ist es bei der Baglama nur  selten zu finden.

 

ad 3.   Das Zargen-Schalloch.

Recht häufig  ist das Schallloch  seitlich am Korpus  angebracht, in der Nähe des Halses ( sog. "Zargen-Schalloch" ).

Daß das Schalloch auf der dem Spieler zugewandten Seite angebracht ist, erscheint merkwürdig, ist aber  dennoch sinnvoll.  Zu vermuten wäre eigentlich, daß die Schallöffnung auf der den Zuhörern zugewandten Seite angebracht ist, damit der verstärkte Schall auf sie gerichtet sei. Aber das Gegenteil ist der Fall.

Eine Erklärung lautet so:

Der Spieler kann mit seinem Oberkörper das Schallloch teilweise oder ganz verschließen (Klangbeeinflussung wie bei einer gestopften Trompete).

Auch bei der Balalaika ist eine solche Schallöffnung seitlich am Korpus bezeugt

( dreieckiges Schallloch), ebenfalls auf der dem Spieler zugewandten Seite.

Seitliches Schallloch der Baglama, oft mit regelbarer Klappe versehen

 

 2. Zargen-Schallloch  bei  Gitarre  und  Ukulele

Einige Gitarren und Ukulelen - meist der gehobenen Preisklasse - weisen heute ebenfalls ein solches seitlich angebrachtes Schallloch auf, das sogenannte "Zargenschalloch" (z.B. Ukulele Stagg  USX-ZEB-S Sopran-Ukulele: bei diesem Instrument ist das runde Schalloch natürlich auch eine Einladung zum Einbau der Regel-Elektronik eines Tonabnehmers).

Das Zargenschallloch der Gitarre und Ukulele befindet sich - wie bei der türkischen Laute - auf der dem Spieler zugewandten Seite. Entweder ist dieses zusätzlich zum Deckenschallloch (Rundöffnung, F-Löcher) angebracht, oder es ist die alleinige Schallöffnung des Instruments.

 

3. Die Hasapi:

Schallöffnung  auf  dem  Instrumentenboden 

 

Die Hasapi  (Das Wort ist endbetont)

Eine Schallöffnung in länglicher Form ("Schall-Schlitz") auf dem Instrumentenboden weist die Hasapi auf, eine zweisaitige Laute, die auf Sumatra gespielt wird.

Der Klang der Hasapi erinnert übrigens an den Klang der Balalaika.

 

Ganz allgemein: Indonesische Musikinstrumente sind hochinteressant. Sie weisen oft - ohne dass historische Zusammenhänge bestehen - sehr ähnliche Formen auf wie osteuropäische Instrumente (z.B. Kürbis-Balalaika, Gudok. Die Sapeh auf Borneo, ein aus einem langen Holztrog herausgeschältes Lauteninstrument, ähnelt sehr einigen russischen großen Gusli-Typen, die ebenfalls die Form eines "Spitzgeschosses" haben).

Es wird vermutet, daß die Hasapi durch indische Instrumente beeinflußt worden ist.

 

Die Hasapi ( das Wort wird endbetont ), wird aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt und hat eine langgestreckte Bootsform. Viele Hasapis haben Tropfen- oder Birnenform und erinnern sehr stark an die russische Geige, den Gudok.

Vom Korpustyp her ist die Hasapi eine  Rebec, nur mit dem Unterschied, daß die Hasapi ein Zupfinstrument ist.

Die Schallöffnung befindet sich auf dem Boden des Instruments: ein länglich-ovaler Schlitz von ca. 12 cm Länge und ca. 2 cm Breite.

Beim Spielen wird die Hasapi so gehalten, dass ihr flacher Boden zum Körper des Spielers weist. Durch zeitweiliges Andrücken des Bodens gegen den (nackten) Bauch wird die lange schmale Schallöffnung ganz oder teilweise verschlossen, wodurch besondere Klangeffekte erzeugt werden. (Vgl. gestopfte Trompete oder türkische Baglama mit "Zugluftklappe")

 

Bildnachweis für die folgende Abbildung:   http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ACOLLECTIE_TROPENMUSEUM_Langhalsluit_met_twee_snaren_TMnr_

5053-18.jpg 

Hasapi. 2-saitige indonesische Laute mit der Form des russischen Gudok (Rebec). Die lange schmale Schallöffnung befindet sich im Instrumentenboden.

 

Argumente für eine geschlossene  Instrumentendecke


Die  geschlossene Decke, wie sie sehr vereinzelt bei frühen Balalaiken anzutreffen war, ist bei der  türkischen Baglama, einer Verwandten der  Balalaika, heute noch die  Regel.

Russische Balalaika und türkische Baglama sind beide Nachkommen der persischen Tanbur.

 

Es werden in der Regel 2  Begründungen angegeben:

1. Die Decke des Instruments  o h n e   S c h a l l l o c h  sei  mechanisch stabiler; 2. Ein Instrument mit  g e s c h l o s s e n e r  Decke sei druckvoller im Klang.

 

Der russischen Balalaikabau beschritt eine Kompromiß-Lösung:

Anfänglich wurden wenige kleine Löcher in die Decke gebohrt, die die Stabilität der Decke nicht sehr beeinträchtigten.

Als aber später sich das eine  1 Schallloch durchsetzte, wurde dieses sehr klein ausgeführt: als kreisrunde Öffnung von 6 mm bis 20 mm Durchmesser.

 

 Die Schlagplatte  ( Панцирь )

Um die Instrumentendecke vor den harten Schlägen der Spielfinger zu schützen, sind viele Balalaiken mit einem   Schutzbrett  versehen, das die empfindliche Fichtenholzdecke im Spielbereich der Saiten vor Beschädigungen bewahrt.

Die Bezeichnungen für dieses Schutzbrett lauten:

 

Schlagplatte

Spielplatte

Schlagbrett

Panzer  (панцирь) (панцыр)



Die in die Decke eingelegte Schlagplatte


"Eingelegte Spielplatte"  -  "Intarsien-Schlagplatte"  -   "Spielblatt"

Das Schlagbrett  ist  als Intarsie ( Holz, Perloid ) in die Decke  eingelegt. Diese Art des Deckenschutzes ist funktional dimensioniert, zugleich aber auch ein dekorativer Deckenschmuck.  Spielblätter sind deshalb farblich vom Deckenholz abgesetzt. Solcher Art Schlagschutz ist bei Balalaiken aus russischer und nichtrussischer Herkunft verbreitet.

Auch bei in Russland gebauten Balalaiken begegnet häufig das separate,  ü b e r  der  Decke  angebrachte  "schwebende", bzw. als "Schwebedach" ausgeführte, Schlagbrett  "панцирь навесной".

Balalaika mit aufgesetztem "schwebenden" Schlagbrett mit 5-Schrauben-Befestigung

Die "schwebende" Schlagplatte  ( панцирь навесной )

 

Schwebedach

Sehr oft ist die Schlagplatte nicht als Intarsie in die Decke eingelegt, sondern als separates Brett  in geringer Distanz zur Decke aufmontiert.  Eine Distanz zur Decke ist notwendig, damit die Decke frei schwingen kann.

Eine feste ganzflächige Verbindung  mit der Decke an dieser Stelle mit der größten Schwingungsamplitude würde die Decke verdicken und den Klang dämpfen.

 

Dagegen wird bei den Eck-Ornamenten, die flächenmäßig klein sind und in den "toten Winkeln" des Instruments sich befinden, diese Aufklebmethode bisweilen angewandt. Damit die Decke nicht allzu sehr verdickt wird, verwendet man

dünnes Furnierholz ( Mikroholz), das härter ist als Fichte. Diese "Panzerung" dient  nicht nur dem Schutz der empfindlichen Fichtenholzdecke, sondern auch der Ästhetik.

