DIE  RUSSISCHE  BALALAIKA

IHRE   WURZELN   IN  ALT-ORIENTALISCHEN KULTUREN

 HISTORIE  DER  BALALAIKA  ( Teil A )

Von  der  persischen  Tanbur zur  russischen  Balalaika

Pantu - Pandura -Tanbur - Pondar - Balalaika

 

Exkurs: "Typisch russisch"

Besonders sechs Dinge sind es, die vielen Nichtrussen als "typisch russisch" erscheinen: Der Samowar (Teekocher),

der Wodka,  die Uschanka (Ohrenklappenmütze), die Matrjoschka ("Puppen in der Puppe"),

die Troika (3-spänniger Pferdeschlitten) und die  Balalaika.

Alle genannten Begriffe sind Ausdruck russischer Kultur und Lebensart.

Aber auch andere Völker haben etwas ähnliches wie Samowar, Wodka, Uschanka, Matrjoschka,  Troika und Balalaika. In Russland haben all diese Dinge ihre eigene typisch russische Ausformung erfahren.

Viele der aufgezählten Dinge haben eine Geschichte, die außerhalb Russlands begann:

Wodka, Samowar, Matrjoschka und Balalaika.

Kornbrände wurden auch anderswo in Europa destilliert. Die Matrjoschkas haben einen japanischen "Migrationshintergrund". Die Balalaika geht - wie die Langhalslauten fast aller Völker -  auf ein persisches Instrument zurück. Der Samowar (bzw.die einfache Form, der "Sbitenik") wurde von den Völkern der zentralasiatischen Steppe und der Kaukasusregion übernommen. Das älteste Zeugnis des Samowars (ein Sbitenik, ähnlich einer Gugelhupf-Kuchenform mit kaminartigem Innenrohr) wurde in Aserbaidschan gefunden, also in der Gegend des Kaspischen Meeres, nahe der Grenze zu Persien und im Einflussbereich persischer Kultur.

 

Der Hinweis, daß etwas seinen Ursprung  in fremden Kulturen hat, ist kein Negativ-Urteil über eine Nation. (Russland hatte ein solches  Urteil entgegennehmen müssen nach dem fragwürdigen Schema "Ost  minus West gleich Null")

Fremde Einflüsse aufzunehmen, an diese anzuknüpfen und Dinge weiter zu entwickeln, zeigt die Fähigkeit einer Kultur, mit anderen Kulturen zu kooperieren. Ein Beispiel: Glocken und  Porzellan wurden in China erfunden. Es wäre ein Fehlurteil zu behaupten, daß alle anderen Länder, die die Porzellanherstellung und den Glockenguss nicht erfunden haben, dumme und unfähige Nationen wären, nur weil sie nicht das Ursprungsland dieser Dinge sind.

 

Die  Balalaika  als  "typisch russisches"  Instrument

Die Balalaika gilt heute als das russische Nationalinstrument. Das war nicht immer so. Im 10. Jhd. ist sie bezeugt, aber noch unter ihrem persischen Namen "Tanbur" und gewiß noch nicht in ihrer dreieckigen Form.  Im 12. und im 18. Jhd. war die Gusli das bekannteste russische Saiteninstrument.

Erst im 19. und 20. Jhd. bekam die Balalaika mehr und mehr die Bedeutung, die sie heute hat.

 

"Der Russe mit der Balalaika"  -  Der Ukrainer mit der Kobsa ( bzw. der Bandura)"

In alten ukrainischen Volksbilderbögen (Lubok) des 19. Jhds.und auch auf Postkarten, die oft einen sehr derben Inhalt hatten, wird der ungeliebte Russe als ungepflegter, unrasierter "Kazap" verspottet. Er bekommt einen Fußtritt und wird mitsamt seiner (dreieckigen) Balalaika, die er in der Hand hält, vor die (ukrainische) Tür gesetzt.

Das folgende Bild zeigt einen Ausschnitt aus diesem Lubok.

Василий Гулак. Десять заповидей молодым дивчатам. Открытка 7 - "«Николы не кохай кацапа.» Открытка 1918 года.

Der Text unter dem Bild lautet:  Siebentes Gebot: "Нiколи не кохай кацапа!" ("Den Kazap sollst du nicht lieben!")

Das Wort "Кацап" ist  tatarischen Ursprungs und bedeutet "Schinder" "Schlächter".

Eine andere Erklärung für "Kazap" lautet: das Schimpfwort beziehe sich auf das ukrainische Wort "zap" (= Ziege ).

"Kazap" sei eine Zusammensetzung  aus "kak zap" ("wie eine Ziege"). Damit verspotteten im 18. Jhd. die Ukrainer die Russen, die mit ihren Bärten aussehen wie eine Ziege ("kak zap").

Bildnachweis:

http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3A%D0%93%D1%83%D0%BB%D0%B0%D0%BA_%D0%94%D0%B8%D0%B2%D1%87%D0%B0%D1%82%D0%B0%D0%BC_7.jpg

 

Balalaika - das "Instrument der Russen":     3 Saiten

Bandura - das "Instrument der Ukrainer":  57 Saiten

Der Ukrainer dagegen wird auf diesen Bilderbögen als gepflegter und rasierter Mensch dargestellt, der die Kobsa (oder Bandura) in der Hand hält.

Dabei wurde die dreieckige Balalaika auch in der Ukraine, in Polen und den baltischen Ländern gespielt, aber in der Volksmeinung galt sie als  das typische Instrument der Russen.

 

Auch anderswo werden Angehörige einer jeden Nation karikiert, indem sie  mit einem für sie typischen Gegenstand gezeigt werden:

Der Italiener mit der  Mandoline,  der Spanier mit der Gitarre, der Franzose

mit dem Baguette-Brot, und eben: der Russe mit der Balalaika, der Ukrainer mit der Bandura.

 

Das Instrument der Ukrainer, die Bandura, ist natürlich nach Meinung der Ukrainer der russischen Balalaika überlegen.

Der "Wettstreit" der Nationen ist auch heute noch im Gange.

Auf der Website   http://demotivators.to/p/885555/voprosyi-est.htm

wurde die kulturelle Überlegenheit der Ukraine gegenüber Russland eindeutig zahlenmäßig belegt:

 

 Балалайка  3 струни  -  Бандура  57 струн

Вопросы есть ?

 ("Die Balalaika hat 3 Saiten.

Die Bandura hat 57 Saiten.  Noch Fragen ?")

 

Interessant die Antworten auf diesem Forum:

Zur Ehrenrettung der Balalaika wurde angeführt, dass es auch die 6-saitige Ausführung gibt.  ( Trotzdem noch 51 Saiten Unterschied )

Eine russische Antwort  brachte die Ehrenrettung für die Balalaika:

 

мы  на  3 струнах  играем  так,

то  хохлам  чтобы  повторить нужно  67  !

