5.0 MUSIKINSTRUMENTE IN DREIECKIGER FORM
Während andere Saiteninstrumente, wie z.B. die Violine, ausgeklügelte gerundete und kurvenreiche Korpusformen besitzen, präsentiert sich die Balalaika in einer puristischen D r e i e c k s f o r m .
Diese Form hat eine lange Tradition. Sie verweist auf 2 uralte Musikinstrumente:
A : H a r f e ( Winkelharfe und Rahmenharfe )
B : D r e i e c k s - P s a l t e r i u m ( Brett und Kasten ).
Die "Musikdreiecke" Winkelharfe und Rahmenharfe gehören zu den ältesten archäologisch bezeugten Musikinstrumenten. Das nachfolgende Bild zeigt eine Rahmenharfe.
Ein "Musikdreieck"
aus dem
3.Jahrtausend v. Chr.
Rahmenharfe
Figur (Idol) eines Harfenspielers, Marmor, 22,5 cm groß. (Archäologisches Nationalmuseum Athen)
Fundort: Kykladeninsel Keros ( griech. Κέρος), nahe der Stadt Keos.
Idol aus der Kykladen- kultur Griechenlands.
Ca. 28. - 23. Jhd. v. Chr.
Der Harfenspieler von Keros ist einer der ältesten Darstellungen eines Musikers über- haupt.
Die dreieckige Rahmen- harfe ist auf dem rechten Schenkel aufgestützt und wird von der rechten Hand gehalten. Die linke Hand zupft die Saiten.
Harfenspieler von Keros.
Idol (=abstrahiertes Bildwerk) aus der Kykladenkultur der Bronzezeit des 3. Jahrtausend v. Chr.
Bildnachweis:
http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AHarp_player%2C_Cycladic_civilization_-_Greece.JPG
Mit dem Dreiecksinstrument "Harfe" verbindet die Balalaika außer der Dreiecksform und der Feststellung, daß beides Zupfinstrumente sind, wenig Gemeinsames.
Mehr Gemeinsamkeiten gibt es mit einem anderen Typ von "Musik-Dreieck": dem Psalterium.
Dreiecks-Kästen : Psalterium und Balalaika
Balalaika, Psalterium (Gusli) und Harfe sind drei grundsätzlich verschiedene Instrumententypen. Gemeinsam ist ihnen das Dreieck. Beschreibung:
Harfe: dreieckiges Saitenfeld i n einem dreieckigen Rahmen
Psalterium : dreieckiges Saitenfeld ü b e r einem dreieckigen Kastenkorpus
Balalaika: rechteckiges Saitenfeld ü b e r einem dreieckigern Schalenkorpus.
Bei Harfe und Psalterium ist die Umrissform des Gesamt-Instruments auf das Saitenfeld bezogen:
Das Saitenfeld ist dreieckig, der Korpus-Umriss nimmt an dieser Form Maß.
Die Balalaika hat kein dreieckiges Saitenfeld. Sie ist eine Laute , und hat deshalb ein lang-rechteckiges Saitenfeld gleich-langer Saiten (wie die heutigen Lauten: Gitarre, Mandoline, Violine, Banjo, Ukulele u.a.).
Ein langgestrecktes Saitenfeld mit Saiten gleichlanger Mensur macht einen Dreieckskorpus nicht bautechnisch zwingend erforderlich.
Der Dreieckskorpus der Balalaika kommt aus einer "anderen Welt". Er entspricht dem dreieckigen Korpus des Gusli-Psalteriums und hat an ihm Maß genommen. Er ist von der Gusli übernommen worden, um die Klangeigenschaften der Gusli für die Balalaika zu übernehmen. Es entstand ein Hybrid-Instrument mit den Eigenschaften sowohl der Laute als auch des Psalters.
Druck und Zug auf die Decke
Harfe und Laute (Balalaika) gehören zwei verschiedenen Instrumententypen an, die auf verschiedene Art eine Instrumentendecke zum Schwingen bringen:
Psalterium und Balalaika : Die Saiten d r ü c k e n auf die Decke
Harfe : Die Saiten z i e h e n an der Decke
Vom Instrumententyp her ist die Balalaika mit dem Psalterium, also der Gusli, mehr verwandt als mit dem Dreiecksinstrument Harfe. Die Harfe hat eine gänzlich andere Schwingungserzeugung als Psalterium und Laute.