 

Die russische Bezeichnung für das

"schwebende Schlagbrett"

 

Die russische Bezeichnung für das schwebende Schlagbrett  lautet

"панцирь навесной".  

(Betonung: панцирь навесной) (Aussprache: panzyr nawjesnoi).

 

навес  bedeutet:  Schutzdach  ( frei hängendes Dach, überhängendes Dach, Vordach ) Dieses Brett "überdacht" einen Teil der Instrumentendecke.

 

Die Ausführung des Schlagbretts

Die "schwebende" Schlagplatte  ist ein dünnes  Brett aus strapazierfähigem Hartholz. Es hat eine annähernde Dreiecksform.  Das Brett ist am Deckenrand mit 5 Schrauben befestigt. Distanzelemente ( untergelegte Holzstreifen ) sorgen dafür, daß das Brett  ca. 3 mm Abstand zur Decke hat.

 Auffällig bei sehr teuren Meisterbalalaiken sind die stark gerundeten Kanten des Panzers und das sehr glatte Oberflächen-Finish. Die Hersteller von Fabrik-Balalaiken geben sich hier nicht so viel Mühe.

 

Die Farbe des Schlagbretts

Das Schlagbrett, egal ob als Intarsie oder schwebend, ob bei Meister- oder Fabrikbalalaika, ob gerundet oder scharfkantig, ist in der Regel in farblichem Kontrast  von der Decke abgesetzt.

Während die Farbe des Intarsien-Schlagbrettes alle möglichen Holztöne von hell bis dunkel aufweisen kann, ist die Farbe des aufgeschraubten Schlagbrettes ist in der Regel schwarz, entweder naturschwarzes Holz: Ebenholz, schwarzer Palisander (Grenadill) oder schwarz gefärbtes anderes hartes Holz. 

Das Schlagbrett  erstreckt sich  vom oberen spitzwinkligen Bereich der Decke (vom Halsansatz) bis zum Schalloch - und oft halb um dieses  herum.

Der untere Seitenbereich, die Grundseite des Dreiecks, ist nie linear, sondern stets geschweift. Die Linie weist einen dekorativen Kurvenverlauf auf - meist gestaltet in künstlerischer Harmonie mit den Eck-Intarsien, der Schalloch-Rosette und der Untersattel-Intarsie.

Das Schlagbrett bedeckt ca. ein Viertel der Gesamtfläche der Instrumentendecke;

das gilt sowohl für die Intarsien- als auch für die separat montierte Platte.

 

Die  Größe des Schlagbretts

 

Viele Balalaiken besitzen ein sehr kleines Schlagbrett. Hier scheint die dekorative Gestaltung im Vordergrund zu stehen und nicht der Schutz der InstrumentendeckeIn neuester Zeit (seit 2020) scheiunt ein Umdenken stattgefunden zu haben. Zunehmend werden Balalaiken mit überdimensionierten Schlagbrettern gebaut, die wirklich Schutz bieten.

Das Schlagbrett wird häufig bis zur Höhe des Steges und sogar noch weiter heruntergeführt.

 

3 Funktionen der schwebende Schlagplatte:

Schutzschild   -  Trommel (Glocke)   -  Trompete

 

Hauptzweck der schwebenden Schlagplatte ist die Schutzfunktion für die Decke. Aber es gibt noch zwei ( bzw.drei) zusätzliche Funktionen  bzw. Effekte.  Nachstehend werden die 3 Funktionen im Überblick genannt:

 

1. Schutzfunktion  für die Instrumentendecke  ( s.o. )

2. Schmuckfunktion  durch dekorative Umriss-Gestaltung der Platte.

3. Trommel-Effekt:  wie beim Baraban  und  beim Simandron

Schlagplatte "Pastuschij baraban" (Hirtentrommel)

Die Schlagplatte besitzt eine Eigenresonanz, unabhängig von der Instrumenten-decke. Die Platte stellt somit eine hölzerne Trommel dar: ein "Pastuschij baraban" (Hirtentrommel) in Dreiecks- form, ein "Xylophon", wörtl. "klingendes Holz". Dies machen sich viele Balalaikaspieler zu Nutze. Im virtuosen Spiel wird die Platte als Trommelmembran eingesetzt.

Als Trommelschlägel dienen die Finger der rechten Hand, die gegen das Schlagbrett schnellen. sie verursachen einen "Trommelwirbel"  ("Барабанная дробь" )

"Drobj  po panzerju"  ( "Wirbelanschlag gegen den Panzer" )  heißt diese Spieltechnik bei der Balalaika.

 

Wegen seiner Dreiecksform kann das Panzerbrett auch als flacher flächiger "Glockenmantel" angesehen werden. Bretter dienen bisweilen als Glockenersatz. Man schlägt sie auch mit dem Klöppel.

Ein Brett , das wie eine Glocke (und als Ersatz für verbotenes Glockenspiel) geschlagen wird, ist in orthodoxen Klöstern Griechenlands verbreitet. Wohl entstanden zur Zeit der 400 jährigen osmanischen Besetzung: Die Moslems verboten den hristlichen Brauch des Läutens von Metallglocken.

Ein langes  Schlagholz ersetzte eine Glocke. Der Name: "Simandron" (auch: "Semantron", "Semanterion").

Das "Simandron" der Balalaika besitzt sogar eine dreieckige Glockenform.

 

Der Saitensteg  ( Подставка ) ( Кобыла ) ( bridge )

Auf der Decke steht (bewegbar, nicht festgeklebt) der Saiten-Steg. Er wird in der deutschen  Sprache "Brücke" genannt, so auch die englische Bezeichnung "bridge".

Im Russischen wird der Saitensteg "Подставка" genannt. Oft wird auch die Bezeichnung "Kobyla" ( Кобыла ) verwendet. 

Das Wort "kobyla" bedeutet "Pferd" ( eigentlich: Stute ) von griechisch: "kaballes": das Pferd  (davon abgeleitet "Kavallerie").

Beim Wort "Kobyla" werden die, die die russische Geschichte beherrschen, erinnert an den Ahnherrn (Progenitor) der zweiten russischen Herrscherdynastie, der Romanows.

Die Dynastie der Romanows geht zurück auf den Bojaren  Andrej Kobyla  (+1347).

Der Steg leitet die Saitenschwingungen auf die Decke weiter, er muß deshalb guten Kontakt zur Decke haben.

Er steht in der Regel  zweifüßig  auf der Decke (nicht 3-oder 4-füßig wie beim Banjo).

Es gibt bei der Balalaika aber auch "Zweibein"-Stege, die zusätzlich einen kleinen Mittelfuß besitzen, der ebenfalls (fast punktförmig) die Decke berührt ("Dreipunkt-Kontakt").

Noch seltener trifft man bei der Balalaika Stege an, die mit ihrer gesamten Unterfläche auf ganzer Länge  auf der Decke aufruhen.

Der Balalaika-Steg ist nicht wie bei der Flachmandoline  mechanisch durch Gewindeschrauben höhenverstellbar, sondern besitzt eine fest definierte Höhe.

 

Anpassung Steg -Decke

Der Steg soll den Ton der schwingenden Saite möglichst verlustfrei zur Resonanzdecke weiterleiten. Deshalb muß er gut an die Deckenwölbung angepaßt sein. Das erfordert manchmal langwierige Feilarbeit.

 

Steg-Material

Als Material des Steges hat sich massives Ebenholz bewährt. Wegen seiner Härte leitet es den Ton gut weiter und verhindert das Einschneiden der Saiten in das Holzmaterial.

