3.3.  DIE HOLZGESCHNITZTE BALALAIKA 

        EIN TROG-INSTRUMENT

Frühe Balalaiken, also Tanburen, wurden aus einem einzigen Stück Holz herausgeschnitzt.  Das war der gleiche Herstellungsprozess wie bei einem Trog.

 

Der Rechtecktrog

Tröge im engeren Sinn (Backtröge u.s.w.) haben meist diese Form:

eine Rechteckform in der Draufsicht,

eine Trapezform  im Längsschnitt

eine Trapezform im Querschnitt.

Der Sarg ist ein solcher Trogtyp.

Es gibt auch Särge, die auch in der Draufsicht Trapezform haben. Die oben gezeigte Dombra weist eine solche Trapezform auf.

 

Zwei  Bauarten des Troges : 

Einteilige Holzschale  und  mehrteiliger gezimmerter Kasten

1. Bauart: der Trog ist aus einem Stück Holz herausgehauen (er ist "einteilig").

2. Bauart: der Trog ist "mehrteilig", d.h. aus mehreren Teilen zusammengesetzt.

    Er ist "gezimmert" ( "gezimmert"  =  "Klang-Zimmer", "Resonanz-Raum", 

    "resonatic chamber"). 

In seiner einfachen Form ist er rechteckig, besteht aus einem Bodenbrett, 4 Seitenbrettern und einer aufgeleimten Decke. Ein solcher Trog wird "Kasten"

( = Ящик ) genannt. Ein Kasten kann jede beliebige Form annehmen, die vom Deckenumriß bestimmt wird.

 

Der Trog im Musikinstrumentenbau

 

Trommel  und  Trogzither

Die Instrumentenkunde weist darauf hin, daß der Trog eine Urform vieler Musikinstrumente ist und auf eine lange Tradition zurückblickt:

Trommeln  und  Zithern waren ursprünglich "Trog-Instrumente".

Die Trogzither  gehört  zu  den  ältesten  Saiteninstrumenten, sie ist  eine  Urform  der  heutigen Zither. Mit Trogzither wird bezeichnet ein Instrument, das aus einem ausgehöhlten Baumstamm bzw. einem ausgehöhlter Holzklotz  (Holzblock, Holzscheit)  gefertigt wurde. Das Aushöhlen geschah auf gleiche Art wie bei der Herstellung eines Einbaums, eines Brunnentroges oder eines Futtertroges.

Über die offene Höhlung des Troges wurden Saiten gespannt, meist bestehend aus Tierdarm.

Bemerkung am Rande:

Die  Christenheit  bekennt,  daß  der menschgewordene  Gott  als  kleines  Kind  in  einen Trog (griech. fatne (φάτνη) = Futtertrog, Krippe) gelegt worden ist. Der Trog als göttliches Gefäß!  Eine Würdigung aller Korn-, Mehl- und  Musik-Tröge!

 

Weitere Informationen zu "Trog":  3.1.  TROGZITHER

Trog mit einseitigem Rand,unbedeckt, besaitet. Urform der Trogzither, Kantele, der Gusli (Skizze)
Balalaika. Der Korpus ist herausgeschält aus einem massiven Holzblock. "Nowgoroder Balalaika", "Schaufel-Balalaika" (lopatoobrasnaja balalaika), noch ungedeckt. "Trogzither" mit Hals

BALALAIKA  UND  HOLZTROG

Holz-Trog. Korpus einer Trogzither . Werkzeuge: Dechsel (links). Zieheisen oder Schäleisen (rechts). Длина 100 см. Глубина корыта: 7 сантиметров. Hа корыто сверху кладется резонаторная доска. .

 

 

 

I. DER  KORPUS-TROG 

  (russ.:  КУЗОВ, КОРПУС) (= KUSOW, KORPUS)

  (ital.: CASSA) (engl.: BODY)

 

* DER  BEGRIFF  "TROG" ("корыто")

Der hier verwendete Name  "Trog"  wurde gewählt, weil er auf einen Ur- und Grundtyp des Instrumentenbaus verweist: die Trogzither.

Historische Trogzithern bestehen aus Trögen, die aus einem einzigen Stück Holz herausgehauen bzw. herausgeschnitzt sind.