Wir (Russen) spielen auf 3 Saiten so, dass die Chochols (= Ukrainer) 67 Saiten brauchen, um das Stück nachzuspielen.

 

 

Ab wann wurde die Balalaika zur Balalaika?

 

Nicht nur die Balalaika, auch viele andere bekannte Musikinstrumente haben eine lange Geschichte, deren früher Anfang oft im Dunkeln liegt. Historische Quellen sind selten, archäologische Funde kaum vorhanden oder, wenn vorhanden, dann

ist ihre Zuordnung unsicher.

Viele Musikinstrumente werden erst ab einem fortgeschrittenen Stadium ihrer Entwicklung in ihrer Eigenart greifbar.

Welche Kriterien sind für ihre Spezies maßgeblich? Welches war der Zeitpunkt

ihrer endgültigen Gestaltwerdung?

Auf die Balalaika übertragen heißt das: Wann bekam das russische Instrument ihre typisch dreieckige Form?

Und wann wurde der Name "Balalaika" auf dieses Instrument übertragen?

Und wo und von wem?

 

Viele dieser Fragen wird man niemals mit letzter Sicherheit beantworten können.

Aber es gibt genügend Hinweise, die zumindest annähernde und vorläufige Antworten erlauben.

Diese sollen hier auf dieser Website gegeben werden.

 

 

Die Balalaika  -  ein Instrument mit Vorfahren

Der Weg führt nach Persien

 

Die Balalaika, die in ihrer  h e u t i g e n  Form in Russland entstanden ist, ist das Ergebnis einer langen Entwicklungsgeschichte. Forscher streiten bis heute darüber, wo diese Geschichte beginnt bzw. an welche Instrumententradition die heutige Balalaika anknüpft.

Nach der "Hornbostel/Sachs-Systematik der Musikinstrumente" ist die Balalaika eindeutig einem bestimmten Instrumententyp zugeordnet: der  Langhalslaute.

In der Geschichte der Langhalslauten nimmt ein Land bzw. ein Kulturkreis eine besonders herausragende Stellung ein: das alte Persien.

 

Persien  -  das  erste  Weltreich  der  Geschichte

Kulturtopf Persien

Persien, das erste Weltreich der Geschichte, wurde zum "Kulturtopf", aus dem zahlreiche  asiatische und europäische Kulturen ihre Nahrung bezogen (und bis heute beziehen). Zum Inhalt dieses Topfes gehörte auch die Langhalslaute. Von Persien aus wurde sie in viele Länder exportiert. Die Geschichte der Langhalslaute  beginnt allerdings schon früher. Bereits in der ersten geschichtlich greifbaren Menschheitskultur, im Sumerischen Reich, gab es sie, ebenso in einer anderen Hochkultur: in Ägypten.

 

Es ist aber nicht Inhalt dieser Website, zu ergründen, wie die persische Langhalslaute "Tanbur" in vor-persischer Zeit zu ihrer Form gekommen ist, sondern aufzuzeigen, welchen Einfluss die Tanbur von Persien ausgehend ausgeübt hat auf andere Länder und Kulturen, besonders in den von Ostslawen besiedelten Gebieten.

Dennoch ein Rückblick in vorpersische Zeit:

 

Geschichte  der  Langhalslaute:   

 

Mesopotamien  -  Ägypten  -  Persien

Der Weg nach Russland

Alte ägyptische Langhalslaute (Bildmitte), 15.Jhd. v. Chr. Szene mit Tänzerinnen und Harfenspielerin (Aus der Grabkammer des Nakht, Theben, um 1422-1411 v. Chr.) Bildnachweis: http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ATomb_of_Nakht_-_three_musicians.png

 

Langhalslauten waren bereits im 15.Jhd. v.Chr. in Ägypten bezeugt. Eine bekannte Wandmalerei in einer ägyptischen Grabkammer zeigt ein solches Instrument. Siehe das nebenstehende Bild.

 

Volle Bildgröße in:  BALALAIKA  UND  LAUTE

 

Man vermutet, dass die Langhalslaute durch das Reitervolk der   Hyksos  nach Ägypten gebracht wurde - zusammen mit den Pferden und Kampfwagen. Die Hyksos fielen um das Jahr 1700 v. Chr. in Ägypten ein. Sie kamen aus dem Gebiet Kleinasiens und von den östlichen Gebieten des Mittelmeeres ("Palästina") und übernahmen für ca. 100 Jahre die Herrschaft über Ägypten, bis sie wieder aus Ägypten vertrieben wurden. Die Langhalslaute aber blieb. So lautet eine Hypothese.

 

525 v. Chr. wurde Ägypten in der Schlacht bei Pelusion vom persischen König Kambyses II. , einem Achämeniden, besiegt und geriet unter persische Herrschaft. Ägypten  wurde Teil des persischen Großreiches, das durch die Achämeniden unter Kyros II. errichtet wurde.  Es begann ein ägyptisch-persischer Kulturaustausch.  So wird auch die ägyptische Langhalslaute ihren Weg nach Persien gefunden haben - wenn sie nicht schon vorher dort verbreitet war.

 

Die nachfolgende Illustration zeigt verschiedene altägyptische Langhalslautentypen.

Bildquelle: wikimedia commons. An illustration from the Encyclopaedia Biblica, a 1903 publication. Fig. 22 for article "Music". Image of Ancient Egyptian stringed instruments, including a lute.

Fazit:

Persien ist vielleicht nicht das  Entstehungsland der Langhalslaute - da werden genannt: Sumer, Ägypten, Assyrien, Indien - aber doch das Land, das die Langhalslaute Tanbur groß gemacht und gefördert hat.

Die Langhalslaute hatte, je nach Region, eine andere Bezeichnung.  In Ägypten, so vermuten einige Forscher, wird sie  Nabla  geheißen haben. Dieser Name bezieht sich auf die sackähnliche Form des Tanbur-Resonanzkörpers.

Ägyptische Musikanten mit Langhals-Psalterium ( li.) u. 2 Langhalslauten. Bildnachweis: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:C%2BB-Music-Fig22-EgyptianStringedInstruments.PNG

Langhalslauten in Mesopotamien

 

Man braucht aber nicht den weiten Weg von Persien nach Ägypten zu gehen, sondern sich in räumlicher Nähe zu Persien umzuschauen: in Mesopotamien.

Babylonier  und  Assyrer  entfalteten dort ihre Hochkulturen.

