Persische Tanbur. Langhalslaute mit kleinem Rundkorpus. Das "Matrix-Instrument", aus dem die russische Balalaika hervorgegangen ist.

DIE  PERSISCHE  LANGHALSLAUTE  TANBUR:

 

IHRE  DIREKTEN NACHKOMMEN 

INSTRUMENTE  IHRES  TYPS

IHRE  VARIANTEN  ( Decke aus Holz oder Tierhaut )

 

Russische Balalaika aus Holz

Russische Balalaika mit Kürbis-Korpus

Ukrainische Domra

Kasachische Dombra

Ungarische Tambura

Bulgarisch/Mazedonische Tambura

Tamburica (Bosnien, Kroatien, Serbien, Slowenien, Ungarn)

Cifteli (Ciftelia, Qifteli), (Albanien)

Sizilianische Colascione

Griechische Bouzouki

Gusle (Bulgarien, Serbien, Bosnien, gesamter Balkan)

Turkestanische Kopuz

Türkische Baglama

Aserbaidschanische Shirvan tambur

Uigurische Tänbür

Uigurische Dutar

Indische Tanpura

 

Nachfolgend eine (unvollständige) Aufzählung von Instrumenten,

die alle auf den sumerisch/persischen TANBUR-TYP zurückgehen.

Kasachische Dombra. Korpus: flacher Holztrog. Gesamtes Instrument aus 1 einzigen Stück Holz geschnitzt
Kasachische Dombra, 2-saitig. Verschiebbare Bünde. Korpus aus Spänen zusammengesetzt.
Ukrainische Domra = Tanbur mit verkürztem Hals, 3-saitig ("Runde Balalaika")
Ukrainische Domra ("Runde Balalaika"), mit 4 Saiten
Griechische Bouzouki. Tanbur mit fest eingelassenen Bünden, 8-saitig
Tambura. (Tamburica) http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d3/Prim_tambura.png
Sizilianische Colascione. Entstanden im 16.Jhd. aus der Tanbur. Hybride aus Tanbur X Arabische Laute. Mit Knüpfsteg wie bei der arabischen Laute und Wirbel-Schnecke. 24 Bünde. Bildnachweis:http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/22/Colascione.jpg
Usbekische Rebab (russ.: рубаб = Rubab). Auch: Rübab, Rabab, Rewap, Rawap, Robap, Robab, Kockarca, ...) Hier: Kurzhals-Rebab, auch: Rawap soprano
Bulgarische Gusla, ein Streichinstrument mit Decke aus Tierhaut, 1-saitig
Indische Sitar

Lauteninstrumente  mit  flachem  und  mit  rundem  Bauch:

Russische Balalaika und türkische Baglama, beides Nationalinstrumente des jeweiligen Landes, beides Schalen-Langhalslauten in unterschiedlicher Form, gehen auf das selbe historische Instrument zurück: die persische Langhalslaute Tanbur.  Die türkische Baglama hat den Halbkugel-Korpus der Tanbur vertieft, die russische Balalaika hat ihn verflacht.

Flachbauchige Kastenbalalaika mit Zargen und flach-gewölbter mehrteiliger Bodenschale

Die ältesten Tanburen besaßen einen Kürbiskorpus. Später wurde der Korpus aus einem Stück Holz herausgeschnitzt, noch später aus einzelnen Holzspänen zusam- mengesetzt. Die Balalaika hat den gleichen Weg beschritten. Doch während die meisten Schalenkorpus-Lauten der Tanburfamilie ihre bauchige Form behielten und sogar immer stärker in der Tiefe ausprägten, orientierte sich die russische Balalaika am flachen Kasten des Psalteriums, das in Russland Gusli hieß und dort als "Königin der Saiteninstrumente" das Klangideal darstellte. Die flache Korpusform der Balalaika setzte auch Maßstäbe für die größeren Instrumente der Balalaikafamilie. Obwohl sie auf Bassgewinn hin ausgelegt sind, haben nicht etwa eine tiefbauchige voluminöse Form, sondern sind von erstaunlich flacher Bauart. Eine Alto-Balalaika hat oft eine Tiefe von nur 10 cm: das ist weniger als bei mancher Prim-Blalaika.

Die Abbildung oben zeigt eine Prim-Balalaika in betont kastiger Form. Ihre Korpus-Tiefe beträgt 9,5 cm, ihre Deckenbreite 40 cm.

Bei allen Balalaikagrößen ( Piccolo bis Subkontrabass ) beträgt Verhältnismaß Korpustiefe : Korpusbreite fast immer   1 : 4.