Nach diesem Bauprinzip sind auch viele historische Balalaiken hergestellt. Sie sind also "Trog-Balalaiken". Im Russischen wird eine solche  Balalaika "Долблёная  балалайка" genannt oder "Балалайка выдолблёная из цельной доски"

(übersetzt:  "Eine aus einem ganzen Stück Holz herausgeschälte Balalaika".

 

Heute wird die Balalaika nicht mehr in dieser Trog-Bauweise hergestellt.

Ein Merkmal der alten Trogform ist aber erhalten geblieben: das schräggestellte Hinterbrett des Balalaika-Korpus: die Sadinka.

Die Sadinka entspricht der kurzen "Trog-Zarge"  eines rechteckigen Troges wie

 

Futterkrippe

Backtrog

Waschtrog

Sarg     

 

Schalentröge  und  Kastentröge 

Vielfach werden für den  Korpus der Balalaika  die Begriffe   "Schale"  oder "Kasten" verwendet.  Diese bezeichnen sowohl hauswirtschaftliches Gerät, sind aber auch   Begriffe der Musikinstrumentenkunde. Schalen und Kästen sind traditionelle Formen von Instrumenten.  Lauten  z.B. werden unterschieden in   "Schalenlauten"  und  "Kastenlauten"

Jedoch  ist  TROG  der übergeordnete und allgemeinere Begriff.  Ein  Trog  kann  sowohl  eine   S c h a l e   sein  (mit gewölbtem Boden)

als  auch ein   K a s t e n  (mit flachem Boden).

 

Löffel und Schaufeln:  Stiel-Tröge

Ein Trog in einer seiner einfachsten Formen ist ein mit einer Mulde versehenes Stück Holz. Ist das Holzstück nicht auf seiner ganzen Länge ausgemuldet, sondern an einem Ende als Stiel ausgebildet, so ist dies ein "Stiel-Trog":  ein Löffel oder eine Schaufel.

Stieltröge können sowohl einen gewölbten als auch einen planen Boden aufweisen.

Ist der Boden plan, dann handelt es sich um einen

 

Flacher Trog mit ebenem Boden:  Pfannentrog

Der Pfannen-Trog ist ein sehr flacher Trog mit ovaler bis runder Form.

Der Boden ist vollkommen plan.

Ein solcher ist im Musikinstrumentenbau häufig anzutreffen, z.B. bei der Kobsa, Bandura, Pipa und vereinzelt auch bei arabischen Lauten.

Die historischen  aus einem Stück Holz herausgeschnitzten Balalaiken werden sowohl Löffeltröge mit schwach gerundetem Boden, - als auch Pfannentröge mit planem Boden gewesen sein (ähnlich der Dombra auf dem nachfolgend gezeigten Foto).

Auch rechteckige Trogformen mit planem Boden kommen vor.

Hier spricht man dann nicht von Pfannentrögen, sondern vom Kastentrog.


Einige kasachische Domren, die aus einem einzigen Stück Holz herausgeschnitzt sind, weisen eine kastige Trogform mit planem Boden auf ("Sarg-Trog")

Bei der Dombra auf dem nachfolgenden Foto ist diese Ähnlichkeit mit einem Sargtrog zu erkennen.

 

 

                  D E R     H O L Z - T R O G

                       ( Деревянное  корыто )

 

Ein Trog wird für vielfache Zwecke verwendet. In fast identischer Form begegnen holzgehauene Tröge als: Körnertrog, Backtrog, Blutschüssel beim Schlachten (Schlachtemolle), Waschtrog, Sarg, als Schiff. 

Der Prahm, ein flaches Lastschiff, hat sehr häufig die Form eines schwimmenden Backtrogs: rechteckig mit schräg stehendem Bug- und Heckbrett.

Neben den oben genannten und vielen anderen Verwendungsarten wird der handgehauene Holztrog auch verwendet als Resonanzkörper für verschiedene  Musikinstrumente. Der Holztrog  (Деревянное корыто) ist die Ausgangsform für viele Saiteninstrumente.

Unter den russischen  Instrumenten gibt es 4 bekannte Saiteninstrumente, die als gemeinsame Urform den Holztrog haben.