Ein babylonisches Tempelrelief aus dem 18. Jhd. v.Chr. (Tempel des Hammurabi) zeigt  ein Lauteninstrument.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß es die Langhalslaute noch viel früher, bei den Sumerern im 3. Jahrtausend v. Chr. gegeben hat.

Die   Sumerer  in Mesopotamien prägten im 3. Jahrtausend v.Chr. die erste bekannte Hochkultur der Menschheitsgeschichte. ihre wichtigste kulturelle Leistung: die Erfindung der Schrift.

Vorläufiges Fazit:

Es läßt sich eine Kulturwanderung der Langhalslaute von Süd (Mesopotamien, Ägypten) nach Nord (Schwarzes Meer, Kaukasus,Kaspisches Meer) feststellen. Die Flüsse, die ins Schwarze Meer und ins Kaspische Meer (Dnepr, Don und Wolga) von Nord her fließen, waren die Straßen, die die weitere Ausbreitung nach Norden möglich machten.

Doch nun zurück in das " kulturelle Südland" Mesopotamien:

 

Grob skizziert war der weitere Verlauf der Geschichte Mesopotamiens folgender:

 

Sumerische Reich, wohl die Urheimat der Langhalslaute ,

Akkadische Reich

Babylonische Reich,

Assyrische Reich (mit der Hauptstadt Ninive),

Chaldäische Reich (Neubabylonische Reich), und schließlich

Das Persische Großreich der Achämeniden, das erste Weltreich der Geschichte.

Im Alexanderreich wurde das Perserreich im Jahre 331 v. Chr. mit Makedonien, Griechenland und dem gesamten griechischen Kulturraum verbunden. Es begann die Epoche der Hellenismus. Persische Musikinstrumente, wie die Tanbur, gelangten nach Griechenland. Eine der zahlreichen Terrakottafiguren 200 v. Chr. aus der griechischen Stadt Tanagra zeigt dies.

Nach dem Ende der hellenistischen Epoche konnte das persische Reich noch einmal erstarken.

Das Reich der Sassaniden (224 - 642 n. Chr.) war das letzte persische Großreich und zugleich das letzte orientalische Reich der Antike.

Es wurde 642 durch die islamischen Araber erobert.

Die Karte zeigt das Perserreich 500 v. Chr.  Oben links das kleine Gebiet Makedonien. Im Jahr 331 v. Chr. besiegte Alexander von Makedonien das persische Heer und wurde Herrscher über alle persischen Gebiete mitsamt Ägypten.

 

Zum sumerischen Ursprung der Langhalslaute:

 

Der Name der alten persischen Langhalslaute "Tanbur" geht, so wird angenommen, auf das sumerische Wort "Pandur" oder "Pantur" zurück. "Pantur" bzw. "Pandur"  war die Bezeichnung der  sumerischen Langhalslaute.

Die griechische Bezeichnung ist davon abgeleitet:"Pandura"

(πανδοῦρα, auch: πανδούριον).

Spätestens im persischen Alexanderreich wurde das Instrument "Tanbur" genannt.

 

Das  sumerische  Wort  "Pantur"  bedeutet  "Bogen". 

Jagdbogen und Musikbogen

Wenn diese Wort-Herleitung stimmt, weist die Bezeichnung "Pantur" auf die Verwandschaft dieses Saiteninstruments mit einem Jagd- oder Kriegsbogen hin. Jäger, Krieger und Musikanten waren "Bogenträger".  Sie trugen einen langen Stab, der  mit einer Sehne versehen war, in ihrer Hand. Bei den Bogenschützen wurde dieser Stab zum Bogen gekrümmt, um einen Pfeil abschießen zu können. Die Musikanten jedoch beließen den Bogen, also den mit einer Sehne bespannten Stab, in seinem geradem Zustand. Die gespannte Musiksaite bewirkte eine nur geringe Biegung des Stabes. Außerdem war an einem Ende des Stabes ein kleiner Resonanzkörper angebracht (Kalebasse oder Holztopf), der den Klang der Saite verstärkte. Der Jagdbogen wurde zum "Musikbogen", zur "Pantur".

Die Pantur war eine Langhalslaute mit,wie der Name sagt, langem Hals ("Bogen") und oft sehr kleinem Resonanzkörper. Der Resonanzkörper konnte aus einem halbierten Kürbis bestehen oder aus einer Holzschale in länglich-ovaler bis schaufelähnlicher Form.

Langhalslauten in diesen typischen archaischen Formen gibt es heute noch in vielen asiatischen und orientalischen Kulturen.

 

Die sumerische Langhalslaute "Pantur" gelangte in einer Vielfalt von Formen nach Persien und wurde dort  "Tanbur" genannt.

 

Das nachfolgende Foto zeigt eine persische Tanbur des 20. Jhds. Der Korpus ist aus Spänen zusammengesetzt. Die halbrunde Form orientiert sich an den archaischen Tanbur-Lauten mit  Kürbiskorpus. Die Decke weist kein einzelnes Schall-Loch auf, sondern, wie es bei Instrumenten früherer Epochen üblich war, einzelne kleine Schallloch-Bohrungen.

Das Perserreich 500 v. Chr. Bildnachweis: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/76/Perserreich_500_v.Chr.jpg

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Persische Tanbur aus dem Iran. 4 Saiten, verschiebbare Bünde.

 

Von Persien nach Griechenland

 

In der durch Alexander den Großen eingeleiteten Epoche des Hellenismus, in der persische und griechische Kultur miteinander verschmolzen, gelangte auch die persische Langhalslaute Tanbur nach Griechenland. Dort war sie vorher kaum bekannt. Eine Terrakottafigur aus der hellenistischen Epoche, gefunden 1874 

in der griechischen Stadt Tanagra (Böotien), zeigt eine Tanbur-Spielerin.

In Griechenland wurde die Tanbur Pandura genannt  (griech. πανδούρα).

Pandura-Spielerin. Terrakottafigur aus Tanagra. 2. Jhd.v.Chr. (Persisch-griechisch)

"Pandoura 002" by Original uploader was Galassi at en.wikipedia - Transferred from en.wikipedia; transfer was stated to be made by User:Villanueva.. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Pandoura_002.jpg#mediaviewer/File:Pandoura_002.jpg

Tanbur-Balalaika. Aus einem einzigen Stück Massiv-Holz gefertigt. Historisierender Nachbau

Von Persien nach Russland

 

Persien nahm das Erbe vieler alter orientalischer Hochkulturen auf. Der persische Grundsatz lautete: Assimilieren und nicht zerstören. Das persische Achämenidenreich, das erste Weltreich der Geschichte, und auch das persische Sassaniden-Reich, das letzte Weltreich der Antike,  vermittelte seinen kulturellen Reichtum an andere Völker und an die nachfolgenden Generationen weiter. Auch für Zentralasien und Russland wurde Persien zu einer maßgeblichen kulturellen "Relais-Station". Auch das westliche Europa profitierte in der Epoche des Hellenismus von der persischen Kultur.