Nicht nur aus Kostengründen, sondern aus klanglichen Gründen wird vielfach statt des teuren Ebenholz eine andere preiswertere Holzsorte verwendet, z.B. Ahorn, Buche, Palisander, Fernambuk (Geigenbogenholz).

Stege aus Glas (wie bei der Wald-Zither) gibt es bei der Balalaika nicht.

 

Steg-Einlagen

Oft erhält der Holz-Steg auf seiner Oberseite eine  Auflage oder Einlage, in die

die Einkerbungen für die Saitenführung eingeschnitten werden. Solche Einlagen bestehen aus einem Material, das   h ä r t e r  ist als das Holz des Stegs.

Dieses garantiert

1. eine optimale Schwingungsübertragung und

2. es verhindert das Einschneiden der Saiten, besonders der sehr dünnen a-Saite

in das weiche Holz des Stegs. Manchmal wird eine solche Steg-Einlage nur unter

die a- Saite gesetzt.

 

Als Stegeinlagen werden in der Praxis oft verwendet:

 

Metall       Bunddraht-Stegeinlage: ein in den den Steg eingelassener Bund-Stab,

                 meist aus Neusilber.

Hartholz   (besonders, wenn der Steg aus weicherem Holz besteht )

Knochen  (meist Büffelknochen)

Galalith    (oder anderer Kunststoff)

 

Galalith bedeutet wörtlich "Milchstein", von griech.: gala = Milch , lithos = Stein.

Er wird hergestellt aus Milch und Formaldehyd und ist bekannt seit 1901.

Galalith ist ein sehr harter weißer Kunststoff, er wurde früher oft verwendet für Knöpfe als Ersatz für Hornknöpfe, deshalb  auch "Kunst-Horn" genannt.

 

Bemalte Balalaika  ( Балалайка расписная )

 

Die bemalte Balalaika-Decke

Häufig begegnen Balalaiken, deren gesamte Decke bemalt ist, entweder figürlich-szenisch oder unfigürlich-dekorativ. Hier begegnen meist  Ornamente der Volkskunst: in der Ukraine wird die Balalaika vielfach mit der  berühmten  Petrikivka-Malerei bemalt,  in Russland oft mit bunt-farbigen Motiven der russischen Märchenwelt nach dem Vorbild der Miniaturmalerei von  Palech (Палех) oder Fedoskino (Федоскино). Dies sind berühmte Kunstwerkstätten, deren Künstler nach Art der Ikonenmalerei malen. Bemalt werden Dosen, Teller, Balalaiken, . . . 

Die Gemälde  haben oft hohen künstlerischen Wert und sind über alle Maßen schön.

 

Damit die Bemalung nicht durch einen Deckenriß  ( wie er bei Fichten-Decken leicht auftreten kann ) zerstört wird, verwendet man bei bemalten Balalaiken meistens Sperrholz ( фанера).

Eine  Balalaika mit künstlerischer Handbemalung (Ручная роспись) ist heute in Russland ab etwa 8000 Rubel (=200 Euro) (und mehr) zu erwerben.

Meist wird die nur Instrumentendecke  bemalt, bisweilen aber auch der Rücken der Balalaika und das Wirbelbrett.

 

Балалайка серийная, сувенирная

Eine bemalte Balalaika wird im Handel  bezeichnet und verkauft als eine "in Serie gefertigte Souvenir-Balalaika"(серийная, сувенирная). Diese Deklaration enthält eine versteckte Warnung: dieses Instrument ist nicht spielbar. Man kann zwar durch Anschlagen der Saiten Töne erzeugen (bei Ebay-Verkäufen oft gepriesen als "wunderbarer Klang"), aber dies Instrument ist nach Schönheitskriterien und nicht nach Klangkriterien gebaut worden. Aber auch die Schönheit kann nur Schein sein:

 

Aufgeklebtes Papierbild

Billige Souvenir-Balalaiken täuschen eine "Von Hand-Bemalung" vor. In Wirklichkeit ist bei ihnen ein bedrucktes  Papierbild  auf die Decke aufgeklebt und mit Klarlack überstrichen. Bei Ikonen-Reproduktionen wird dieses Verfahren oft angewandt. Für einen Laien ist diese Täuschung sehr schwer zu entlarven, besonders dann, wenn einzelne Linien des Papierbildmotivs mit Künstlerfarbe nachgezogen wurden. Durch diese Maßnahmewird eine strukturierte Oberfläche erzeugt, die eine Von-Hand-Bemalung des gesamten Bildes vortäuscht.

 

Schablonen-Dekor

Bei vielen "Fabrik-Balalaiken" ist mittels einer Schablone ein Dekormuster aufgesprüht bzw. mit einem Farbstempel aufgedrückt. Sowohl  Decke als auch Boden des Instruments werden so verziert.

 

Bemalung der Schlagplatte

Es gibt auch Balalaiken, bei denen nur das in die Decke eingelassene Schlagplatten- feld bemalt oder mit Intarsien verziert ist.

 

Die Balalaika:  Nutz- oder Ziergehölz?

Nutzbalalaika  und  Zierbalalaika

Ähnlich wie in der Botanik Pflanzen  nach  Nutz- und Zierpflanzen unterschieden werden, so gibt es auch bei den Balalaiken "Nutz- und Ziergehölze".

In erster Linie ist das Holz-Instrument Balalaika ein "Nutzgehölz".

Man benutzt das Instrument, um damit Musik zu machen - und zwar möglichst klangvolle und schöne Musik.

Zierbalalaiken sind in erster Linie Mal-Kunstwerke. Der  Klangcharakter solcher Instrumente muß erkundet werden. Man darf hier nicht zu viel erwarten.  Balalaiki raspisnye gehören zur Kategorie "Überraschungseier".

 

Bemalte Balalaiken:  in  klanglicher Hinsicht  bunte Überraschungs-"Eier"

Bemalte Balalaiken (Fabrikbalalaiken als auch handwerklich-künstlerisch bemalte) werden primär als Souvenir-Gegenstände verkauft. Sie besitzen zwar die komplette Spielausstattung  (oft sogar in hochwertiger Form), sind aber meist nicht spielbar, ihr Klang ist unbedeutend.

Es gibt bemalte Balalaiken, die handwerklich sehr sauber verarbeitet sind. Die weiter unten abgebildete Balalaikaweist eine Tischlerarbeit auf, die vom Feinsten ist!  Aber es gibt auch schreckliche Ausführungen mit faltig aufgeklebtem Papierbild und einem Plastikkorpus, der manchmal auf fast  peinliche Art versucht, eine Holzstruktur zu imitieren.

Solche Instrumente sind in erster Linie  (wunderschöne) Deko-Instrumente. Trotzdem gibt es bei ihnen bisweilen klanglich positive Überraschungen.

Bemalte Balalaiken findet man oft bei Ebay angeboten. Das Foto sagt nichts aus. Diese Instrumente sind bunte Überraschungs-Eier! Man kann Glück haben. Oder auch nicht.

 

 

Bemalt  und  trotzdem guter Klang ?  Ja!

Warum nicht?  Klanglich hochwertige Meisterbalalaiken besitzen oft eine Intarsien-Schlagplatte und Eckenintarsien. Diese stellen im Grunde eine künstlerische Verzierung dar: eine "monochrome Bemalung". Auch die "Isba"-Schallloch-Umrahmung gehört in diese Kategorie.  Solche Art Verzierung wird sogar von Klangpuristen akzeptiert und nicht als klangverschlechternd beurteilt.