Diese 4 Instrumente sind:

 

Gudok                  ( ein Streich-Instrument. "Geige" )

Balalaika              ( ein Zupf-Instrument : Zupf-Laute )

Gusli-Kantele       ( ein Zupf-Instrument: Psalterium)

Jouhikko-Kantele ( ein Streich-Instrument. "Geige")

                                              "jouhi" = ( finnisch ) "Pferdehaar"

 

Деревянное корыто

 

"Trog" ( Деревянное корыто ) meint ganz allgemein ein muldenförmig ausgehöhltes massives Holzstück jedweder Form. Auch der Löffel ist ein Trog .

(lettisch "Löffel" = karote). Das russische Wort für "Trog" lautet "koryto" (koryto). Es bezeichnet ein muldenförmig ausgehöhltes  Holzbrett 

verschiedener Länge, Breite und Stärke.

 

"Koryto" scheint mit dem finnischen Wort  "koura" verwandt zu sein. "Koura" bedeutet "Faust", "Handmulde" "hollow of the hand". Davon abgeleitet ist das finnische Wort "kouru": ausgehöhlt, Rinne, Trog, Schaufel.

 

Ähnlich das lettische Wort "karote". Dieses bedeutet aber "Löffel"

"Tikai Karotes"  ( "Nur Löffel") ist eine bekannte Schnellrestaurant-Kette in Riga für Suppengerichte.

Ein Löffel ist eine längliches Stück Holz,, die nicht auf ganzer Länge, sondern

nur an einem Ende muldenförmig ausgehöhlt ist: 

ein  Trog mit Stiel  bzw. mit Hals.

 

Holzlöffel. Urform der Tanbur-Balalaika.

Von den vier oben genannten Instrumenten hatten zwei ursprünglich Löffelform:

Der Gudok (mit kurzem Stiel) und die Balalaika (mit langem Stiel).

 

Der Gudok     ist eine Laute des Typs "Barbat"  (Kurzhalslaute)

Die Balalaika  ist eine Laute des Typs "Tanbur" (Langhalslaute)

 

Alle vier oben genannten Trog-Instrumente sind von ihrer Gestalt, ihrem Typ und ihrer Verwendung her  sehr unterschiedlich. Gudok und Jouhikko sind Streichinstrumente, Balalaika und Kantele sind Zupfinstrumente.  Die Grundform aber ist immer ein Trog.

 

Drei dieser Instrumente werden auch heute noch vielfach aus einem massiven Holzblock, meist Birkenholz, herausgehauen bzw. herausgeschält:

die Kantele, die Gusli und die Jouhikko.

Die  russische  Balalaika, die ebenfalls früher (in ihrer Holzausführung) auf diese Art hergestellt wurde,  wird heute generell aus separaten ausgesägten und miteinander verleimten Holzteilen zusammengesetzt.  Demgegenüber wrd die  kaukasische  Balalaika  (z.B. die tschetschenische Pondar) auch heute noch aus einem einzigen Stück Holz herausgehauen und hat Trogform.

Ein Trog kann viele Formen haben. In der Regel ist der Längsschnitt eines Troges ein Trapez. Bekanntestes Beispiel: der Sarg.

 

DER  TRAPEZ-TROG

AUSGANGSFORM  FÜR  DIV.  MUSIKINSTRUMENTE

 

Auf der nachfolgenden Skizze sind Idealformen abgebildet. Die faktischen Formen variieren.

Корыто. гусли. кобза. пондар. балалайка
Kaukasische Balalaika: Tschetschenische Pondar. (Draufsicht auf das Instrument)

Die kaukasische Balalaika in der Seitenansicht.

Erkennbar ist eine Sonderform des Troges: die Schaufel

(Lopata), ein zu einem Ende hin abgeflachter Trog:

Mehlschaufel mit sehr spitzwinkliger "Sadinka". Urform der "detschig pondar" (Holz-Pandur). Bei der russischen Balalaika sind die Enden vertauscht.

 

TROG-ZITHERN  UND  TROG-GEIGEN

Trogzither (Schematische Zeichnung). Der Holztrog ist eine Urform vieler Saiteninstrumente (Skizze b.h.mey)
Kantele. Schmaler dreieckiger Trog. Aus einem einzigen Stück Holz gearbeitet. Diese Trogform wird auch als "Sargform" bezeichnet.
Jouhikko. Finnische Geige ("Streich-Kantele") mit deutlich erkennbarer Trogform. Der offene Trog (in Schiffsform) ist mit einer Fichtenholzdecke versehen. Instrumententyp: Jochlaute ( = Leier).