 

Der Verbindungsweg von Russland nach Persien:  Die  Wolga

 

Die Geschichte der russischen Balalaika als Langhalslaute hat also ihren greifbaren Ausgangspunkt in Persien, einem Land, mit dem Russland von Anfang an (seit seiner ersten Staatsgründung 862 n.Chr.) durch Handelswege verbunden war.

Der wichtigste Handelsweg zwischen Russland und Persien war eine Wasserstraße, die jeder kennt: Europas längster Fluss, die Wolga. Diese mündet in das Kaspische Meer, das Russland mit dem persischen Kulturraum verbindet.

Das Kaspische Meer ist der größte Binnensee der Welt. Er ist so groß wie Deutschland und Belgien zusammen und liegt mitten auf der Grenze zwischen Europa und Asien. Die Wolga ist sein größter Wasserlieferant.

Mit der Eroberung des Khanats Astrachan 1554 bekam Russland einen sicheren Zugang zum Kaspischen Meer und damit zum Handelsland Persien.

Es lohnt sich, etwas näher auf die persische Kultur einzugehen. Die soll nachfolgend in knapper Form geschehen.

 

Persischer Teppich

 

Persien war das letzte altorientalische Großreich, zugleich war es das erste Weltreich der Geschichte und wurde als Folge dieser Stellung eine Nahtstelle zur heutigen Zeit. Durch den militärischen Sieg Alexanders des Großen über den Perserkönig Dareios III. im Jahr 331 v.Chr. (Schlacht von Gaugamela) wurde es mit der westlich-griechischen Kultur verbunden und Teil des Alexanderreiches.

Der persische "Kulturteppich", schon vorher mit reichhaltigen Mustern bunt ausgestattet, wurde von Alexander nicht zerstört, sondern angenommen. Er webte diesen Teppich sogar weiter und knüpfte in die persischen Muster nun auch griechische Elemente hinein. Der Hellenismus war geboren.

Dieser "Perserteppich" östlich-westlicher Kultur erwies sich als eine sehr tragfähige Basis. Er ist immer noch ausgerollt und reicht bis in unsere Gegenwart hinein.

Mehr als uns bewußt ist, stehen wir heute noch mit unseren Füßen auf diesem Perserteppich und leben von der Vielfalt seiner Grundmuster.

 

Zu den kulturellen Produkten, die auf diesem Boden gewachsen sind, gehört auch die Langhalslaute "Tanbur", die die Vorform zur heutige Balalaika darstellt.

Wer also das "Genom" der russischen Balalaika entschlüsseln will, findet diesen Schlüssel im Formenkatalog des persisch-griechischen Kulturteppichs. Sogar die Dreiecksform ist im persischen Muster enthalten: im persischen Psalterium "Santur".

 

Persischer Schmelztiegel -

Das von Kyros II. gegründete persische Großreich  der Achämeniden ist zwar in seiner damaligen Gestalt und als politische Größe untergegangen, aber sein Einfluß wirkt bis heute weiter.

Persien war, auch  v o r  Alexander dem Großen, ein Schmelztiegel der Kulturen.

Der Inhalt dieses Tiegels war zusammengemischt aus Inhalten anderer Kulturen.

Das Alexanderreich füllte in diesen Tiegel den Reichtum griechisch-antiker Kultur hinein.

Ein Ausdruck dieser gewollten Verschmelzung ist die sog. "Massenhochzeit von Susa" , die von Alexander dem Großen angeodnet wurde: Die Verheiratung griechischer Männer mit persischen Frauen. Alexander wählte für diese Hochzeit bewußt den persischen Ritus.

Die Verschmelzung der persischen mit der griechisch-abendländischen Kultur war natürlich nicht überall im Reich einheitlich homogen, sondern verlief je nach Region mehr oder weniger intensiv. Fazit:

Persien, das Kernland des ehemaligen persischen Weltreiches der Achämeniden (6. - 4. Jhd. v. Chr.), gegründet von Kyros II. (Regierungszeit ca. 590 - 530 v. Chr.), war ein kultureller Schmelztigel. Es wollte keine fremde Kulturen vernichten, sondern versuchte, sie  in die eigene Kultur zu integrieren.

Sie nahm sie die Hochkulturen der Sumerer, Assyrer, Ägypter, Babylonier und anderer Völker auf und gab ihr Erbe an nachfolgende Epochen weiter.

 

Persisches Füllhorn

Der persische Kulturtiegel wurde zu einer Quelle für nachfolgende Kulturen, die das persisch-griechische Erbe übernahmen, es an eigene Verhältnisse anpaßten und und umformten.

Auch das spätere mongolisch/tatarischen Herrschaftsgebiet wurde von der persischen Kultur geprägt.

Die persische Kultur wurde sozusagen zu einem Füllhorn, das seinen Inhalt in viele andere Kulturen hineinschüttete, auch in das westlicher Europa. Zum Beispiel haben die bunten Glasfenster gotischer Kathedralen ihren Ursprung in Persien.

Auch das Russland der Kiewer Rus nahm viele persische Einflüsse auf, denn Russland war kein isoliertes Land: es war durch den Dnepr mit Griechenland (Schwarzes Meer) und durch die Wolga mit Persien (Kaspisches Meer) verbunden.

Freiwillig, ohne Gewalt, nahm Russland von Byzanz das Christentum an und wurde so mit der griechisch-abendländischen Kultur verbunden. Die griechische Sprache wurde zur Grundlage für die russische Schriftsprache und Grammatik.

Gusli und Tanbur

Im ersten russischen Reich waren zwei Musikinstrumente bekannt:

die Gusli  (das mehrsaitige Psalterium) und

die 2-saitige Langhalslaute Tanbur.

Beide Instrumente stammen aus Persien. Beide wurden auch in Griechenland heimisch: das Psalterium bereits vor Alexander dem Großen, die Langhalslaute Pandur erst nach Alexander ddem Großen.

Wie beide Instrumente nach Russland gelangt sind: direkt durch persischen Einfluss (Kaspisches Meer) oder vermittelt durch das griechische Byzanz (Schwarzes Meer) oder durch Vermittlung der Waräger: das läßt sich nicht ergründen.

Tanbur - Gusli - Balalaika

Jedenfalls geht die heutige  russische Balalaika in ihrem Ursprung auf das persische Erbe zurück: auf die in Persien bezeugte Langhalslaute Tanbur.