Wenn diese monochromen Felder statt in Schwarz mit mit farblicher Bemalung oder in Mosaik-Funier ausgeführt werden, hat man eine "bemalteBalalaika" in Händen, die trotzdem gut klingt.

Was die Decken-Ganzbemalung angeht: Wenn eine hochwertige gut klingende Meister-Balalaikaauf ihrer gesamten Deckenfläche von einem Künstler bemalt wird, wird ihr Klang dadurch zwangsläufig nicht schlechter.

Bester Beweis dafür: die vielen kultigen Dekor-Ausführungen der  Fluke-Ukulele, ein Instrument, das mit derBalalaika sehr verwandt ist: gleiche Mensur, historische Form der Schaufel-Balalaika bzw. der Dombra.

Auch bei der  Ovation-Gitarre  tut die  dekorative Schallloch-Verzierung dem legendären  seidigen Klang dieses Instruments keinen Abbruch.

 

Dennoch gibt es beiBalalaikaspielern eine fast einhellige Ablehnung der Bemalung.

Kein professionellerBalalaikaspieler zeigt sich mit einer bunt bemalteBalalaika. Diese ist etwas für Amateure. Es gilt die Meinung:

Bei derBalalaikasollte man sich stets für eines von beiden entscheiden: entweder Malkunstwerk oder doch besser Klangkunstwerk.

Die dreieckige Balalaika-Decke - ein Tympanon

Bemalte Balalaika. Ein bildnerisch ausgestaltetes Tympanon

Das Tympanon  in der Architektur  und  im  Musikinstrumentenbau

 

Mit ddem Wort "Tympanon" bezeichnet man in der Architektur ein Dreiecks- oder Halbrundfeld über Türen und Portalen.

Ein Tympanon ist  Das griechische Wort "tympanon" bedeutet "Trommel". Gemeint ist hier nicht die runde Trommel, sondern die dreieckige Psalteriumstrommel. Das dreieckige Psalterium wurde oft nicht gezupft, sondern wie eine runde Trommel geschlagen.

Genauer: es wurden die Saiten mit Klöppeln geschlagen ("getrommelt").

Auch die Dreiecksform der Balalaika kann als Tympanon bezeichnet werden.

Sogar mit größerer Berechtigung als in der Architektur. Denn die Balalaika wird bisweilen getrommelt. Beliebt ist im virtuosen Spiel der "Wirbelanschlag auf dem Panzer" ( дробь по панцырю)

 

Die architektonischen Tympana und die Tympanon-Musikinstrumente sind häufig dekorativ und figürlich gestaltet. Bild oben: bemalte Balalaika.



 

III. DER  BALALAIKA-HALS

     ( russ.: ШЕЙКА ) (ital.: MANICO) (engl.: NECK)

     MIT  GRIFFBRETT  (russ.: Гриф)

     (ital.: tastiera) (engl.: fretboard, fingerboard)

 

Hals   ( Шейка )

Der Hals der Balalaika ist lang und schmal. Er besitzt eine annähernd halbrunde Unterseite (" D-rund ") Auf der planen Oberseite ist das Griffbrett aufgeleimt. 

Manchmal sind die Bünde auch direkt in Hals eingelassen. Der Hals verbreitert sich zum Korpus hin. Die Prim-Balalaika besitzt häufig folgendes Hals-Maß:

 

Breite am Obersattel:      ca. 28 mm

Breite am Korpusansatz: ca. 38 mm.


(Natürlich gibt es je nach Instrument Abweichungen von diesem Maß )

Die Verbindung des Halses mit dem Korpus kann auf verschiedene Art geschehen.

Oft ist der Hals stumpf mit dem Oberklotz des Korpus verleimt. Diese Verbindung ist nicht sehr stabil. Deshalb wird meist an der Nahtstelle Hals/Korpus ein Holzriegel übergeleimt.

Der Hals trägt die Bünde. Diese waren früher beweglich und bestanden aus Bindfaden oder Lederschnüren. Heute werden Metallbünde (Bundstäbe) verwendet, die fest in den Hals eingelassen sind.

Selten aber werden die Bundstäbe direkt in den Instrumentenhals eingelassen.

In der Regel wird oben auf den Hals der ganzen Länge nach ein Bundbrett  (Griffbrett) aufgeleimt. Dies dient auch der Stabilität des Halses, denn es bewirkt eine Absperrung und beugt dem Hochbiegen des Halses bei hoher Saitenspannung (besonders bei 6- saitigen Balalaiken und bei ausschließlicher Verwendung von Stahlsaiten) vor.

 

Griffbrett  ( Гриф )

 

Auf der Oberseite des Halses befindet sich das  Griffbrett. Anders als bei einigen Gitarrenmodellen ist das Griffbrett der Balalaika stets völlig plan.

Ins Griffbrett fest eingelassen sind die Bundstäbe ( Лады ) aus Metall, z.B aus einer Nickel/Silber- oder Bronze/Silber- Legierung oder Neusilber (Kupfer/Nickel/Zink). Häufig ist das Griffbrett über den Hals hinaus auf die Korpusdecke verlängert. Anders als bei der Domra oder der F5-Mandoline, bei denen das Griffbrett bisweilen schwebend über der Decke verläuft, ist bei der Balalaika das Griffbrett  auf der Decke aufgeleimt.

Hals-Bindings, wie sie bei vielen anderen Instrumenten (Gitarre, Mandoline) sehr häufig sind (nicht nur als Dekor, sondern um die Scharfkantigkeit der metallenen Bund-Enden zu entschärfen), werden bei der Balalaika nicht verwendet. Die Scharfkantigkeit der Bund-Enden wird durch starkes Abrunden der Kanten des Griffbrettes beseitigt.

 

 

Griffbrettmarkierungen  ( Знаки для различения ладов ) (dots)

 

Ins Griffbrett  eingelassen sind häufig  Markierungen, die das Finden des exakten Tones erleichtern sollen. Profi-Musiker brauchen diese Hilfen nicht, dennoch werden sie auch auf Meister-Instrumente angebracht. Sie haben hier nur rein dekorativen Charakter.

 

Die  16-bündige  Standard-Balalaika  weist  meist  5 Markierungen 

innerhalb des Oktavraums  auf.  ( Oktavraum  = 12 Halbtöne = 12 Bundfelder )

 

Bundfelder ( "Laden" )  mit  und  ohne  Markierungen:

 

Feld  1    =  zwischen 0-Bund  und 1. Bund:  keine Markierung

 

Feld 2   =  vor dem  2.  Bund  =  Sekunde              (2 Halbtöne)

 

Feld  3    =  zwischen 2. Bund  und 3. Bund:  keine Markierung

 

Feld  4    =  zwischen 3. Bund  und 4. Bund:  keine Markierung

 

Feld 5   =  vor dem  5.  Bund  =  Quarte                 (5 Halbtöne)

 

Feld  6    =  zwischen 5. Bund  und 6. Bund:  keine Markierung

 

Feld 7   =  vor dem  7.  Bund  =  Quinte                 (7 Halbtöne)

 

Feld  8    =  zwischen 7. Bund  und 8. Bund:  keine Markierung

 

Feld  9    =  zwischen 8. Bund  und 9. Bund:  keine Markierung

 

Feld 10  =  vor dem  10. Bund  =  kleine Septime  (10 Halbtöne)

 

Feld  11   =  zwischen 10. Bund  und 11. Bund:  keine Markierung

 

Feld 12  =  vor dem  12. Bund  =  Oktave             (12 Halbtöne)

 

Die Markierungseinlagen können aus Holz, Perlmutt, Elfenbein, Metall  oder Kunststoff bestehen und viele Formen haben, z.B. Kreis, Raute, Streifen.

