7. Kapitel                                                                  Die russ. Balalaika in Reiseberichten und Russlandbeschreibungen aus alter Zeit. Historische Reiseberichte mit der Erwähnung der Balalaika und anderer russischer Saiteninstrumente

Stählin, Jakob von

 

Stählin wurde 1709 im schwäbischen Memmingen geboren. Seit 1738 war er ordentlicher Professor an der St.Petersburger Akademie der Wissenschaften. 

Er wurde mit der Katalogisierung der Bibliothek der Zarin und des russischen Patriarchen betraut. 1727 wurde er Redakteur der von der Akademie herausgegebenen "St. Petersburger Zeitung". 1747 gründete er eine eigene Kunstakademie. Stählin besaß eine große Musikinstrumentensammlung.

Er war Hof-Poet  und Leiter von Opernaufführungen am Zarenhof und wirkte als Flötist selber mit. Bekannt war er auch wegen seiner Pyrotechnik.

Zar Peter III. ernannte ihn zum russischen Staatsrat.

 


Stählin, Jakob von

Theater, Tanz und Musik in Rußland (1769/1770)

Edition Peters, Leipzig 1982


(Seite 48):

Könnte ich nicht z.E. die Balalajka, ein sehr langhalsiges und dünnbauchiges Instrument von zwo Saiten, deren eine befingert, die andere aber zum Beiklang nur mit gerissen wird, aus Armenien und Tscherkassien herleiten, wo es annoch wie in Rußland, in gemeinem Gebrauch ist.

Könnte eine gelerte Vermutung nicht den gudok, eine dreisaitige Geige des gemeinen Mannes in Rußland, von den alten Griechen herführen, die, wie der gemeine Russe auf diesem Instrument, sich in ihrer Musik auch nicht weit über eine Octav an Tönen zu versteigen wußten? (...)

 

(Seite 67-69):

§.14. Noch allgemeiner, ja, das allergemeinste Instrument in ganz Rußland, ist die Balalajka, ein uraltes Musikalisches Werkzeug von Slavonischer Herkunft.

Es besteht aus einem dreieckichten manchmal auch rundlichen Leib, etwan 1 1/2 Spannen lang und eine breit, und einen wenigstens 4 mal so langen Hals, mit zwoen Saiten an zween Wirbeln bespannt. es wird wie eine Pandure mit einem Band um den Rücken gehangen, aber auch ohne Band nur so hin am Leibe gehalten. Mit dem Zeigefinger der rechten Hand werden beide Saiten hin und her geschlagen. Die eine Saite nur wird mit der linken Hand befingert; die andere aber nicht, sondern sie schnarrt nur, als ein Baß oder Grund=Ton, beständig mit, der Accord mag sie erfordern oder nicht.

So künstlich geht es übrigens auf diesem gewiß recht ungekünstelten Instrument zu, daß nicht leicht ein Haus in Rußland zu finden ist, da nicht ein junger Knecht wäre, der den Mägden sein Stück drauf vorzuspielen wüßte.

Und was noch mehr ist, so pflegen sie sich gemeiniglich auch selbst das Instrument zu verfertigen. Sonst findet man es auch überall in den Krambuden, wo mer dergleichen verkauft wird.

So gemein und unvollständig aber nun dieses Instrument an sich ist, und so wenig außer der allgemeinen Landes=Melodie darauf gerasselt zu werden pflegt: so mer Bewunderung verdient ein gewisser blinder Pandorist aus der Ukraine, den ich an Hofe gekannt habe, der nämlich Eine Saite mer als gewönlich darauf gezogen, anders gestimmt, und nicht nur Arien, Menuetten, und Polnische Tänze, sondern auch ganze Partien von Allegro, Andante und Presto mit außerordentlicher Geschicklichkeit spielt, und folglich erstaunlich mer auf diesem sonst nur dem Pöbel überlassnen Instrument heraus zu bringen weiß, als man jemals von demselben erwarten könnte.

Auch eines jungen Herrn aus einem der vornemsten Rußischen Häuser erinnere ich mich, der auf eben demselben Instrument die modernsten Melodien Italienischer Arien spielte, und sich damit zum Gesang derselben in sanftem Klang accompagnirte, die Ritornellen aber dabei so stark erklingen ließ, daß man immer glaubte, man höre etliche Instrumente zugleich.  (Zitat Ende)

 

        Anmerkung  zu  "PANDORA":

        Gemeint ist die ukrainische   Kobsa, die im  18.Jhd. oft als Pandora

        (auch: Pandura oder Bandura) bezeichnet wurde.