Bei der Harfe laufen die Saiten von der Resonanzdecke weg: sie "ziehen" an der Decke und versetzen sie so in Schwingung.
Bei Psalterium und Balalaika laufen die Saiten parallel zur Resonanzdecke über einen Steg. Durch diesen "drücken" die Saiten auf die Decke.
Auch der Klang der Harfe ist von anderer Art als der von Psalterium und Balalaika, weil hier die angezupfte Saite mit so großer Kraft auf die Deckenmembran wirkt, dass die schwingende Deckenmembran die anderen, nicht gezupften Saiten mit in Schwingung versetzen. Dadurch entsteht ein "Chaos-Klangbild", das den typischen Harfenklang ausmacht und als schön empfunden wird.
Bei Psalterium und Balalaika wird die Saitenschwingung p e r S t e g auf die Decke übertragen - und nicht direkt. Gemäß dem Kräfteparallelogramm ist hier die Kraftwirkung auf die nicht gezupften Saiten sehr gering. Psalterium und Balalaika werden deshalb nie das Klangbild einer Harfe erreichen.
Das Harfen-Dreieck
Die Winkelharfe
Sie besitzt nur 2 Dreiecksseiten und hat die Form des Buchstabens V. Das Dreieck wird gebildet durch ein o f f e n e s dreieckiges Saitenfeld.
Ein Schenkel des Winkels ist meist als Hohlkasten ausgebildet (Resonator) oder es wird an einen Schenkel ein Resonanzgefäß (z.B. Kürbis) angesetzt.
Die Rahmenharfe
Manche Harfen bestehen nur aus einem dreieckigen Rahmen, eine Resonanzdecke im Rahmen ist nicht vorhanden. Die Saiten sind direkt am starren Rahmen befestigt.
Von der Rahmenharfe zum Psalterium
Es gibt einen sehr einfachen Weg, diese Harfe in ein Psalterium zu verwandeln: Man legt das Instrument auf ein Brett, z. B. eine Tischplatte, die mit umlaufenden Zargen versehen ist. Diese Platte stellt einen offenen Resonanzkasten dar.
Will man die Harfe dauerhaft als Psalterium verwenden, so fertigt man einen eigenen Resonanzkasten in der Umrißform der Harfe, also in dreieckiger Form, an und verbindet diesen mit der
Harfe.
Die Saiten dieses so entstandenen Psalteriums laufen parallel zur Kastenoberfläche.
Auf die echte Harfe, bei der die Saiten eine Zugkraft auf die Resonanzdecke ausüben, soll hier nicht weiter eingegangen werde. Sie ist nur interessant wegen ihrer Dreiecksform, hat aber sonst mit der Balalaika wenig zu tun.
Anders verhält es sich beim Psalterium. Hier läßt sich ein Zusammenhang mit der Balalaika feststellen.
Der Hinweis auf die Ähnlichkeit der Korpora beider Instrumente ( dreieckige Decke!) ist zuerst eine rein akademische Feststellung. Sie gibt in keiner Weise das Recht, auch einen historischen Zusammenhang zu behaupten.
Darf man zwischen Balalaika und Psalterium außer der Formähnlichkeit eine weitere Beziehung postulieren?
Gesetzt den Fall, ein dreieckiges Psalterium wäre nur auf der Insel XY im Südpazifik bekannt, die mit Russland keinerlei Verbindungen kennt, dann verbietet es sich, einen Einfluss auf die russische Balalaika anzunehmen oder den Gedanken eines Zusammenhangs auch nur in Erwägung zu ziehen, nur weil zufälligerweise beide Instrumente dreieckig sind.
Wenn man aber den Beweis erbringen könnte, daß das Psalterium in Russland bekannt oder verbreitet oder vielleicht sogar dort gespielt wurde, dann ist aufgrund der regionalen Nähe eine historische Verbindung gegeben und eine gegenseitige Einflussnahme zwischen Balalaika und Psalterium sehr wahrscheinlich.
Psalterium : Russisches Nationalinstrument
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Das Psalterium war in Russland bekannt und dort viel gespielt. Unter dem Namen Gusli war es das verbreitetste Saiteninstrument, ja mehr noch: es war d a s russische Nationalinstrument im 12. Jhd. und auch noch (oder wieder) im 19. Jhd.
Die Gusli trat in einer großen Formenvielfalt auf, ihre Grundform aber war stets das Dreieck.