Am meisten findet man bei fabrikmäßig hergestellten Balalaiken die

runden Markierungen (Dot-Inlays): Kreise von ca. 6 mm Durchmesser.

Die Markierungen befinden sich meist  auf der Oberseite des Griffbretts.

Vielfach begegnen auch Markierungen an der Seite des Griffbretts, jedoch

logischerweise  nur  an  d e r  Seite, die dem Spieler zugekehrt und für ihn sichtbar ist.

 

Die Bünde ( Лады )

Bis ins 19. Jhd. war die Balalaika diatonisch gestimmt und besaß meist  nur vier, fünf oder sieben  Bünde. (Diese Zahlen sind durch Museumsstücke bezeugt.) Die Bünde bestanden aus Schnüren verschiedenen Materials, meist aus Leder.  Andrejew  schuf  die  erste   chromatische  Balalaika  mit  16  fest eingelassenen Metall-Bünden im Griffbrett des Halses. Der Tonumfang betrug 1 Oktave plus 4 Halbtöne: e bis gis (tiefe Saite) und a bis dis (hohe Saite). 

Das Griffbrett wurde bald in den Korpusbereich verlängert, die Bundzahl erhöht. Die Konzertbalalaika verlängert das Griffbrett bis fast zum Schallloch, so daß bis zu 33 Bünde vorhanden sind.

 

IV. DAS  WIRBELBRETT

     ( WIRBELPLATTE ) ( KOPFPLATTE )

      (russ.: ЛОПАТКА) ( LOPATKA) ( = SCHAUFEL )

      ( ital.: PALETTA ) ( engl.: HEADSTOCK )

 

Die Regel: Das  Wirbel - b r e t t  ( Лопатка ) ( Головка )

Am oberen Ende des Halses befindet sich das Wirbelbrett ( Wirbelplatte ), auch Kopfplatte  ( Головка ) genannt. Dort sind die drehbaren  Saitenwirbel (Spul-Achsen) angebracht, an denen die Saiten befestigt sind.

 

Die Ausnahme: Der Wirbel - k a s t e n

Ein  Wirbelkasten mit seitenständigen waagerechten Wirbel-Spulachsen ( und evtl. mit Schnecke wie bei der Geige) ist bei der Balalaika sehr selten.

Balalaiken,  die einen solchen  Wirbelkasten  besitzen,  stammen höchstwahr-scheinlich aus Geigenbauerwerkstätten.

Eine Abbildung einer Balalaika aus dem 19.Jhd. mit Wirbelkasten und Schnecke findet sich in   1.3. Balalaiken des 19.Jhds.

Balalaika. Konstruktionsschema (ohne eingezeichneten Saitensteg)
Baglama ohne Wirbelbrett. ( Wirbel direkt im Hals)

Balalaika ohne Wirbelbrett


Sehr frühe Formen der Balalaika  besaßen kein Wirbelbrett: so die Urform der Balalaika, die persische Tanbur und - davon abgeleitet - und  die türkische Baglama. (Die kasachische Dombra dagegen ist  mit einem Wirbelbrett versehen.)

Die Löcher für die Wirbel werden bei Tanbur und Baglama direkt in den Hals gebohrt (Bohrlöcher sowohl senkrecht als auch seitlich).

Bei beide Instrumenten gibt es zwar moderne Ausführungen mit Griffbrett und Wirbelmechanik, aber vorherrschend ist immer noch die traditionelle Ausführung mit Wirbeln, die direkt im Hals sitzen.

(Siehe Foto)

Wenn ein Wirbelbrett verwendet wird, hat dies in der Regel eine größere Breite als der Instrumentenhals, so wie bei der Balalaika das Paddelform-Brett.

Es gibt aber auch Ausnahmen. So folgen einige Bauserien der heutigen modernen Martin-Backpacker-Gitarre dem historischen Vorbild der asiatischen Steppenlauten: die Martin Backpacker 4228 hat zwar ein Wirbelbrett, dieses ist aber genauso breit (bzw schmal) wie der Instrumentenhals und verschmälert sich sogar noch dem Ende zu von 4,2 cm auf 3,8 cm !

Bei der heutigen Balalaika ist ein Hals  m i t  Wirbelbrett die Regel. Es besitzt meist die dreifache Breite des Halses.  Das breite Wirbelbrett gewährt bei Steckwirbeln den senkrecht gesteckten Wirbeln viel Platz ermöglicht die gute Bedienbarkeit der Knöpfe der Saitenwirbel.

Auch bei westeuropäischen Saiteninstrumenten wie Mandoline und Gitarre wurden solche paddelförmigen Wirbelbretter verwendet. Auch den sog. "Entenschäbeln" liegt die Paddel- bzw. Schaufelform zu Grunde.

 

Die Baglama  -  ein Instrument ohne  Wirbelbrett

Viele asiatische Saiteninstrumente dagegen kommen heute immer noch ohne Wirbelbrett aus, obwohl sie eine Vielzahl von Saitenwirbeln haben:

Bie türkische Baglama hat 7 Saiten: alle 7 Wirbel finden dennoch auf engstem Raum  Platz  am sehr schmalen Hals-Endstück dieses Instruments: eine erstaunliche Leistung!

 

Schaufelförmiges  Wirbelbrett  der  Balalaika:   Lopatka

Das Wirbelbrett der Balalaika konnte in der Vergangenheit viele Formen haben, z.B. die asymmetrische "Stratocaster"-Form oder das oben gespaltene Brett, das die Form zweier Pferdeköpfe bekam.

Heute hat es meist die einfache Form einer Schaufel (russ. " lopatka" ).

 

"Lopatka"ist die Verkleinerungsform zu "Lopata".

"Lopata" und "Lopastj" bedeuten: "Schaufel", "Spaten", "Ruderblatt" ("Paddel").

(ukr. лопата весла = russ. лопасть весла = Ruderblatt).

 

 Das Wirbelbrett der Balalaika, auch Kopfplatte genannt, wird separat hergestellt und anschließend an den Instrumentenhals angeschäftet und angeleimt.

 

Die Lopata-Form hat Tradition.

Zahlreiche Frühformen von Balalaiken, die aus einem einzigen Stück Holz herausgeschnitzt waren, besaßen diese "Lopata-Form" als Klangkörperform.

Auch heute noch sind solche Paddelform-Klangkörper  im zentralasiatischen Raum verbreitet, z. B. Dombren in Süd- Kasachstan.

 

Bei Balalaiken selten: 

Das geschlitzte Wirbelbrett (Slotted headstock)


Das Wirbelbrett der  Balalaika ist stets als flaches Brett gestaltet und nicht wie bei der Domra als Wirbelkasten mit gebogenem Ende: Haken oder Schnecke.

(Einige seltene Ausnahmen gibt es immer !)

Das Wirbelbrett besitzt 3 senkrechte Bohrungen, in denen sich  die Steckwirbel bzw. die Spulachsen der metallenen Wirbelmechanik drehen.

 

Die Kopfplatte ist fensterlos, d.h. ohne Schlitze. Eine geschlitzte Kopfplatte (slotted headstock), wie sie bei der Domra (und natürlich bei Gitarren) sehr häufig anzutreffen ist, kommt im Balalaikabau nur bei der 6-saitigen Balalaika vor, und auch dort nur bei älteren Modellen und sehr selten.