Die Trogzither  Inanga

Neben dem Musikbogen ist der Musiktrog eine Urform der Saiteninstrumente. In Afrika (Ostafrika) wird heute noch eine einfache Trogzither hergestellt und gespielt: die  Inanga (Enanga): ein flacher, aus einem Stück bestehender Holztrog in rechteckiger Form, ca. 1m lang und 25  cm breit. Die beiden Enden (die kurzen Seiten) sind leicht gerundet. 

Die Inanga besitzt - anders als die oben skizzierte Trogzither ( und die Kantele) - kein überstehendes Wirbelbrett, sondern einen umlaufenden stumpfen Rand.

Die 8 -12 Saiten der Inanga sind der Länge nach über den oben offenen Trog gespannt, d.h. die Mensur sämtlicher Saiten entspricht der Länge des Instruments. Zwecks exakter Saitenführung besitzt der Rand auf beiden Seiten Einkerbungen. Die verschiedenen Stimmungen der Saiten entstehen durch je verschiedene Saitenspannung. Die Holzwirbel befinden sich an der Unterseite des Instruments.



Inanga (Enanga). Flache afrikanische Trogzither, 8-saitig. Die kreuzförmigen Einkerbungen im Boden sind keine Schallöffnungen, sondern Verzierungen.
Maurisches Psalterium, Spanien. (Skizziert nach dem Beatus Navarra Codex, 10. Jhd.)

Die Inanga -  langer rechteckiger Trog mit gerundeten Enden

Beim Zitherinstrument Inanga ist die Holztrogform eindeutig zu erkennen.

Ihre Trogform entspricht der Form der heute noch gebräuchlichen Teigmulden (Backmulden, Fleischermollen) Die Inanga besitzt keine Holzdecke, sie ist ein oben offener Holztrog mit über die Öffnung gespannten Saiten.

Bringt man bei der Inanga an einem Ende einen langen Holzstab an, dann erhält man ein maurisches Psalterium, so wie es in einer alten spanischen Buchmalerei des 10. Jhds. dargestellt ist.

 

Auch bei der  nordrussischen und finnischen  Kantele  ist die zu Grunde liegende Holztrogform noch gut erkennbar, auch wenn die Trogöffnung abgedeckt ist.

Besonders gut erkennbar ist der Trog bei unten offenen Kantelen: sie stellen einen "umgedrehten" Trog dar, bei dem die Saiten über den Trogboden gespannt sind.

Der Trog-Boden  ist die Instrumentendecke.

 

Die Kantele - Dreieckiger pyramidenförmiger Trog

Die Trogform der Kantele ist nicht rechteckig (wie bei der Inanga: siehe Skizze), sondern hat eine Fächerform: ein Rechteck, das sich zu  einem Ende hin verjüngt. Diese Form ergibt sich aus dem Saitenfeld: die Saiten der Kantele  verlaufen nicht (wie bei der heutigen afrikanischen Trogzither) parallel, sondern sie gehen von der Saitenaufhängung (Varras) aus  strahlenförmig auseinander.

Der Trog, indem er die Form des Saitenfeldes aufnimmt, erinnert an einen Sarg ("Trogsarg"). Das  Deckbrett ist mit dem Trogkasten nicht deckungsgleich, sondern steht über. Dadurch verdeckt es die Sargform und erinnert wegen seiner Schräge an einen  Vogelflügel. Deshalb zählt die Kantele auch zur Gruppe der "krylovidnye  gusli" ("flügelförmige Gusli") und wird auch so benannt.

 

Die Kantele ist in Finnland sehr verbreitet, ebenso im Norden Russlands, besonders in Karelien. In Estland ist sie unter dem Namen "Kannel" bekannt.

Die Kantele/Kannel wird in verschiedenen Umrißformen und Größen gebaut. Heute wird sie nicht mehr (oder sehr selten ) aus  e i n e m  Stück geschnitzt, sondern aus mehreren Teilen zusammengesetzt (Zarge, Deckbrett, Bodenbrett). Normalerweise ist der Korpus oben  u n d  unten  mit je einem Resonanzbrett versehen. Es gibt aber auch, wie bereits erwähnt, Kantelen, die unten offen sind.