Diese besaß anfangs einen ovalen Korpus, entweder aus Kürbis oder aus Holz.

Später wurde der Korpus paddelförmig und entwickelte sich immer mehr in Richtung auf den dreieckigen Korpus des Psalteriums..

Ein dreieckiges Psalterium war bei den Warägern und ebenso in Finnland bereits im 1. Jahrtausend bekannt und in Gebrauch - unter dem Namen  Kantele. Anzunehmen ist, daß die Kantele durch griechischen Einfluss in den hohen Norden gelangt ist: es gab über die Flüsse einen "Weg von den Warägern zu den Griechen" (Zitat aus der Nestor-Chronik).

 

Die persische Tanbur-Familie

Persien besaß einen großen Schatz an Musikinstrumenten (teilweise auch aus Ägypten und Mesopotamien übernommen). Eine große Rolle spielten die Langhalslauten.

Unterschieden nach der Anzahl der Saiten schuf Persien eine Terminologie,

die bis heute in den Bezeichnungen der Lauteninstrumente vieler asiatischer Kulturen nachwirkt:

Tanbur  =

Der Grundtyp des Zupfinstrumentes  Langhals-Laute. Wohl herzuleiten von Pantur= der lange Hals des Instruments

Ektara  = die 1-saitige Tanbur 

(von persisch "ek"  = einstar = Saite )

Dutar   = die  2-saitige Tanbur

( von persisch "du" =  zwei )  

Setar   = die 3-saitige Tanbur 

( von persisch "se" =  drei )    

 

Beide persische Namen, Dutar und Setar, haben sich bis heute in vielen zentralasiatischen Kulturen erhalten als Bezeichnung von Musikinstrumenten.

Dutar und Setar  sind Saiteninstrumente, die noch heute gebaut und gespielt werden. Oft haben sie noch ihre alte persische Form behalten: ein ovaler Korpus (Kalebassenkorpus) mit langem schmalen Hals.

Der Name  Dombra (kasachisches Nationalinstrument) geht auf "Tanbur" zurück.

 

 

BAGLAMA SAZ

 

Auch die neuzeitliche sehr verbreitete türkische  Baglama Saz  ("türkisches Nationalinstrument") geht auf die persische Tanbur zurück.

baglamak = binden

Der Name leitet sich ab von türkisch "baglamak" = binden. 

Also: Instrument mit (verschiebbaren) Bünden um den Hals, zum präzisen Abgreifen der Saiten.

saz = Musikinstrument

Das Wort Saz  ist persischen Ursprungs  und bedeutet u.a. ganz allgemein: Musikinstrument.

 

Tanbur  =  Balalaika

Im ersten russischen Staat, der Kiewer Rus, trug die Langhalslaute, bevor sie den Namen "Balalaika" erhielt, ihren alten persischen Ursprungsnamen "TANBUR". Sie wird  in einem arabischen Schrifttext  aus dem 10. Jhd. als Grabbeigabe unter diesem Namen erwähnt. (siehe Literaturverzeichnis).

Das Wort  TANBUR  ist austauschbar mit dem Namen  PANDUR.  Je nach Region trifft man die eine oder die andere Schreibweise an.

In Russland, sowohl im Norden als auch im Süden, wurde für das Instrument Tanbur der Name "Balalaika" gebräuchlich. In der Kaukasusregion jedoch - also nahe zu Persien hin - ist bis heute der Name "Tanbur" in Gebrauch:in der Form  "Pondar".

Die  Kaukasus-Balalaika  

("Gorskaja balalaika")

 

Eine  rechteckige  "Holzscheit"- Balalaika

 

Im Kaukasusgebiet  blieb der alte persische Name   Tanbur  bzw.  Pandur  für die Balalaika bis heute erhalten.

Der Kaukasus war die nördliche Grenze des persischen Reiches der Achämeniden, des -Griechisch-Persischen Alexanderreichs und des letzten Persischen Großreichs der Sassaniden. Die Namensbeeinflussung ist deshalb erklärlich.

Gorskaja balakaika (Kaukasus-Balalaika). Hier: tschetschenische "Pondar" (= "Pandura")

Seitenansicht der kaukasischen Balalaika "Pondar"

Mehlschaufel. Diese Form ist in vielen Kulturen verbreitet

Die kaukasische Balalaika wird auch "Gorskaja Balalaika" genannt  (von "gora"= Berg; gemeint sind die Kaukasus-Berge).  Die

verschiedenen Kaukasusvölker haben eigene je verschiedene Namen für dieses Instrument. In diesen Namen ist erkennbar die alte persische Bezeichnung für Langhalslaute:  "Tanbur"  oder  die  diesem  Namen  zu  Grunde  liegende 

sumerische  Wortform "Pandur" bzw. "Pantur". "Pantur" bedeutet "Bogen" und bezeichnet einen langen Stab, über den eine Sehne gespannt ist. Mit dieser Sehne konnte man einen Pfeil abschiessen oder auch durch Anzupfen Musik machen.

Das Wort "pantur" ist heute noch erkennbar in der Bezeichnung der Langhalslaute in vielen Sprachen.

Hier eine Auswahl der heutigen Bezeichnungen:

 

Awarzisch (Dagestan):           Пандур    (Pandur)
Ossetisch:                               Фандар    (Fandar)

Kabardinzisch:                        Фандур    (Fandur)
Grusinisch (Grusia):               Пондури  (Panduri)
Tschetschenisch:                    Пондар    (Pondar)       

 

(Quelle : wikipedia "Пондар")

 

Die Tanbur, die alte persische Langhalslaute, wird in Afghanistan  Danbura  oder Dambura  genannt.  Bei den Mongolen wurde die Tanbur zur  Dombra.  Unter

diesem Namen - Dombra -  ist sie heute das Nationalinstrumnent Kasachstans.

Bei den Uiguren im heutigen China ist die zweisaitige Tanbur, die Dutar, weit verbreitet. Sie heißt dort  Dotar. (persisch "du" = zwei; "tar" = die Saite)

 

Persische,  russische  und  tatarische  Langhalslaute.

Tanbur, Dombra, Balalaika

 

Gemeinsamkeiten  und  Unterschiede

Die Tanbur wurde in Russland mit dem aus der tatarischen Sprache stammenden Wort   Balalaika  benannt. Die slawischen Russen standen 250 Jahre unter der Herrschaft der Tataren. Während dieser Zeit  übernahmen sie viele tatarische Wörter, meist für Dinge  des alltäglichen Lebens.

Bei den Tataren hieß die Langhalslaute Dombra. Die Langhalslaute der Russen und der Tataren wird sich anfangs nicht viel von der persischen Tanbur unterschieden haben.