        Nicht zu verwechseln mit der heutigen ukrainischen  Bandura, die keine

        Laute, sondern eine Zither ist  (mit Bass-Saiten, die über eine halsartige

        Verlängerung des Korpus laufen).

Johann Gottl. Georgi

Russland: Beschreibung aller Nationen des russischen Reiches, ihrer Lebensart, Religion, Gebräuche, Wohnungen, Kleidungen und übrigen Merkwürdigkeiten, Band 2

Leipzig 1783

 

Seite 495:

Die Balalaika ist einer Pandur am ähnlichsten, uralt, slawonisch, in Rußland unter Russen und Tataren allgemein,  auch nach Nibuhr in Egipten und Arabien gebräuchlich. Der Körper ist eine spannenlange längliche Halbkugel mit einem 4 Spannen langen Halse.

Von zwey Drathsaiten die befingert werden, giebt eine einen eintönigen Baß, und auf der andern wird das Stück herausgebracht.

Unter geschickten Fingern, von einer guten Kehle begleitet klingt sie sehr angenehm, daher sie sich auch in den Händen der Großen erhält.

( ... )

Der Gudak ist eine schlechte Violin mit 3 Saiten, die mit einem kurzen Bogen zugleich berühret werden, ob gleich nur eine befingert wird.

( ... )

Die Gusli ist eine liegende Harfe mit Drathsaiten, die befingert werden, auf der sich alles spielen läßt. Weil sie auch ohne Gesang gefällt, ist sie bey Tafelmusiken der Landedelleute, Hüttenherren etc gebräuchlich.

Philipp Strahl

Geschichte des russischen Staates I. Erster Band: Von den ältesten Zeiten bis zum Einbruche der Tataren 1224.

Verlag: Hamburg Perthes, 1832
S.17:
Wie alle Kinder der rohen Natur ergötzten sich die alten Slawen gern am Tanz und Gesang, besonders wenn ihre und ihrer Väter Großthaten den Inhalt ihrer Lieder bildeten. Die Empfindungen ihres Herzens in Freude und Leid, beim Brautbette und beim Grabe besangen sie in bald harmonischen bald in melodischen Tönen, beim Klange der liegenden Harfe ( гусли ) oder der zweisaitigen Cither ( балалайка ), oder der Rohrpfeife ( дудка ) oder des Kuhhorns ( рожокъ ) oder anderer einfacher musikalischer Instrumente.

P. von Goetze,

Stimmen des russischen Volkes in Liedern

Stuttgart 1828

 

Musik und Tanz, S. 37:

Die  B a l a l a i k a  hat einige Aehnlichkeit mit der Cither und scheint der erste rohe Versuch derselben zu seyn. Wie alt dieses Instrument ist, geht aus einer Begebenheit hervor, die  K a r a m s i n  im  I. Bande seiner Geschichte S.69  den Byzantinern nacherzählt.  Um das Jahr 590 n.Ch. nahmen die Griechen, welche mit den Avaren Krieg führten, drei Slawen gefangen, die als Gesandte zum Chan der Awaren geschickt waren. Jeder derselben trug statt der Waffen eine Art von Cither.  Wir sind  -  sagten die Gedandten  -  vom entferntesten Ende des westlichen (baltischen) Meeres her und fünfzehn Monden unterwegs gewesen.  Es giebt kein Eisen in unserm Lande und wir verstehen mit den Waffen nicht umzugehen.  Wir führen ein ruhiges Leben,  spielen die Cither und lieben den Gesang. -

Die Balalaika besteht aus einem dreieckigen, manchmal auch rundlichen Leib, etwa anderthalb Spannen lang und eine breit.  Der lange Hals ist mit zwei Saiten an zwei Wirbeln bespannt. Nur die eine Saite wird mit der linken Hand befingert, die andere schnarrt aber als Baß- oder Grundton beständig mit.

Karl Koch, Reise durch Russland 1842

( Reise durch Rußland nach dem kaukasischen Isthmus in den Jahren 1836,

  1837  und 1838, von Karl Koch, Doctor der Medicin und Philosophie,

  außerordentlicher Professor der Naturgeschichte zu Jena und einiger gelehrten

  Gesellschaften Mitgliede.

  Stuttgart und Tübingen Verlag der J.G. Cotta´schen Buchhandlung 1842 )



(Seite 105 ):

Der Wein hatte seine Wirkung nicht verfehlt und immer lauter wurde die Gesellschaft.

Unter  Begleitung  der  nur  aus  drei  Seiten  bestehenden  Nationalzither, der  Balalaika, wurden die Nationalgesänge und ein Lied zu Ehren des Brautpaares abgesungen.