 

Balalaika, aus einem Stück Holz geschnitzt ( "Nowgorod-Balalaika" ) : Schmaler Trog mit Hals. Paddelform. Der dreieckige schmale Korpus entspricht der Trogform der Kantele.
Andere Trogform. Domra ("Balalaika"), Kasachstan. Gänzlich aus 1 Stück Holz geschnitzt, gedeckt.

корыто  =  Wassertrog, Backtrog, Schiff und Sarg

 

Das folgende Foto und die unten stehende Skizze zeigen die einfache Urform des Troges: einen ausgehöhlten Baumstamm, der z.B. als Quellwasserbehälter dient.

Quellbrunnen (Rammert,Tübingen)
Brunnentrog ("Einbaum")

Brunnentrog.

Das obere Foto und die nebenstehende Skizze zeigen eine Urform des Troges: einen handgehauenen ausgehöhlten Baumstamm. Er wird verwendet als

Brunnen  ( z.B. als Tier-Tränke: beide Ende sind hier stumpf abgesägt, geschlossen. )

 

 

 

In gleicher Form wie der Quellwasser-Brunnen diente der Trog als  Schiff  ( sog. "Einbaum-Boot"). Hier wurde meist das eine Ende strömungsgünstig angespitzt

(= Bug ). Das Heck blieb entweder stumpf (Senkrechtschnitt oder Schrägschnitt), wurde leicht gerundet   oder ebenfalls (wie der Bug) angespitzt.

Die gleiche Form wie das Einbaum-Boot hatte häufig auch der  Baum-Sarg.

Die häufigste Verwendung erfuhr der Trog als Körner- und Backtrog zur Aufnahme von Nahrungsmitteln. Die Verwendung als Sarg deutet in die gleiche Richtung:

Sarg = Kurzform von "Sarkophag" = "Fleischfresser": Der Bestattungstrog selber "frißt" den menschlichen Leichnam auf, der in ihn hineingelegt wird.

Tröge, die als Musikinstrument verwendet werden, tun das Gegenteil: sie sind nicht Werkzeuge der  Vernichtung, sondern der Kreativität, des Erschaffens von Leben.

Musik als Leben.

 

 

Der Futtertrog

 

Futtertröge, die im Freien stehen, sind meist überdacht. Das Dach ruht auf senkrechten Ständern, zwischen die der Futtertrog eingefügt wird. Aus diesem Grund werden bei Futtertrögen die Stirnwände nicht schräg, sondern gerade gestellt. Siehe das folgende Foto.

Futtertrog (unten) mit Heurupfe (oben). (Rammert. Tübingen)

Der Trog als Musikinstrument

 

Bekannt ist die Trogzither, die aus einem ausgehöhlten flachen Holzbrett besteht.

Über die Öffnung diese Holzschale sind Saiten gespannt.

Dieser Trogzither ähnelt die Trog-Geige der finno-ugrischen Wepsen.

 

Die "Einbaum-Troggeige" der finno-ugrischen Wepsen

Das Volk der der Wepsen besitzt eine Streich-Trogzither, die in ihrer Form an eine Einbaumboot oder einen Baumtrog-Brunnen erinnert.  Jedoch sind bei der wepsischen Zither die Enden offen. Das Instrument besitzt also Rinnenform.

Das russische Wort "koryto" bezeichnet sowohl eine ausgehöhlte, rundum durch einen Rand begrenzte Mulde im Holz (=Trog), als auch das Flußbett (=Rinne).

 

Die Bezeichnung "Zither" für dieses wepsische Instrument ist eigentlich nicht korrekt, denn das Instrument der Wepsen  ist kein Zupf- sondern ein Streichinstrument und als solches mit dem russischen Gudok und der finnischen Jouhikko verwandt.

 

Das wepsische Streichinstrument ist ein "Wölbbrett-Instrument" und weist somit eine Formverwandschaft  mit dem japanischen Koto auf, einem Zupfinstrument. Beim wepsischen "Wölbbrett-Gudok" verlaufen jedoch die Saiten auf der konkaven Seite, also im Inneren der Rinne, beim japanischen Koto sind die Saiten über die konvex  gewölbte Oberseite gespannt: die Saiten liegen also außen.

Der Instrumenten-Korpus des wepsischen Smyk wird aus einem der Länge nach halbierten und ausgehöhlten Birkenholzstamm bzw. Birkenholz-Ast hergestellt.