Wie kam die Gusli zu ihrer Dreiecksform?
Wieso ist das Psalterium dreieckig ?
Exakt dreieckige Psalterien sind sehr selten, denn Saiten von 1 cm Länge werden nicht gebraucht. Die Normalform des Psalteriums ist das Trapez, also ein "gekapptes" Dreieck. Das Dreieck ist die Idealform, in die das Psalterium einbeschrieben ist.
Das dreieckige Saitenfeld
Aussage 1: Die Physik bestimmt die Form des Saitenfeldes
Aussage 2: Das Saitenfeld bestimmt die Korpusform
Aussage 3: Die Korpusform beeinflußt den Klang
Aussage 1: Die Physik bestimmt die Form des Saitenfeldes
Zwei Dreiecks-Saiteninstrumente haben eine sehr lange Geschichte:
Die Harfe
Die Zither.
Man nimmt an, daß die Harfe das ältere Instrument ist. Die Harfe gibt es in den Ausführungen Bogenharfe, Winkelharfe und Rahmenharfe. Die Winkelharfe kann als Sonderform bzw. Weiterentwicklung der Bogenharfe angesehen werden.
Die Bogenharfe wiederum ist aus dem Musikbogen entstanden.
Alle drei Harfen-Formen weisen ein dreieckiges Saitenfeld auf:
die Bogenharfe : gleichseitiges Dreieck,
die Winkelharfe : rechtwinkliges Dreieck,
die Rahmenharfe : variable Dreiecksform.
Das dreieckige Saitenfeld ist funktional bedingt.
Es folgt dem physikalischen Prinzip der Tonerzeugung schwingender Saiten.
Auf eine einfache Formel gebracht lautet es:
kurze Saite - hoher Ton,
lange Saite - tiefer Ton.
Mehrere Saiten, die in abnehmender Länge (von tief nach hoch) parallel nebeneinander angebracht sind, bilden ein Dreiecksfeld:
Die Physik, in diesem Fall die Gesetze der Akustik, bestimmt die Geometrie.
Das Klangdreieck kann gebildet durch Röhren, die angeblasen werden oder durch Stäbe, die angeschlagen werden:
Pfeifen: Orgelpfeigen und Panflöte (Ton durch Anblasen der Röhren)
Klingende Stäbe: Stäbe aus Holz (Xylophon), Metall, Glas, Wachs, Plastik u.a.
Klingende Röhren: Tubular bells (Tonerzeugung durch Anschlagen der Röhren)
Saitenfeld - Korpusform - Deckenform
Bei der Panflöte formen die tonerzeugenden Röhren selber den Gesamt-Klangkörper. Bei Saiteninstrumenten ist dies anders. Die Form des Instrumentenkörpers braucht nicht immer der Dreiecks-Form des Saitenfeldes zu folgen oder sogar mit dem Dreiecksfeld deckungsgleich zu sein.
Oft ist dies der Fall, aber die Form der Instrumentendecke ist frei wählbar.
Es muss unterschieden werden zwischen Korpusform und der Form der Decke.,
Oft überragt die Decke den Korpus. Das nachfolgende Bild zeigt ein Instrument, bei dem dies der Fall ist: eine in Russland sehr beliebte Form der Flügel-Gusli mit geschweifter
Deckenform.
Die Deckenform dieser krylovidnyje gusli gleicht einem Rechteck, aber der Resonanzkasten auf der Unterseite besitzt Dreiecksform und folgt dem Saitenfeld.
Die finnisch/karelische Kantele dagegen hat auch auf der Deckenseite die Dreiecksform stets beibehalten (siehe Foto weiter unten).
Geometrisches Bild und Klangbild
Das flache dreieckige kastige Psalterium präsentiert nicht nur ein unverwechselbares geometrisches Bild, sondern erzeugt auch ein ebenso unverwechselbares Klangbild: den "Dreiecks-Kasten-Klang", den typischen Zitherklang.
Die Klangfarbe eines dreieckigen Kastens ganz anders geartet als z.B. der Klang eines gerundet-taillierten "Lemniskat-Kastens" , wie ihn Violine und Gitarre besitzen oder der Kastenklang einer rechteckigen Trogzither.
Der "Dreiecksklang" ist Teil der russischen Musiktradition. Im 12.Jhd. hat dieser Klang in Nowgorod das russische Gehör geprägt, die Sinne betört und die Herzen erobert. Es war der Klang der Gusli, des russischen Psalteriums. Die Gusli wurde d a s russische Nationalinstrument.