Die ukrainische Domra hat das Maß       1 . 2  (das ist das Maß einer Halbkugel)

Die kasachische Dombra hat das Maß    1 : 2  (hier aber ist der Korpus ein Oval)

Bei der türkischen Baglama ist das Maß 1 : 1

Das Verhältnismaß der griechischen Bouzouki liegt zwischen dem der Dombra und der Baglama.

Die russische Balalaika (Andrejew-Balalaika) ist also die flachste bekannte Tanbur-Form, bezogen auf die Korpusbreite. Oft wird das Verhältnismaß sogar noch unterschritten.

Beispiel Alto-Balalaika:  Breite: 47 cm. Höhe: 10 cm.  ( Tendenz zu 1 : 5 ! )

Balalaika. Reine flache Schalenform ohne Zargen. Korpusbreite: 48 cm. Höhe: 12 cm. (Sekund-Balalaika)

Auch wenn die Balalaika sich an dem flachen  K a s t e n  des  Psalteriums  orientiert, so blieb sie dennoch eine Schalenlaute. Zargige  Ausführungen sind eher die Ausnahme. Sehr viele Balalaiken weisen eine betont schalig-gewölbte Form des Korpus auf, die fast einen Kreisbogen einbeschrieben ist und deshalb  einen Kreisabschnitt (= Kreissement)  darstellt.  Das oben-stehende Bild zeigt eine solche Ausführung.

Doch diese Schalenbalalaiken erreichen nie die fast exakte halbrunde Form etwa der ukrainischen Domra. Die Bodenwölbung der dreieckigen Balalaika tendierte nie zum Halbkreis, sondern war stets auf eine geringe Tiefe und einen flachkurvigen Verlauf bedacht.

In ganz andere Richtung verlief der Entwicklungsweg der türkischen Baglama. Der "Bauch" der Baglama wurde mehr und mehr gerundet und vertieft.

Das ging sogar den Griechen zu weit. 400 Jahre standen sie unter osmanischer Herrschaft, aber sie haben ihre "Baglama", die  griechische  Bouzouki, nie mit einem so tiefen Bauch versehen wie die Osmanen bzw. später (ab 1923) die

Der "Mandolinenbauch" der griechischen Bouzouki

Türken. Die Bauchwölbung der griechischen Bouzouki entspricht ungefähr der Form der italienischen Rundbauch-Mandoline.

Das Bildmaterial, das im Internet verfügbar ist, zeigt immer nur die Deckenform der Bouzouki, nie die Ansicht von der Seite, so daß man die Bodenwölbung nicht sieht.  Diese einseitige ungenügende Art der "Dokumentation"  ist leider auch bei der Balalaika

beobachten.

 

Domra. Korpus mit halbrunder Schalenform

Das Bild links zeigt eine Domra, eine "runde Balalaika". Ihr Korpus besteht aus 7 Spänen. Ihre Form stellt einen stark gerundeten, fast halbkugelförmigen Bauch dar. Der Klang der Domra - und auch ihre Bauform - erinnert an eine italienische Mandoline.

Halbkugelförmiger Korpus der Domra. "Kürbisform"

Die nebenstehend abgebildete Domra mit einem 7 Späne-Holz-Korpus weist einen  halbkugelförmigen Bauch auf.

Höchstwahrscheinlich wollte der Holzbau dieser "runden Balalaika" die ursprüngliche Kürbis-Form des Instruments bewahren. Die Domra wurde bis hinein in das 19.Jhd. in den ländlichen Bereichen aus einem halbierten runden Kürbis hergestellt.

Der tiefe runde "Kesselpauken"-Bauch der Baglama

Das größte Bauchvolumen hat die türkische Baglama aufzuweisen. Ein tiefer, stark gerundeter Bauch bedeutet mehr Volumen, bedeutet mehr Bässe und größere Lautstärke. Bei der  türkischen Baglama war  eine  solche  Klang-

gewaltigkeit angestrebt, bei der Balalaika nicht. Sie mußte flach bleiben, damit der "Kastenklang" des Psalteriums, der sich u.a. auch durch seine direkte Ansprechbarkeit auszeichnete, wieder zu erkennen war. Je flacher ein Instrument, desto direkter spricht der Ton an.

 

Die rund-vertiefte Schalen- form der   Baglama  scheint ihr Vorbild in der Form der Kesselpauke zu haben. Deren Urform, die mesopotamische  Pauke Lilissu, ist seit dem 2. Jahrtausend v.Chr. bekannt und in vielen Kulturen verbreitet.

Auch heute noch ist die  Kesselpauke (russ. Литавры) mit ihrem großen tiefen halbrunden Kupferkessel und mit über die Öffnung gespanntem Trommelfell  ein wichtiges, unverzichtbares und imposantes Orchesterinstrument.