Sehr bald aber wurde sie verändert. Jeder spielte sie anders. Jeder baute sie anders:  aus Holz oder aus einem Kürbis, jeder gab ihr eine andere Form.

Oft wurde Größe und Form dem zur Verfügung stehenden Material angepaßt.

Bei der Formgebung spielte der Erfindungsreichtum und die individuelle Eingebung des jeweiligen Instrumentenbauers und -spielers eine große Rolle - genauso wie es heute im Musikinstrumentenbau der Fall ist. 

Viele Instrumente erleben Innovationen. Die Kreativität des einzelnen Instrumentenbauers ist unerschöpflich, Instrumente werden immer wieder neu erfunden. Siehe pädagogische und Therapie-Instrumente (Waldorf u.s.w.).

 

Bei einigen zentralasiatischen Völkern blieb die alte persische Tanbur in ihrer Form merkwürdigerweise fast unverändert. Auch die heutige türkische Baglama (und insbedondere ihre Kleinausführung, die Cura) hat noch große Ähnlichkeit mit dem persischen Original.

In Russland erfuhr die alte persische Tanbur eine große und grundlegende Veränderung. Um sie dem russischen Musikempfinden anzupassen, wurden im Laufe der Zeit folgende Veränderungen vorgenommen:

 

Verkürzung des Instrumentenhalses,

Vergrößerung des Korpus,

Verbreiterung des Korpus,

Veränderung der Korpusform zum Dreieck hin.

 

Die ursprüngliche ovale Löffelform der persischen Tanbur wurde zum fast gleich-seitigen Dreieck. Das Vorbild hierfür war das alte russische Nationalinstrument, das  Psalterium.

An dessen Dreiecksform und Klangcharakter war das russische Auge und Ohr gewöhnt. Auch die persisch/asiatische Saitenstimmung und Spielart wurde der russischen Musikalität, die europäisch geprägt war, angepaßt.

Für das russische Ohr und Musikempfinden war die Tanbur/Dombra/Balalaika und die asiatische Spielart dieses Instrumentes ungenügend und nicht annehmbar. 

Das gilt bis heute. Viele Russen können sich mit der asiatischen Form der Balalaika, der Dombra,  und ihrer asiatischen Spielart in keiner Weise anfreunden: der Klang der ovalen Balalaika (der Dombra) hat zu wenig "dulce melos". Die asiatische Spielweise entspricht nicht dem russischen Musikempfinden.

"Man kann sich als Russe das monotone Spiel der Dombra nicht lange anhören: dieses ewige Auf und Ab", sagte mir eine Russin, der lange Zeit in Kasachstan lebte. (Die Dombra ist in Kasachstan das Nationalinstrument).

Die Dombra ist für die russische Musikalität ungenügend - auch wenn sie höchste Kultur verkörpert und mit der alten ehrwürdigen  persischen Tanbur  verwandt ist.

 

Die persische Santur

Das russische Ohr war jahrhundertelang an den Klang eines Instruments gewöhnt, das auch in Westeuropa und Byzanz beheimatet  war:  das Psalterium.

Das Psalterium war eine Kastenzither mit großem Klangvolumen und einen Klang, das an ein  Glockenspiel erinnerte.

Auch dieses Instrument war wie die Tanbur ursprünglich in Persien zu Hause. Dort

hieß das Psalterium  Santur (wohl erst seit Alexander dem Großen, der die griechische Sprache in Persien einführte: denn "Santur" bezieht sich auf das griechische Wort "Psalterium"). Das persische Psalterium, die Santur, wurde wohl anfangs gezupft, später aber wurden die Saiten mit Hämmern angeschlagen ("Hackbrett"). 

 

In  Russland wurde das ( persisch/byzantinische/westeuropäische ) Psalterium

Gusli  genannt. Sie war  d a s  russische Nationalinstrument schlechthin.

Im 12. Jhd. gab es viele legendäre Guslispieler, die wegen ihres Spiels vom Volk hoch verehrt und geliebt wurden.

 

Die Gusli war nicht leicht zu spielen. Sie besaß eine große Zahl von Saiten. Es erforderte ein großes spielerisches Geschick, die richtigen Saiten zu greifen bzw. abzudämpfen. Auch mußten die vielen Saiten immer wieder nachgestimmt werden. Und zuerst mussten die Saiten beschafft werden. Die Gusli warzudem oft groß und unhandlich.

 

Anders die Balalaika.

Die Balalaika (Tanbur/Dombra/Pondar) war handlich, konnte in ihrer einfachen Form selbst hergestellt werden (aus Kürbis oder aus einem Stück Holz geschnitzt) und benötigte nur zwei Saiten (später waren es drei).  Die 2 Saiten, die durch Greifen  verkürzt werden konnten, boten auf einem Hals mit  5 Bünden den gleichen Tonumfang wie eine 9-saitige Gusli.

Die Melodie wurde bei der Balalaika auf nur 1 Saite gespielt  - das war leichter zu beherrschen als das Guslispiel.  Aber: die Gusli mit ihrem dreieckig-trapezförmigen Korpus hatte den schöneren Klang.

Was lag näher, als Gusli und Tanbur-Balalaika miteinander zu vereinen  und der Balalaika den dreieckig-trapezförmigen Korpus der Gusli zu geben?

 

Aus persischer Tanbur (Dombra/Dutar/Pondar/ . . .)

und persischem Psalterium in europäischer Stimmung  entstand die heutige

 

Russische Balalaika:

Eine Langhalslaute mit drei Saiten,

mit einem Korpus, kombiniert aus kastigem Trog und gewölbter Schale,

mit der breiten dreieckigen Deckenform des Psalteriums. 

 

 

 Musikstadt Nowgorod

 

Nowgorod Weliki, am Wolchow, nördlich von Moskau mit Zugang zur Ostsee gelegen (nicht zu verwechseln mit Nishnij Nowgorod, östlich von Moskau, an der Wolga gelegen), war seit 1184 ein Stützpunkt der Hanse  und die größte Handelsstadt im östlichen Europa. Sie war das Bindeglied zwischen der Ostsee und dem Mittelmeer. Über Nowgorod fand der Kulturaustausch statt zwischen Europa und dem Orient. Die Handelsverbindungen gingen bis China, Indien und Persien. Alle denkbaren Waren waren auf dem Markt in Nowgorod erhältlich, auch Musikinstrumente.

 

Obwohl  Nowgorod im Norden Russlands liegt - weitab vom Kaspischen Meer und Persien - haben bereits im 12. Jhd. ( uns noch davor) drei ursprünglich in Persien beheimatete Saiteninstrumente ihren Weg nach Russland gefunden:

 

1. das Psalterium     (persisch: Santur, russisch: Gusli),

                                 eine trapezförmige Zither.