3.Die dreieckige Korpusform formt zugleich auch den Klang (Psalterium)
Der Klang-Charakter des dreieckigen Psalteriums übte immer schon auf die Ohren der Zuhörer eine Faszination aus. Das Klangbild wurde als schön empfunden und als "dulce melos" beschrieben ("süßer Klang").
Die engliche Terminologie verwendet heute noch für das (geschlagene) Psalterium die Bezeichnung " hammered dulcimer ".
In Russland wurden wahre Lobeshymnen auf den Klang der Gusli (so wurde das Psalterium dort genannt) angestimmt. Im 12. und im 19. Jhd. galt es als das russische Nationalinstrument. Auch heute wird es wieder immer häufiger gespielt. Das Gusli-Psalterium verzaubert(e) alle seine Zuhörer. Sein Klang mit dem langen "sustain" erinnert an Glocken und besonders an die in Russland sehr beliebte Art des Glockenspiels mit handgesteuertem Spiel-Klöppel.
In der Dreieckskorpusform des Psalteriums ist sogar eine Glockenform erkennbar. Die schlemovidnye gusli, die helmförmige Gusli könnte ebenso als glockenförmige Gusli bezeichnet werden.
Auch die Balalaika mit ihrem gusliförmigen Korpus stellt eine stilisierte Glocke dar:
Das Dreieck ist der Glockenkelch, der Hals der Glockengriff.
4.Der "Dreiecks-Klang" erfordert einen Dreiecks-Korpus (Balalaika)
Die Balalaika ist ein Lauteninstrument mit ehemals ovalem oder rundem Korpus. Sie ist entstanden aus der persischen Tanbur, die anfangs aus einem Kürbis gefertigt war. Als die Balalaika aus Holz geschnitzt wurde, veränderte sich ihre Korpusform: sie wurde mehr und mehr zu einem Dreieck und damit von der Form und vom Klang her dem Psalterium ähnlicher.
Die Dreiecksform wurde nicht durch die Schnitztechnik bewirkt: diese war an anderen Vorbildern und Formen orientiert: Rechteckige Tröge, ovale Löffelform, trapezförmige Schaufelformen (lopata-Formen).
Vorbild für den Dreieckskorpus war das Psalterium. Anknüpfend an die Schaufelform wurde das Trapez der Schaufel zum Dreieck des Psalteriums verbreitert.
Die Balalaika sollte so klingen wie das Psalterium, die Gusli.
Das Saitenfeld der Balalaika war für diese Umgestaltung nicht maßgebend. Seine Form ist ein langgestrecktes schmales Rechteck.
Die Dreiecksform der Balalaika ist nicht funktional, sondern tonal zu erklären. Die Tonalität des Psalterium war das Maß.
Die Balalaika wolllte nicht hinter dem "Dreiecks-Klang" des Psalteriums, der Gusli, zurückstehen, sondern diesen Klang erreichen und - ebenso wie das Psalterium - einen " dulce melos " hervorbringen, mit dem das Psalterium die Ohren und Herzen seiner Zuhörer von jeher verzauberte.
Der "dulce melos-Klang" war in Russland eindeutig assoziiert mit der Gusli. Sie besaß einen flachen Korpus mit annähernder Dreiecksform.
Die kleinen Oval- oder Paddelformen der persisch/kaukasischen/asiatischen Lauten erwiesen sich für das Hervorbringen dieses dulce melos als ungenügend.
Aber diese Langhalslauten waren beliebt, waren einfach zu bauen und gut zu handhaben. Es mußte nur die ovale Form der persischen Tanbur der klangvertrauten Form der Dreieckszither "Gusli" angeglichen werden.
Der Klangkörper des Psalteriums
Das Psalterium ist ein Zither-Instrument, ein flacher Kasten, bestehend aus Deckbrett, Bodenbrett und umlaufender Zarge. Die Saitenzahl des Psalteriums beträgt 5 bis 36 (und mehr). Die Saiten sind über die Oberfläche des Kastens gespannt und verlaufen parallel zur Decke.
Zueinander verlaufen die Saiten entweder parallel oder sie streben strahlenförmig auseinander. Letzteres ist bei der Kantele der Fall.