 

Die Stimmwirbel


1. Steckwirbel (настроечные шпильки) aus Holz


Im 19. Jhd waren noch Steck-Wirbel nach Art der Geigenwirbel verbreitet. Diese hießen kolki  ( колок = hölzernes spitzes Stäbchen) oder nastrojetschnye schpilki (настроечные шпильки) (шпилька = Stift, Winde). Die Wirbelknöpfe befanden sich an der Unterseite, d.h. die Wirbelstifte wurden  von unten  in das Wirbelbrett eingesteckt.

 

2. Angeschraubte  Wirbel-Mechanik  ( Механика )  aus Metall

    Getriebe 1 : 12

Heute sind alle Balalaiken mit einer metallenen Wirbel-Mechanik ausgestattet, bestehend aus einer Antriebswelle, die an einem Ende den Wirbelknopf (Griff, Flügel) trägt und am anderen Ende ein Schraubengewinde mit ca. 5 Windungen.

Das Schraubengwinde treibt ein Zahnrad an, das auf eine Achse aufgepresst ist.

Das freie  Ende der Achse ist durchlöchert. Hier wird die Saite eingefädelt. Die Saite wird auf der Achse aufgewickelt (aufgespult). Diese Achse wird auch Welle genannt.

Das Übersetzungsverhältnis (gear ratio) von  Schraubgewinde/Zahnrad  beträgt ca. 1 : 12.  Damit ist eine exakte Feinstimmung der Saite gewährleistet.

Spul-Achse und Wirbel-Achse stehen im rechten Winkel zueinander.

Die Stimmmechanik ist unten am Wirbelbrett montiert. Die Spul-Achse der Saite  ist durch das Wirbelbrett geführt und steht senkrecht zum Wirbelbrett. Die  Antriebswelle mit dem Wirbelknopf ist seitenständig.

Der Wirbelknopf besteht meist aus Pearloid (Perloid) oder anderem Kunststoff.. Der Knopf  wird im erhitzten Zustand (Wasserbad mit kochendem Wasser) auf die Achse aufgepresst.

Moderne Wirbelknöpfe sind an die Achse angeschraubt.

 

Einzelmechanik

Hier ist die Wirbelmechanik  für jede Saite separat aus das Wirbelbrett geschraubt.

Einzelmechaniken trifft man bisweilen bei Kontrabass-Balalaikan an.

 

Kollektivmechanik (Mechanikriegel)

Diese ist am meisten verbreitet. Hier sind alle drei Mechaniken (= Saitenspule, Zahnrad-Übertragung, Drehwirbel) "in - line" auf einer gemeinsamen Metallplatte montiert. Diese In-line-Konstruktion hat dazu geführt, dass fast alle heute gebauten dreisaitigen Balalaiken eine In-line-Anordnung der Saitenwirbel auf dem Wirbelbrett haben. Die Wirbel-Linie selber verläuft schräg, das Wirbelbrett aber hat eine symmetrische Lopatka-Form.

Anders bei den E-Gitarren (Telecaster, Bigsby/Travis u.a.). Hier ist die asymmetrische Kopfplatte die Regel. Die Form des Wirbelbretts ist dem Schrägverlauf der 6-in-line-Wirbelmechanik angeglichen.

Bei 6-saitigen Balalaiken ist eine 2:1 - Konfiguration üblich.

 

Versenkte Mechanik

Die Wirbelmechanik liegt meist frei und ungeschützt und anfällig für Störungen durch Staub und Fremdkörper. Schwergängigkeit ist die Folge. 

Bei vielen Balalaiken  ist deshalb die Mechanik ins Wirbelbrett eingelassen und unten mit einer Metallplatte abgedeckt. Diese Metallplatte  kann die gesamte Unterseite des Wirbelbretts bedecken oder nur einen Teil. Im letzteren Fall besitzt sie oft eine dekorative Umrissform, so bei der Moskauer Eksperimentaljnaja, Modell Nr. 203   


Einzel-Mechaniken bei einer Kontrabass-Balalaika

Was eine Balalaika nicht hat:

(Was aber vielleicht noch kommen kann)

 

Eine Balalaika hat keinen Stimmstock wie eine Violine

 

Eine Balalaika hat keinen Crotta-Steg.

Die Crotta (= Crwth) ist ein altes keltisches Instrument, eine gestrichene Leier.

Ein Crotta-Steg steht mit einem Fuß auf der Decke, der andere Fuß  geht durch ein Loch in der Decke hindurch  und ruht innen auf dem Instrumentenboden auf.

Die Saitenschwingungen werden auf Decke und Boden des Instruments zugleich übertragen.

Der Klangeindruck wird als phänomenal beschrieben.

Nebeneffekt: Eine Druck-Entlastung der Instrumentendecke, weil der Steg nur noch mit 1 Fuß auf der Decke aufruht.

Der Crotta-Steg  ist  anzutreffen bei der russischen Fenster-Gusli, einer Kantele, also einem Zupfinstrument, das zur Geige (Gudok) umgebaut wurde.

 

Die russische Musikgruppe Russitschi, die auch alte Instrumente selber (nach)baut, verwendet solch ein Instrument:

5-струнные лирообразные гусли  ( гусли с игровым окном ) : 5-saitige Kantele, zur Gudok umgebaut, mit Spielfenster. Diese Jouhikko besitzt einen hohen Geigensteg, der als "Crotta-Steg" ausgebildet ist: d. h. ein Fuß des Steges ruht auf der Decke auf, der andere auf dem Intrumentenboden. (Siehe das Youtube-Video aus dem Jahre 2013 von Rusitschi "Two falcons" (Dwa sokola).

 

 

Crotta-Steg

CROTTA -STEG  ("Hinkender" Steg)

Manche Balalaikaspieler verwenden ebenfalls einen "hinkenden Steg", bei dem der eine Stegfuß  um ca. 6 mm kürzer ist als der andere. Der Grund: zwischen dem kürzeren Fuß und der Decke wird ein Piezo-Schallwandler-Element (Transducer) geklemmt für die elektonische Tonannahme und zur Verstärkung des Tonsignals.

Das Element ist rund und ca. 6mm dick. Der kürzere Stegfuß gleicht diese Dicke aus.

Balalaikasteg mit Piezo-Wandler (Schall-Empfänger), untergeschoben unter den Steg.

 

Eine Balalaika hat keinen  a u f g e l e i m t e n   Saitensteg

Anfänger, die eine Balalaika gekauft haben, bei der der Steg verrutscht oder umgekippt ist, vermuten oft, daß die Klebung nicht gehalten hat und fragen in Foren, an welcher Stelle genau der Steg festgeklebt werden muß.

Bei der Balalaika wird der Steg nicht auf die Decke geklebt, sondern er st  lose auf der Decke aufgestellt. Er wird nur durch die Saitenspannung auf die Decke festgedrückt. Über die exakte Position des Steges ist nachzulesen im Kapitel

Aufbau der Balalaika

 

Die  (russische)  Balalaika hat keinen Knüpfsteg

Bei der Balalaika wird - anders als bei der Gitarre - kein Knüpfsteg verwendet. Die Saiten sind also nicht an einem fest auf der Decke montierten Steg befestigt ("angeknüpft", eingefädelt und verknotet), sondern stets an einer Saitenhalterung am  Instrumentenrand, entweder an einem metallenen Saitenhalter, der am Hinterbrett (sadinka) angeschraubt ist, oder an Pins aus Holz, Kunststoff oder Metall, die in die Sadinka eingesteckt sind.

Kaukasische Balalaika:  Steg auf der Decke

Eine Ausnahme bildet (aber nur scheinbar) die "Kaukasus-Balalaika" (Tschetschenische Pondar: siehe Skizze). Sie besitzt (in heutiger Bauform) einen Saitenhalter auf der Decke, an den die Saiten angeknüpft sind. Aber dieser Knüpf-Querriegel hat keine Steg-Funktion.  Die Saiten der Pondar (Tanbur) werden über einen herkömmlichen Brückensteg geführt.