2. die Kurzhalslaute (persisch: Barbat, russisch: Gudok, arabisch: Rebec,

                                 deutsch: Geige), ein dreisaitiges Streichinstrument

3. die Langhalslaute (persisch: Tanbur, russisch: Balalaika), ein 2-saitiges

                                  Zupfinstrument.

 

Das Psalterium war bereits in West-Europa und Byzanz bekannt und verbreitet.

Es ist in zahlreichen Abbildungen der westlichen Buchmalerei bezeugt.

Es wird seinen Weg nach Russland über Schweden und/oder über den Handelsweg Dnjepr-Schwarzes Meer gefunden haben. Für den letzteren Importweg spricht die enge Verbindung mit Byzanz seit dem 10.Jhd. Im Jahre 988 entstand durch die

Annahme des Christentums durch Wladimir den Heiligen eine sehr enge Bindung

zu Byzanz.

 

Der Gudok  ist in Nowgorod sehr früh verbreitet gewesen. Archäologische Funde  aus dem 10. -12. Jhd. erlauben eine Rekonstruktion dieses Instruments.

 

Die Balalaika (gemeint ist die Langhalslaute), im 10. Jhd. noch Tanbur genannt, wird von Persien über das Kaspische Meer und die Wolga nach Russland

gekommen sein. Obwohl Persien im 7. Jhd. von den Arabern erobert worden war, blieb doch seine Kultur durchsetzungsmächtig.

Auch bei den asiatischen Nachbarn Russlands, den Turkvölkern, den Mongolen, Tataren und Bergvölkern des Kaukasus war dieses persische Instrument in Gebrauch: unter verschiedenen Namen:

Tanbur,

Tumbur,

Pandur,

Pondar,

Dombra,

Dutar *

Dotar

Setar *

Tanpura (in Indien)

* In Persien nannte man die zweisaitige Tanbur  Dutar  (= die "Zweisaitige"),

   die dreisaitige Tanbur wurde  Setar genannt (= die Dreisaitige).

 

In Russland erhielt die Langhalslaute "Tanbur" den Namen "Balalaika".

 

 

Unausrottbar ist die These, daß die Balalaika (also die Tanbur/Dombra) erst im 13. Jhd. durch die Mongolen und Tataren bei den russischen Slawen eingeführt wurde. Diese These beruht auf einem Mißverständnis. Die Russen haben von den Tataren den  N a m e n  des Instruments ("Balalaika") übernommen, nicht das Instrument selber. Dieses war schon im 10.Jahrhundert in Russland in Gebrauch.

 

Nowgorod und die Gusli

 

Nowgorod Weliki, am Wolchow gelegen, nördlich von Moskau, (nicht zu verwechseln mit Nishnij Nowgorod an der Wolga, östlich von Moskau), war seit 1184 ein Stützpunkt der Hanse und die größte Handelsstadt im östlichen Europa. Sie war das Bindeglied zwischen der Ostsee und dem Mittelmeer/Schwarzem Meer/Kaspischem Meer. Über Nowgorod fand der Kulturaustausch statt zwischen Europa und dem Orient. Die Handelsverbindungen gingen bis Persien, China und Indien. Waren aller Art waren auf dem Markt in Nowgorod erhältlich (es gab in Nowgorod

8 Handelsplätze), natürlich auch Musikinstrumente.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß über Nowgorod das westlich-europäische Psalterium, das in zahlreichen Abbildungen der westlichen Buchmalerei bezeugt ist, seinen Weg nach Russland fand und dort mit der älteren persischen Hals-Laute, der Tanbur, "zusammenstieß".

Somit wäre Nowgorod die Keimzelle zur Entstehung der heutigen Balalaika.

 

Sadko  - Der legendäre Guslispieler aus Nowgorod

Mit keiner anderen Stadt ist das Guslispiel so sehr verbunden wie mit Nowgorod. 

Denn hier in Nowgorod lebte der legendäre Guslispieler und Kaufmann Sadko.

Eine bekannte alte Byline berichtet, daß er mit seinem Spiel nicht nur die Einwohner von Nowgorod, sondern auch den Meerkönig und alle, die im  Reich

des Meerkönigs lebten, mit der Schönheit seines Spiels betörte.

Der Komponist Nikolai Rimski-Korsakow setzte Sadko in seiner Oper "Sadko" ein Denkmal und machte ihn auch außerhalb Russlands bekannt.

Die Gusli gehörte zu den Handelsgütern auf dem Markt in Nowgorod. Gusli ist die russische Bezeichnung für das Psalterium, eine Brettzither. Zithern gibt es in

vielen Formen. Die Sadko-Byline macht leider keine Angabe darüber, wie die

Gusli des  Sadko aussah und wie viele Saiten es hatte. Buchillustratoren der

Sadko-Byline denken sich jeweils eine andere Instrumentenform aus.

 

Die Gestalt des Sadko ist historisch bezeugt und bezieht sich auf einen reichen Kaufmann namens Sadko, der im 12.Jahrhundert in Nowgorod lebte.

Bylinen sind Dichtungen, die historisch Bezeugtes mit phantasievoller Märchenhandlung verbinden.

 

Bojan  -  Sänger  und  Guslispieler

Ein weiterer legendärer Guslispieler ist der Sänger Bojan, von dem das "Igorlied" berichtet, eine Dichtung aus dem 12. Jahrhundert.  Bojan hat im 11.Jhd. gelebt und besang den militärisch Ruhm dreier russischer Fürsten siner Zeit: Jaroslaw des Weisen, Mstislaw, der den Tscherkessenhelden Rededa bezwang, und Roman Swjatoslawitsch. Bojan gilt als der Begründer des gesungenen russischen Heldenepos. Im Igorlied heißt es:  "Er schlug mit kundigen Fingern die tönenden Saiten."

 

Dobrynja Nikititsch  -  Drachentöter und Guslispieler

Der dritte legendäre Guslispieler ist Dobrynja Nikititsch, von dem zahlreiche Sagen berichten. Er lebte am Hofe des russischen Herrschers Wladimir des Heiligen, der von 980 bis 1015 Fürst von Kiew war.

 

Kasan und die Dombra.  Russland im 16. Jhd.

Im Jahr 1552 eroberte Zar Ivan IV. ("der Schreckliche") die tatarische Stadt Kasan. Das Khanat Kasan wurde dem russischen Reich einverleibt. Vier Jahre später, 1556 wurde das tatarische Khanat Astrachan besiegt. Diese beiden Ereignisse waren der Beginn des russischen Vielvölkerstaates.