Der Kasten kann verschiedene Umriß-Formen haben. Die Grundformen sind: Trapez, Halbtrapez, Flügelform, Halbkreis, Dreieck.
Die Klangerzeugung
Die Saiten des Psalteriums werden
1. gezupft ( mit Fingern, mit Plektrum )
2. mit Hämmern angeschlagen, so wie eine Glocke geschlagen wird
( so der persische Santur und das deutsche Hackbrett )
3. mit dem Bogen gestrichen ( sog. Streichpsalter )
Das deutsche Wort "Zither"
Das Wort Zither ist abgeleitet aus dem griechischen "kithara"= Brusthöhle.
Das griechische Wort "kithara" selber ist ein Lehnwort aus dem Chaldäischen.
Die Chaldäer regierten im 6. Jhd v.Chr. das Babylonische Reich. Sie waren nachweislich ein sehr musikliebendes Volk: die Israeliten, die von ihnen nach Babylon deportiert worden waren, mußten ihnen ihre Lieder vorspielen und - singen. (Davon spricht der Psalm 137 aus der Bibel. Der Text dieses Psalms ist durch seine Übersetzung ins Englische und seine Musikvertonung sehr bekannt geworden:
"By the waters of Babylon").
539 v. Chr. wurde das chaldäische babylonische Reich vom Perserkönig Kyros II. erobert und wurde Teil des persischen Weltreiches.
Dieses wiederum wurde 331 v. Chr. (in der Schlacht bei Gaugamela) von Alexander
dem Großen erobert, der das griechisch/persische Weltreich begründete.
Abendland und Morgenland gingen eine Symbiose ein (Hellenismus). Das Alexanderreich markiert den Beginn der Globalisierung. Das Griechische wurde Weltsprache und bestimmte die Leitkultur. Die Leitkultur aber grenzte Fremdes nicht aus, sondern integrierte es: "Leitkultur" im Sinne von "Hineingeleiten" fremder Kulturen.
Die griechisch-makedonische Kultur nahm viele Einflüsse der orientalischen Sprachen und orientalischer Kulturen in sich auf und integrierte sie:
es entstand der Hellenismus. Im Jahr 30.v.Chr. ging die hellenistische Epoche zu Ende: das römische Weltreich übernahm sein Erbe.
Das russische Psalterium : die Gusli
In Russland trägt das Psalterium die Bezeichnung " Gusli". (Die Wortbedeutung wird unten erklärt.) Die Gusli wird stets gezupft.
Das russische Ensemble für alte russische Musik "Rusichi" allerdings verwendet eine 5 saitige Gusli auch als Streichinstrument. (Siehe Youtube "Rusichi" Two falcons.) Es handelt sich hier um eine Abwandlung der finnischen Jouhikko, die aber zwei, drei oder höchstens vier Saiten besitzt. Rusiche hat zudem den Steg ihrer Jouhikko-Kantele als Crotta-Steg ausgeführt.
Die Formenvielfalt der Gusli ist die gleiche wie die beim Psalterium allgemein beschriebene.
Die Gusli wird im Russischen auch mit folgenden Doppelnamen bezeichnet:
"Гусли-псалтырь" ( Gusli-psaltyrj ) ( Gusli-Psalter ), oder
"гусли-цитры" ( Gusli-Zither ).
3.4. Der russische Name "Gusli" in verschiedenen Sprachen
Russisch: Гусли (das Wort ist eine Pluralform)
Ukrainisch: Гуслі
Weißrussisch: Гуслі
Die Gusli ist ein Psalterium. "Psalterium" ist ein griechisches Wort. Das Verbum,von dem es abgeleitet ist, lautet: psallein = zupfen.
Das Psalterium ist also - von der Wortbedeutung her - ein Zupfinstrument.
Vom griechischen Wort "Psalterium" abgeleitet sind folgende andere Namen für das Instrument:
Bulgarisch: Псалтира (Psaltira)
Serbisch: Псалтира (Psaltira)
Makedonisch: Псалтира (Psaltir)
Polnisch: Psałterion
Tschechisch: Žaltář
Slovakisch: Žaltár
Kroatisch: Psaltira
Persisch: Santur, Santoor
Deutsch: Psalter,
Zither (bezeugt seit dem 14. Jhd.)