Süditalienische Colascione:  Tanbur  mit  Knüpfsteg

Die Langhals-Tanbur Colascione gleicht der  Baglama, der "türkischen Balalaika". Im Unterschied zur Baglama besitzt die Colascione einen Wirbelkasten mit nach oben gebogener Schnecke und - einen echten Knüpfsteg.

Ein solcher Knüpfsteg ist  bei der Gitarre (und deren Vorläuferin Vihuela) üblich, ebenso bei der arabischen Laute. In Süditalien und Sizilien, das seit dem 16. Jhd. unter spanischer Vorherrschaft stand, wurde im 16. Jhd. der Knüpfsteg der Vihuela/Gitarre/Laute auf die Tanbur übertragen: es entstand die Colascione (andere Bezeichnungen: calascione, colachon, gallichone.)

"Kaukasus-Balalaika" (rechteckige Trog-Form) mit Saitenhalter auf der Instrumentendecke. Neuzeitliche Ausführung mit chromatischer Bundierung.

Die nebenstehende Skizze verdeutlicht, dass der Saitenhalter der kaukasischen Balalaika nicht auf der Decke, sondern auf dem verdeckten Korpus-Rand  "verankert" ist.

 

Eine Balalaika hat keinen höhenverstellbaren Steg

Bei der Mandoline ist der "Mechaniksteg" sehr verbreitet: Der Steg kann mittels zweier Gewindeschrauben auf beiden Seiten in der Höhe verstellt werden.

Sehr praktisch ist dies auch bei Drehleiern, um die Wattierung, deren Dicke sich laufend ändert, bequem auszugleichen. Viele machen es dennoch nicht, sondern schieben lieber Papierstückchen zwischen Saite und festem Steg.

Die Balalaika zeigt sich in der Stegfrage ebenso "puristisch":

Bei Stegen keine Metall-Holzkonstruktion mit Metallrädchen und Schrauben! Sondern Ebenholzsteg mit fester Höhe!

 

Eine Balalaika hat keine Schraubenmechanik (Fächermechanik).

Zum Spannen der Saiten besitzt die Balalaika Wirbel, deren Spul-Achsen senkrecht auf dem Wirbelbrett stehen.

Sehr selten trifft man Balalaiken an, die ein geschlitztes Wirbelbrett haben, bei dem die Spulachsen waagerecht verlaufen  ("seitenständige Wirbel").

Eine Fächermechanik, bei der die Saiten an beweglichen Schraubenmuttern befestigt sind, ist bei der Balalaika nicht anzutreffen. Häufig aber ist diese bei der Waldzither anzutreffen. Im angelsächsischen Raum ist diese Art Mechanik als "Preston`s machine" bekannt, benannt nach ihrem Erfinder. Bei der "Preston´s machine" allerdings laufen die Schrauben parallel und nicht fächerförmig.

 

Eine Balalaika hat keine "umgedrehte" Saitenaufhängung.

Gemeint ist nicht eine Linkshänder-Balalaika, sondern folgendes technische Merkmal: Die Vertauschung der Positionen von Saitenhalter und Saitenwirbeln.

Bei einer umgekehrten Saitenaufhängung befinden sich die Wirbelspulen

am  U n t e r sattel des Instruments. Die Aufhängung der Saiten geschieht am

oberen Halsende, nahe dem Null-Bund. Wie gesagt, bei der Balalaika wurde so etwas noch nicht ausprobiert, wohl aber bei verschiedenen anderen Saiten-instrumenten.

Auch wurde bei der Balalaika noch keine "preston machine"- Mechanik verwendet, (preston style tuner) (Gewindestangen-Prinzip) wie sie bei Waldzithern oft anzutreffen ist.

 

Eine Balalaika hat keinen Halsspannstab (Trussrod)

Anders als viele Gitarren besitzt die Balalaika keinen "steel reinforced neck" (Stahl verstärkten Hals), weder als passiv eingelegte Eisenstange noch als verstellbaren Gewindestab ("steel reinforced adjustable neck"), auch Trussrod genannt.

Dieser ist eine mechanische Vorrichtung, durch die die Halskrümmung (verursacht durch die starke Saitenspannung der 6-saitigen Gitarre) ausgeglichen werden kann. Der Trussrod der Gitarren bewirkt eine positive oder negative Biegung des Halses und garantiert eine genau einstellbare Saitenhöhe über den Bünden.

Besonders Langhalslauten mit Mensuren über 60 cm sind sehr anfällig gegenüber der Saitenspannung, die ihren langen Hals sehr leicht nach oben krümmt.

Deshalb empfielt es sich, bei Langhalslauten, wenn sie längere Zeit nicht gespielt werden, die Wirbel "herunterzudrehen" und die Saitenspannung nachzulasssen. Die Balalaika ist zwar eine Langhalslaute, aber ihre 44 cm-Mensur macht diese Prozedur normalerweise nicht notwendig, und die Saitenspannung der dreisaitigen Balalaika hält sich in Grenzen. Entscheidend ist jedoch die Dicke und das Material des Balalaikahalses. Man muß sehen, wie die eigene Balalaika sich verhält. Der "Tischlerblick" (der Blick entlang einer Leiste von einem Ende zum anderen) ist hier sehr hilfreich!

5. MATERIALIEN, DIE  ZWAR  IM  INSTRUMENTENBAU, ABER  NICHT  FÜR  DEN  BAU  VON  BALALAIKEN  VERWENDET  WERDEN:

 

Im Saitenstrumentenbau begegnen außer Holz viele andere Materialien. Die Balalaika blieb (abgesehen von der Verwendung von Plastik ("Plastmassa") seit 1979 auf die Materialien Kürbis und Holz beschränkt. Also:

 

Keine Balalaika aus Schildkröten-Panzer

Lauten und andere Arten von Musikinstrumenten  wurden früher gerne aus dem Panzer einer Schildkröte hergestellt. Bekanntestes Beispiel: die griechische Lyra.

Der Schildkrötenpanzer besitzt 6 Öffnungen: für Kopf, Hinterteil, 4 Beine.

Für die griech. Lyra wurden 2 Holzstäbe durch die Vorderbeinöffnungen des Panzers gesteckt. Die beiden freien Enden wurden durch ein Querholz, dem Joch, verbunden.

An diesem Jochstab wurden die Saiten befestigt.

Für die Herstellung einer Laute (die in Griechenland allerdings unpopulär  war,) benötigte man nur 1 Holzstab. Dieser wurde durch die Kopf-und Hinterteilöffnung durchgesteckt. Man erhielt eine Spießlaute. Schildkröten-Balalaiken sind nicht bekannt. Das liegt wohl daran, daß in Russland freilebende Schildkröten nicht sehr verbreitet sind. Kürbisse und Birken kommen häufiger vor. Natürlich liegt es jedem experimentierfreudigen Musikinstrumentenbauer frei, für den Bau einer Balalaika einen Schildkrötenpanzer zu verwenden. Dieter Hauptmann (in Adelaide, Australien) hat dies getan: http://hauptmannbalalaika.weebly.com/

Keine Balalaika aus dem Kopf eines Hechtes

Wer kommt denn auf solche Idee? Die Finnen! (Die spinnen, die Finnen!) Aus dem Kopf eines Hechtes hat der Held im finnischen Nationalepos seine erste Kantele gebaut, ein Psalterium in schmal-dreieckiger Form. Die zweite Kantele fertigte er aus dem Holz einer Birke. ( Balalaika und Kantele

Von der Balalaika wird eine ähnliche Historie  nicht erzählt, weder in einem finnischen noch russischen Epos.