 

Die Wepsen ( Вепсы), bei denen dieses Instrument in Gebrauch ist, sind eine finno-ugrische Volksgruppe in der Gegend von Ladoga- und Onegasee  im Norden Russlands.

Trog-Geige der finno-ugrischen Wepsen. Ein 4-saitiges Streichinstrument aus Birkenholz. "gestrichene Wölbbrettzither"

Die wepsische Trogzither ist eine Streich-Zither ( вепские смычковые гусли ) und ist verwandt mit der finnischen Streich-Kantele "Jouhikko", nur ist die Form eine gänzlich andere. 

Das wepsische Streichinstrument ist ein der Länge nach halbierte Birkenast oder  Birkenstamm von ca. 1 Meter Länge. Der halbierte Stamm wird auf seiner gesamten Länge "entkernt". Dadurch entsteht ein Halbrohr (halfpipe), eine Rinne mit U-Profil. Die Enden bleiben offen.

In das Halbrohr, etwa bei 2 Drittel der Länge, wird ein Saitensteg hineingestellt, von der Form her vergleichbar mit einem Kontrabass-Steg. Die vier Saiten werden über diesen Steg geführt.

Die wepsische Trogzither  wird nicht gezupft, sondern wie die finnische Jouhikko mit dem Bogen gestrichen.

 

Die Trog-Kantele

Bei der Kantele ist der Herstellungsprozess ein anderer. Hier ist ist die ursprüngliche Ast- oder Stammform nicht mehr erkennbar. Der Kantele-Korpus wird aus einem kleineren Stück Baumholz von etwa 60 cm Länge herausgeschält. Das Stück Holz erhält eine schmal-dreieckige Kastenform.

 

Interesssant ist das Längsschnitt-Profil der Kantele. Hier ist die alte bekannte Form des Backtrogs oder der Teigmulde erkennbar. Der traditionelle aus einem einzigen Stück Holz gerfertigte Backtrog ist ein "Kasten" mit rundum verlaufenden  schräg gestellten "Zargen".

Die Kantele weist ebenfalls diese Schrägstellung auf , jedoch nur am am Anfang und Ende des Korpus ( an "Bug" und "Heck"). Die Wände der langen Seiten hingegen verlaufen rechtwinklig zu Decke und Boden (wie bei Gitarre und Geige).

 

Trog-Geometrie: das Trapez

Die Balalaika hat - im Vergleich zur Kantele - die Trogform am reinsten bewahrt: hier sind, wie beim Trog, alle Wände schräg gestellt, am auffälligsten die Hinterwand.

Die Trog-Geometrie wird beherrscht durch das Trapez.

Der Trog (in der Form des Backtroges)  besitzt sowohl einen  trapezförmigen  Querschnitt, als auch einen trapezförmigen  Längsschnitt.

Auch bei der Balalaika ist die Trapezform ein prägendes Korpusmerkmal.

(Anmerkung nebenbei: Sogar die angebliche Dreiecksform der Korpusdecke entpuppt sich - geometrisch genau genommen - als ein sehr spitz geformtes symmetrisches Trapez.)

 

Backtrog  und  Trogzither

Die Urform der Kantele ist die  Trogzither, die aus einem einzigen Stück Holz  hergestellt wurde.

Trogzithern sind von der Form her identisch mit Form von Backtrögen. Vermutlich waren die ersten Trogzithern nichts anderes als solche Backtröge (Teigmulden) mit über die Öffnung gespannten Saiten.

(siehe Skizzen oben: "Trogzither" und Inanga").

Daß Haushaltsgeräte als Musikinstrumente verwendet bzw. zu solchen umgebaut wurden, dafür kennt die Instrumentengeschichte viele Beispiele.

 

Die afrikanische Inanga stellt einen solchen flachen Trog dar.  Holztröge dieser Form  sind in ganz Europa anzutreffen. Sie wurden verwendet, um Mehl- und Wurstteig zuzubereiten. Für diesen Zweck waren die Tröge meist flach.