Italienisch: Salterio
Spanisch: Salterio
Portugiesisch: Salterio
Englisch: Psaltery
Der persische Santur
nimmt in der obigen Auflistung eine besondere Stellung ein:
1. Er ist das älteste bezeugte Psalterium
2. Er ist kein Zupfinstrument, sondern seine Saiten werden angeschlagen: mit
Schlägeln, Klöppeln oder Hämmern.
Das Wort "Psalterium" hat also einen Bedeutungswandel erfahren: es bezeichnet nicht mehr allein die Art der Tonerzeugung (psallein=zupfen), sondern ein kastiges Saiteninstrument in Trapezform, auch wenn seine Saiten nicht gezupft werden.
Andere trapezförmige Psalterien,
deren Saiten ebenfalls "gehämmert" werden, sind:
Hackbrett (deutsch)
Zimbalon
doulcemer (französisch)
hammered dulcimer (englisch)
Цимба́лы (russisch )
In E u r o p a ist das Psalterium seit dem 9. Jhd. nachgewiesen. Der Weg, auf dem es nach Europa kam, ist nicht eindeutig geklärt.
Wohl durch die Araber kam es nach Spanien und gelangte von dort weiter nach Osten und Norden. Die Araber wiederum haben das Psalterium sehr wahrscheinlich von den Persern übernommen. Dort war es zur Zeit der Sassaniden (224 -642) als trapezförmiges Kasteninstrument bekannt unter dem griechisch beeinflussten Namen Santur (abgeleitet von "Psalter"). Der Santur war bei den Persern ein sehr verbreitetes und beliebtes Instrument. Es ähnelt sehr stark unserem heutigen Hackbrett. Der persische Santur wurde aber nicht gezupft, sondern die Saiten wurden mit Hämmern geschlagen.
Im 7. Jhd verlor Persien im Zuge der von den Arabern betriebenen Islamischen Expansion seine Unabhängigkeit.
Persien - Das Land von Laute und Psalterium
Persien ist also das Land, in dem die beiden Instrumentenarten, aus denen die heutige Balalaika entstanden ist, zu Hause waren: LAUTE und PSALTERIUM.
Jedoch ist anzumerken, daß sowohl Laute als auch Psalterium nicht "leibliche" Kinder Persiens sind, sondern "adoptierte Kinder", denen die Liebe Persiens dennoch in großem Maße galt.
Die genaue Herkunft Von Santur und Tanbur zu ergründen bemüht sich die Wissenschaft seit langem. Viele interessante Quellen und archäologische Funde werden bestimmt noch erschlossen werden. Folgende Meinungen sind heute zu hören:
Die Santur, die in Persien sehr verbreitet war, stammt von den Sumerern, der ersten greifbaren Zivilisation der Menschheit.
Ebenfalls stammt die Tanbur aus der sumerischen Kultur. In Ägypten ist die Tanbur seit dem 15. Jhd. v. Chr. nachgewiesen. Höchstwahrscheinlich wurde sie von den Hyksos, die im 17. Jhd. v. Chr. für 100 Jahre in Ägypten herrschten, nach Ägypten gebracht. Die Hyksos wiederum stammten aus Kleinasien und dem östlichen Mittelmeergebiet.
Das Psalterium in der mittelalterlichen Buchmalerei
In zahlreichen Buchmalerei-Darstellungen des Mittelalters werden Menschen und Engel mit dem Psalterium abgebildet, oft erscheint es sogar als Musikinstrument des biblischen Königs David.
Die Bauformen des Psalteriums
Das Psalterium ist eine Zither, die in verschiedenen Bauarten und Bauformen existiert. Hauptformen sind:
die Brettzither
die Trogzither
die Kastenzither
die Rahmenzither
Die Hornbostel-Sachs-Systematik verwendet "Zither" als Sammelbegriff für viele weitere Instrumente. ("Einfache Chordophone") Außer den oben genannten werden noch folgende andere Zither-Instrumente aufgeführt:
Das Klavier ist eine gehämmerte Zither
Stabzither 311), Röhrenzither (312), Flosszither (313), Schalenzither (315). Zur Kastenzither (314) gehören die eigentliche Zither, das Hackbrett und das Klavier.
Die Grundform des Psalteriums ist ein Dreieck ( gleichseitig, gleichschenklig oder rechtwinklig ), bzw. ein Trapez (symmetrisches Trapez oder Halbtrapez), als eine seltene historische Form ist auch das Rechteck bezeugt. Hier werden die unterschiedlich hohen Töne nicht durch die Saitenlänge, sondern durch die unterschiedliche Saitenspannung erzeugt.