( ... )

Die Musik der Kosaken, wie im Allgemeinen auch die der Russen, besitzt etwas Eigenthümliches, ich möchte es etwas Melancholisches nennen, was besonders das Gemüth ergreift und leicht weich macht. Ich habe häufig später Gelegenheit gehabt, Gesänge zu hören und nicht allein in den Worten das Gemüth Ergreifendes gefunden, sondern noch mehr schien es mir in dem Tone, in der Stimme des Sängers zu liegen.

( ... ) 

Theodor Basiner, Naturwissenschaftliche Reise durch die Kirgisensteppe nach Chiwa. 1848

 

"Das Dutar gleicht am meisten einer Mandoline.

Der beinahe einen Fuß lange Körper desselben ist von der Form eines Eies, dem man ein Drittel der Länge nach abgeschnitten hat, und geht allmählich in einen zwei Fuss langen und schmalen Hals über, der nach bestimmten  Zwischenräumen  mit  Darmsaiten  umwunden  ist, welche die Querbänder darstellen.

Es hat, wie schon der Name anzeigt, zwei Saiten, welche nach Art der russischen Zither oder Balalaika zugleich mit allen Fingern der rechten Hand angeschnellt werden."


(Dritter Abschnitt Reise auf dem Ustjurt und im Chanate Chiwa bis zur Stadt Taschhaus.

Ankunft in Taschhaus. Eine musikalische Abendunterhaltung S. 108)

 

Vollständige Quellenangabe:

Naturwissenschaftliche Reise durch die Kirgisensteppe nach Chiwa.

Von Theodor Friedr. Jul. Basiner, Dr. phil.

Mit einer Karte und vier Tafeln.

Von der Kaiserlichen Academie der Wissenschaften

des halben Demidow´schen Preises gewürdigt.

St. Petersburg, 1848 Buchdruckerei der Kaiserlichen Academie der Wissenschaften.

Auf Verfügung der Academie. St.Petersburg, November 1848

P. H. Fuss, beständiger Sekretär



Aus:

Beiträge zur Kenntnis des Russischen Reiches und der angrenzenden Länder Asiens - Auf Kosten der Kaiser. Academie der Wissenschaften herausgegeben von K.E.-v. Baer und Gr. v. Helmersen.

Funfzehntes Bändchen Basiner´s Reise nach Chiwa - St.Petersburg, 1848

Im Verlage der Kaiserlichen Academie der Wissenschaften.



 

Wilhelm von Kügelgen (* 20. November 1802 in Sankt Petersburg; † 25. Mai 1867 in Ballenstedt) war ein deutscher Porträt- und Historienmaler, Schriftsteller, Hofmaler und Kammerherr am herzoglichen Hof von Anhalt-Bernburg. Bekannt geworden ist er aber vor allem durch seine posthum veröffentlichten Jugenderinnerungen eines alten Mannes, die ein lebendiges und anschauliches Bild des geistigen und bürgerlichen Lebens der Frühromantik geben. Das Werk erlebte bis heute zahlreiche Auflagen in mindestens 17 Verlagen. (Text zitiert nach wikipedia)

 

Jugenderinnerungen eines alten Mannes

Leipzig, Koehler & Amelang, 1959

Seite 190:

 

Ein junger Kosak spielte die tatarische Leier, die Balalaika, als Meister und sang dazu wie Orpheus. Die anderen tanzten dann und waren dabei so natürlich, daß Rousseau seine Freude daran gehabt hätte. ( ...)

Mir hatte die Balalaika ganz außerordentlich gefallen. Sie klimperte so hell und lustig, und es erschien mir keine Hexerei, sie zu spielen. Ich fabrizierte mir daher auch eine, welche wohl gelang und, wenn auch gerade nicht fürs Auge und noch weniger fürs Ohr, doch ausreichend für mein Bedürfnis war. Ich befestigte nämlich ein Lineal auf eine alte Schachtel und spannte darauf freilich nicht  zwei Saiten, als welche auf eine richtige Balalaika gehören, sondern nur eine, weil mehr nicht aufzutreiben waren.

(...)  Ich hatte ein ganz neues Instrument erfunden, auf welchem ich so viel Geschicklichkeit erwarb, daß Hermann bisweilen, wenn auch mit Anstrengung, die Melodien erraten konnte, die ich vortrug. Die Kosaken lobten mich sehr ausdrucksvoll und legten mir nichts in den Weg, wenn ich den zweiten Diskant zu ihren Tänzen klimperte.

      (Hervorhebung in Fettdruck von mir)