 

Der Holztrog bzw. die Holzmolle:

Gebrauchsgegenstände für Bäckerei und Schlachterei

 

Im Deutschen haben diese Tröge folgende Bezeichnungen:

 

Mehltrog

Mehlwanne

Teigtrog

Teigmulde

Teigmulle

Backmulde

Backmulle

Bäckermulle

 

Fleischermolle

Schlachtemolle

Blutmolle

Wurstmulle

Schlachtewanne

Blutwanne

 

Die ältesten archäologischen Funde von Trögen in Russland stammen aus dem 10. Jhd. aus Nowgorod.

In Russland wurden Tröge auch verwendet als

Waschzuber und in der Bierbrauerei zum Ansetzen der Maische und zum Abkühlenlassen des Bieres.

 

Russische  Synonyme  für "корыто"


Die nachfolgend aufgeführten Begriffe sind entweder auf die Form oder auf den Verwendungszweck des Troges bezogen.

( Quelle:  Wörterbuch von Dal,  Etymolog. WB von Vasmer, wikipedia ru, )

 

 

жёлоб         Die Rinne

калгашник 

калгашка   (калгушка = die Hälfte einer Melone. Max Vasmer, REW)
кaлган         Die Holzschüssel, Kowsch  ( allgem.:  грубой выделки посудина)


колган         (turko-tatarisch): Holzgefäß,  - schüssel.

калда

калюх

 

колода       (Baumstamm, Balken, Rinne aus ausgehöhltem Baumstamm)

                   (evtl. davon abgeleitet:  "колодец" =  der Brunnen)

комья         (комей = Boot aus einem Baumstamm)

коняга 

комяга        (Boot aus einem Baumstamm)

кормяга      (von кормить = füttern)

кормушка  (Futtertrog) кормушка

ясли           (Futterkrippe)

вяслы

каптух

лохань           ( лохань = Kübel, Zuber, Waschbecken)

русло             (Flußbett, im Sinne von "Rinne")

лубня             (лубянка = Korb, Mulde, Rinne aus Bast (луб).

бельемойка   (Wäschespülbecken)

дрожженик   (дрожжи = Hefe) (Sie läßt den Backteig aufgehen)

 

(Quelle: История слов и вещей, автор Марина Никифорова)

 

Der Trog (корыто) ist in vielen Varianten anzutreffen. Die einfachste Form des Troges ist ein ausgehöhltes Stück Holz ohne überstehenden Rand und ohne Stiel, so wie ein Quellwassertrog oder ein Einbaum-Boot.

Aus praktischen Gründen wird vielfach ein überstehender Rand herausgearbeitet zum Transportieren des Troges.

Im Grunde sind Löffel und Kellen auch "Tröge":  kleine flache Tröge mit Stiel.

Tröge dienten als:

 

Brunnentrog

Boot  (Schwimm-Trog)

Waschtrog

Futterkrippe

Körnertrog

Mehltrog

Backtrog für die Teigbereitung

Musik-Instrument

Kinderwiege  (детский люлька-колыбель)

 

Sarg  ("Baumsarg", "Trogsarg")

 

Ein russisches Rätsel lautet:

Welches Holzteil haben Balalaika und Sarg miteinander gemeinsam?

 

Das hintere (untere) Fußbrett, die Sadinka!

Auch wenn es makaber klingt: die Sadinka, also das hintere schräg gestellte Brett der Balalaika kann als das Fußbrett eines Sarges definiert werden.

Der Sarg ist wie der Korpus der Balalaika ein Trog.

 

                             Ein russisches Rätsel lautet:

                             Несут корыто, другим покрыто ?

 

          ("Sie  tragen einen Trog, der von einem aanderen Trog bedeckt ist"    

 

                          Die  Auflösung:

 

Backtrog, Sarg  und  Balalaika

 

Die Sadinka der Balalaika  und  die Geometrie des Backtrogs

Die Verwandschaft von Backtrog und Musikinstrument ist erwiesen. Diese Verwandschaft könnte auch die Erklärung liefern für ein besonderes Bau-Merkmal der Balalaika: die auffällige Schrägstellung der Sadinka (des Heckbrettes).

 

Die Schrägstellung der Sadinka

Die Schrägstellung des Hinterbretts der Balalaika ist bisher noch nicht befriedigend erklärt worden.

Die "Trog-Vergangenheit" der Balalaika (Schnitztrogbalalaika) könnte eine Erklärung für diese Schrägstellung sein. Schnitzer von Musikinstrumenten wie Balalaika oder Kantele waren zugleich auch Schnitzer von Backtrögen und anderem hölzernen Haushaltsgerät. Es handelt sich hier um die gleiche handwerkliche Kategorie.