Das nachfolgende Bild zeigt eine sehr beliebte und heute weit verbreitete Gusli:
Die detskije gusli (Kinder-Gusli) "Perepjolotschka", die eine symmetrische Trapezform besitzt.
Diese hier ist sogar künstlerisch bemalt ("detskije gusli raspisnye"). Die einfache, unbemalte Ausführung findet man oft bei Ebay angeboten (vielfach als "Zimbalon"). Genau genommenist aber ein Zimbalon eine gehämmerte Zither, ein Hackbrett. Die Detskije gusli aber wird gezupft.
Die russische Gusli
ist keine Harfe und kein Zimbalon
Das Psalterium in der Form einer Brett- oder Kastenzither wird oft fälschlicher- weise als "Tischharfe" bezeichnet, so auch die oben gezeigte Gusli. Eine Harfe ist aber ein gänzlich anderes Instrument. Bei der Harfe streben die Saiten vom Resonanzkörper weg, bei der Zither laufen sie dicht über dem Resonanzkörper, parallel zu ihm.
Das oben abgebildete Psalterium (eine Kinder-Gusli) wird im Handel (auch bei Ebay) oft auch als "Zimbalon" angeboten ( russisch Цимба́лы ).
Ein "Cimbalon" (cymbal) hat zwar die gleiche Trapezform, wird aber gänzlich anders gespielt. Das Zimbalon ist ein Hackbrett, dessen Saiten gehämmert bzw. geschlagen werden. Das Schlagen geschieht mit Handklöppeln wie bei einer Glocke. Das griechische Wort "kymbe" bedeutet "Topf, Becken, topfförmige Glocke". Mit "Kymbalon" wird ein Instrument bezeichnet, das aus zwei hellklingenden Metallbecken besteht, die aneinander geschlagen werden.
Aus dem Saiteninstrument Cymbalon (dem Hackbrett) hat sich das Cembalo entwickelt. Das Cembalo, eigentlich "Clavicembalo" ist ein Tastenpsalterium, bei dem die Saiten aber nicht mit Klöppeln oder (wie beim Klavier) mit Hämmern angeschlagen werden, sondern mittels einer Zupfmechanik mit Kielen (z.B. Federkielen) angerissen werden.
Zimbalon: Trapezform. Saiten werden mit Hammerklöppeln geschlagen
Cembalo: Trapezform. Saiten werden gezupft
Kymbalon: 2 runde Metallteller werden aneinander geschlagen
Gusli und Gusla:
Nicht miteinander verwechseln !
Die Gusli ist ein mehrsaitiges Zupfinstrument, eine Zither, deren Saiten mit den Fingern oder mit einem Plektrum angeschlagen werden.
Die Gusla ist ein 1-saitiges Streichinstrument. Sie ist eine Halslaute, eine Fidel, deren Saite mit einem Bogen aus Roßhaar gestrichen wird.
Das Wort "gusli" ist im Russischen eine Pluralform und bezeichnet ein Instrument mit vielen Saiten. (Gusli = "mehrere Stimmen"). Zur gleichen Wortfamilie gehören auch:
glas = die Stimme, und auch: golos = die Stimme.
Die Gusla findet man hauptsächlich in Bulgarien und Montenegro, in Russland ist sie ungebräuchlich.
Bei Ebay-Versteigerungen wird die osteuropäische Gusla regelmäßig irreführend als "afrikanisches" exotisches Musikinstrument angeboten.
Die Worte "gusla" und "gusli" sind abgeleitet vom Verbum gudetj = tönen, brummen, summen.
Das bulgarische Wort guscha bedeutet "Kehle, Hals".
(Vgl. die deutsche Redensart "Halt die Gusche!" = "Sei still")
Eine Gusla wird gerne von Bulgarien-Touristen als beliebtes Souvenir mitgebracht: ein aus einem Stück massiven Holzes gearbeitetes Instrument, eine Langhals-Laute. Der Korpus, der wie eine große Holzkelle aussieht, ist mit zahlreichen kunstvollen Schnitzereien versehen. Die Höhlung des Korpus ist mit Ziegenhaut bespannt. Ein besonderes Merkmal der Gusla ist der geschnitzte Pferdekopf (oder gehörnter Widder- oder Ziegenkopf) am oberen Halsende.