Keine Balalaika aus Kokosnuss-Schale

Gleiches gilt für Lauten aus der Schale einer Kokosnuss (eine Steinfrucht mit hartem Kern), in vielen Ländern südlich des Äquators ein beliebtes Resonanzgefäß für div. Musikinstrumente. Russland ist nicht als Kokospalmenland bekannt.

Keine Balalaika aus Aluminium oder anderem Metall

Moderne Saiteninstrumente werden bisweilen analog zur Schildkrötenbauart

aus Blechdosen hergestellt (Konservendosenpanzer).

Seit Anfang des 20. Jhds. kam es in Mode, traditionelle Saiteninstrumente mit einem Korpus aus Aluminium-Druckguss zu versehen.

Beispiele:

1) Die türkische Cümbüs ( Mandolinen-Banjo ), auch heute noch aus Aluminium.

2) In Deutschland wurden Anfang des 20.Jhds. viele Mandolinen mit Aluminium-Korpus gebaut. Heute niht mehr.

In Amerika gab es eine Firma, eigens für Aluminium-Instrumente.

Die Firma hieß  "THE MERILL ALUMINIUM  INSTRUMENTS".  Die Firma

wurde gegründet Anfg. des 20.Jhds. Name:

Aluminium musical instrument company", New York, Fivth Avenue

Aus Aluminium wurden hergestellt: Mandolinen (Flach- und Rundbauchmandolinen), Violinen, Banjos, Gitarren.

Siehe dazu:  http://www.mugwumps.com

 

Ein aus Metall gegossener oder aus Metallblech gepresster Korpus ist weder bei 

der Balalaika noch bei der Domra  anzutreffen.

Plastik-Balalaika

 

Ein aus Plastikmasse gepresster Rückenschild, meist 6-fächrig,  ist bei Souvenir-Balalaiken sehr häufig anzutreffen. Siehe nachfolgendes Bild.

Korpus-Unterseite einer Souvenirbalalaika, 67 cm. Sadinka = Echtholz. Der Rückenschild ist aus Plastik ("Plastmassa") mit "two-tone sunburst"-Effekt-Lackierung

 

MATERIALPRÜFUNG:  HOLZ  ODER  PLASTIK ?

DIE  DURCHLEUCHTUNGS-METHODE

 

WIE  MAN  EINE  BALALAIKA  AUS  KUNSTSTOFF  ( ПЛАСТИК, ПЛАСТМАССА )  VON  EINER  HOLZ-BALALAIKA  UNTERSCHEIDET. 

 

Oftmals ist der Plastikkorpus als lackiertes Holz getarnt, meist mit einer  two-tone sunburst- Lackierung, so dass Nichtkundige sehr oft getäuscht werden.

Sie glauben, eine wertvolle   Echtholt-Balalaika  zu besitzen, weil ja die Decke eindeutig aus echtem Fichten-Tonholz besteht, dabei  aber  haben  sie  eine  Plastikschüssel (mit Holzdeckel)  in  Händen.

Die Methode zum Enttarnen eines "Plastmassa"-Korpus ist einfach.

Einen starken Scheinwerfer dicht auf den Rücken des Instruments richten und mit dem Auge durch das Schallloch in das Innere des Korpus blicken.

Holzbalalaiken sind lichtdicht (außer manchmal an den Leimfugen der Späne). Plastik läßt Licht auf ganzer Fläche diffus hindurch. Je nach Pigmentbeimischung der Plastikmasse bzw. des Tarnanstrichs ist der Korpus mehr oder weniger transparent.  Bei manchen "Plastikschüsseln" reicht schon das normale Tageslicht aus, andere benötigen einen stärkeren Scheinwerfer, besonders die dickwandigen Kontrabass-Balalaiken. Also:  eine  s t a r k e  Lichtquelle benutzen und den Scheinwerfer direkt auf den Korpus pressen!

Bemerkung: Das Wort "Plastikschüssel" klingt abwertend. Es gibt aber sehr gut klingende Instrumente mit "Plastikgehäuse": Ovation-Gitarre, Fluke-Ukulele, Carbon-Violinen, und sogar Balalaiken, auch wenn sie oft als unorthodox abgelehnt werden.

Balakaikabau  auf  neuen  Wegen

Seit 1979: Balalaika-Korpus aus Kunststoff (Plastmassa)


MUSIKINSTRUMENTE  AUS  FLÜSSIGKUNSTSTOFF  UND  CARBONFASERN      

Matte aus Carbonfasergewebe. Daraus entsteht ein Instrumenten-Corpus. Bildnachweis: wikimedia commons "Kohlenstofffaser".

Puristen und Traditionalisten lehnen Instrumente, die nicht aus Holz oder Kalebasse bestehen, prinzipiell ab. Aber die Ovation-Gitarre, deren Korpusschale aus schwarzem Kunststoffmaterial ("Lyrachord") besteht, zeigt, zu welcher Klangschönheit solche Instrumente fähig sind.

Die Ovation-Gitarre ist eine Klang-Legende!

Ihr seidenweicher Sound wird von vielen Musikern und Zuhörern geschätzt. Das Ausgangsmaterial für ihren Korpus stammte aus dem Flugzeugbau: es war ursprünglich für die Rotorblätter von Hubschraubern entwickelt worden.

Ein ähnliches Klangwunder ist die Fluke-Ukulele, deren Korpusschale ebenfalls aus Kunststoff gepresst ist. (Die Decke ist wie bei der Ovation aus Holz.)

 

Musikinstrumente aus Kohlenstoff-Faser-Gewebe

Sehr beliebt sind auch Musikinstrumente aus Carbon-Fasern. Dieses Material, aus dem u.a. Schiffsschrauben und Propeller für Windkraftanlagen hergestellt werden, hat schon vor einiger Zeit Einzug in dem Musikinstrumentenbau gefunden.

Geigen, Bratschen und Celli werden aus diesem modernen Material gefertigt, und diese Instrumente werden in Konzerten gespielt.

In Deutschland hat sich die Firma "mezzoforte" bei Bielefeld auf die  Herstellung von  Carbon-Instrumenten spezilisiert, die gänzlich aus Kunststoffmaterial bestehen.

www.mezzo-forte.de

Der Korpus wird in Handarbeit aus einer schwarzen Kohlefasermatte (Carbon) gefertigt, die in eine Form gelegt und anschließend mit Kunststoff-Harz getränkt wird. Die Carbon-Instrumente  glänzen pechschwarz, die Gewebestruktur der Matten bleibt sichtbar. Die Instrumente sind gewöhnungsbedürftig, erfreuen sich aber immer größerer Beliebtheit. Die Bielefelder Firma bekommt Bestellungen aus den USA, Südamerika, Japan u.a.

Diese Carbon-Instrumente sind nicht nur extrem robust und unempfindlich gegen jede Art von Witterungseinflüssen, sondern sie klingen auch sehr gut.

 

Balalaika und Kunststoff

Anders als bei der Ovation-Gitarre, der Fluke-Ukulele und den Bielefelder Carbon-Geigen blieb das Entzücken über die neue Technologie bei den Balalaikaspielern jedoch aus.

Plastmassa-Balalaiken  gelten als billig, ihr Klang wird nicht sehr geschätzt, sie werden nur als Souvenir-Instrumente akzeptiert.

Die Balalaika ist eben etwas Besonderes, ihr Klang stellt höhere Ansprüche als der von Geige, Ukulele und Gitarre ! :)