Domra, Kasachstan. Gänzlich aus 1 Stück Holz geschnitzt. Korpus: Flacher Trog, gedeckt.
Gezimmerter Trog. Typisch: Die Schrägstellung der Zargen. Die Sadinka der Balalaika (das Hinterbrett) weist die gleiche Schrägstellung auf. Geometrische Flächenform: Trapez. Backtrog, Kuchenform, Waschtrog, Sarg.
Die Sadinka (das schräg gestellte Hinterbrett) der Balalaika entspricht der schrägen Stirnwand eines geschnitzten bzw. gezimmerten Holztrogs. Holztröge waren vielfach Urformen von Musikinstrumenten
Balalaika, 5-spänig, mit erkennbarer Trog-Form
Задинка. Sadinka einer Kastenkorpus-Balalaika. Erkennbar als Querschnittform ist das Trog-Trapez.

 

DER KUSOW = EIN TROG ( КОРЫТО )

Holzbautechnisch ist der Kusow nichts anderes als eine Bauvariante des Troges, nämlich ein aus mehreren Holzteilen zusammengesetzten Troges.

Das russische Wort für Trog lautet  корыто.

Folgerichtig wird  heute noch im Russischen die  Auto-Karosserie, der kusow,   als  корыто (= Trog)  bezeichnet.

 

Flachbodentrog und Wölbschalentrog

Es gibt Flachboden-Tröge (Pfannen) und Wölbboden-Tröge ("Rundbauch").

Die heutige Balalaika hat stets einen Wölbboden (Wölbschale), zusammengesetzt aus Holzsegmenten.

 

DER  DAUBEN -TROG

Eine Sonderform des zusammengesetzten Troges ist das Fass ( Бочка ).

Die einzelnen Segmente des Fasses heißen Dauben  ( клёпки ) . 

Das Fass stellt somit einen "Dauben-Trog" dar.

 

DAS  BALALAIKA-FASS 

Zur Bezeichnung der  Holzbau-Elemente (Segmente), aus denen der  Kusow-Korpus (=Resonanzkasten der Balalaika) zusammengesetzt ist, verwendet die russische Sprache das Wort   к л ё п к а  =  D a u b e ,   F a ß d a u b e .


Hier liegt zu Grunde die Vorstellung des Balalaika-Korpus als eines in Fass-Bauweise hergestellten Troges. Oft wird ein ausgedientes Weinfass längs halbiert und wie ein aus einem Stück Holzstamm herausgehauenen Troges verwendet:

heute noch als Trog verwendet:

z.B. als Brunnen,  als offene Truhe,  als Futterkrippe für Tiere,  als Pflanzgefäß.

 

Vergleichbares  Konstruktionsschema:

Botschka  und  Balalaika

Балалайка и Бочка. Balalaika mit Dauben-Korpus ("Halbfass-Balalaika").

Balalaika und Botschka: die Sadinka

Das Bauprinzip der Dauben-Bauweise ist bein Fass (Botschka) und der Balalaika das gleiche. Doch gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen "Balalaika-Fass" und Weinfass unterscheidet:

der hintere bzw. untere Korpus-Abschluss: die Sadinka ("hinterer Teil")

Sadinka

Das Fass ist eine Sonderform des Troges. Es besitzt nicht nur eine geschlossene Bauweise, sondern ist auch dazu gedacht, a u f r e c h t  zu stehen und aufrecht gelagert zu werden.

Backtröge und Särge, die die Normalform von Trögen repräsentieren, waren nicht für diese aufrechte Lage bestimmt; deshalb besitzen sie auch keinen senkrechten Brettabschluss wie sie die Fassdeckel darstellen. 

Backtröge und Särge stellen in der Seitenansicht ein Trapez dar, das Fass ist in der Seitenansicht in ein Reckteck eingefügt.

Ein wichtiges Merkmal von Backtrögen und Särgen sind  ihre schräggestellten Stirnbretter ("Trapez-Schenkel") . Die Balalaika orientiert sich an dieser Normalform des Troges.

Die Sadinka der Balalaika entspricht in seiner Schräge dem Stirnbrett des Backtrogs bzw. dem Fußbrett des Sargs.