Der tatarische Einfluss, der schon 250 Jahre lang auf Russland eingewirkt hat ("Tatarenjoch" von 1223 -1480), wurde nun Teil der russischen Kultur.

Sichtbares Zeugnis ist der Bau der Basiliuskathedrale 1553 auf dem Roten Platz in Moskau, eine orientalische Märchenkirche. Ihre acht Zwiebeltürme erinnern an die acht entscheidenden Kämpfe um das Khanat Kasan.

 

Von den Tataren übernommen wurden u.a. zwei wichtige Bezeichnungen:

1. Der Name Kabak für eine Getränkeausschank-Gaststätte, und

2. Der Name Balalaika für die alte persische Langhalslaute Tanbur/Dutar/Setar, die jedoch bei den Tataren selber Dombra genannt wurde.

Das das dem Tatarischen stammende Wort "Balalaika" wurde nun zu einem russischen Wort.

 

Gewiß war die Balalaika bereits zur Zeit der Kiewer Rus (862-1223) in Russland bekannt, wohl aber noch nicht unter dem tatarischen Namen "Balalaika", sondern unter anderer Bezeichnung, nämlich  als "Tanbur" oder "Dombra" oder "Dutar" oder "Dotar" (die beiden letzten Namen deuten auf die Zweisaitigkeit des Instruments hin: persisch "du" = zwei)

 

Ob die Tataren  selber das Instrument "Balalaika" nannten, ist ungewiß.

Wahrscheinlich ist das Wort "Balalaika" durch die Russen selber, d.h. durch tatarisch sprechende Russen auf russischem Boden zur Zeit des Tatarenjochs (1223-1480) oder später, nach der Eroberung Kasans, geschaffen worden. Die Umbenennung erfolgte in Anlehnung an das tatarische Wort "bala", das  "Kind" bedeutet.

 

Die Langhalslauten, welchen Namen sie auch immer hatten (Tanbur, Dombra, Dutar, Dotar, Balalaika, . . . ), besaßen keine einheitliche Form.

Bei den Slawen, bei den asiatischen Steppenvölkern und den Bergvölkern des Kaukasus  gab es jeweils andere Formen und Bauarten.

Die Tanbur/Dombra/Balalaika  konnte aus aus einem Flaschenhalskürbis gefertigt sein oder aus Holz geschnitzt sein.

In Russland wurde das Instrument, egal ob in Kürbis- oder Holzbauweise gefertigt, egal, ob dreieckig, rund oder oval,  BALALAIKA  genannt.

 

 

Die bei den Tataren verbreitete Tanbur (gemeint ist der persische Langhalslautentyp) wurde von den Tataren auch "tatarisch" gespielt, nicht europäisch.

Noch heute ist die ossetische, georgische oder tschetschenische Spielart der Balalaika, die stark rhythmisch dominiert ist, von der melodischen russischen Spielart verschieden.

 

Die alte Balalaika hatte verschiebbare Bünde

 

Die Bünde vieler nicht-russischen Balalaiken, waren verschiebbar (wenn überhaupt Bünde vorhanden waren), so daß die  tatarische Tanbur/Dombra/Balalaika auch  "orientalische"  Vierteltonschritte  hervorbringen konnte.

Der Klang, die Tonleiter  und die Spielart dieser asiatischen Balalaiken, z.B. der kasachischen Dombra, blieben für das russische Gehör fremd und war nicht annehmbar.

Das russische Ohr war an das Gusli-Psalterium, das eine westeuropäische  diatonische Stimmung hatte, gewöhnt.

 

 

Persien  -  erstes Weltreich der Geschichte

und letztes altorientalisches Großreich

 

Perser - Griechen - Araber - Mongolen - Tataren - Russen

 

Zur Geschichte Persiens:

Persien war eine Weltmacht, das erste Weltreich der Geschichte. Zum persischen Weltreich gehörten die Gebiete der heutigen Staaten Iran, Irak, Afghanistan, Usbekistan, Turkmenistan, Türkei, Zypern, Syrien, Libanon, Israel und Ägypten. 500 v. Chr. wurde unter Kyros II das Mederreich besiegt, danach erfolgte die Ausdehnung Persiens über Teile der heutigen Staaten Libyen, Griechenland, Bulgarien, Pakistan sowie Gebiete im Kaukasus, Sudan und Zentralasien.

Hartnäckiger Kontrahent der Perser war Griechenland. Seit dem frühen 5. Jhd. v. Chr. begannen die sog. "Perserkriege". In der berühmten  Schlacht bei Marathon 490 v. Chr. (= der Ursprung der sportlichen Disziplin "Marathonlauf") gelang der Athenischen Streitmacht  ein Sieg über das persische Heer.

Das persische Schicksalsjahr war das Jahr 331 v.Chr. (Schlacht bei Gaugamela).

Der Heerführer der griechischen Streitmacht und der Eroberer Persiens war Alexander der Große, ein Schüler des Philosophen Aristoteles.

Alexander bezwang im Jahr 321 v.Chr.  bei Gaugamela die gesamte persische Streitmacht, obwohl diese zahlenmäßig weit überlegen war. Alexanders Kriegslist bestand in der Anwendung der Taktik des "Trojanischen Pferdes". Nur waren bei Alexander die Kämpfer nicht  i m  Pferd versteckt, sondern  h i n t e r  dem "Pferd", d.h. hinter der Kavallerie. Das Altpersische Reich hörte auf zu existieren und wurde Teil des Alexanderreiches, also des griechisch-persischen Weltreiches. Dadurch fand eine Kulturverschmelzung ohnegleichen statt: Abendland und Orient wurden politisch und kulturell miteinander verbunden. Es begann die Epoche des  Hellenismus. Bis heute sind die Folgen spürbar, auch in der deutschen Sprache (siehe Beispiele unten). Alexander der Makedonier berief sich auf seine Abstammung aus dem altgriechischen Stamm der Dorer. Er sprach griechisch und führte das Griechische als Weltsprache ein.

Die Einheit der Völker sollte durch die Einheit der Sprache ausgedrückt werden, die verschiedenen Kulturen aber sollten - wie bereits im Perserreich - nicht  ausgelöscht werden, sondern sie sollten ihre Eigenständigkeit behalten und einander bereichern. Orient und Okzident verschmolzen. Die verbindende Klammer war die griechische Leitkultur und die Einführung von "Griechischen Standards" überall in den von den Griechen beherrschten Gebieten. Viele Historiker bezeichnen die Politik Alexanders als Anfang der Globalisierung.

In allen Bereichen, auch in Musik, Musikinstrumenten und Sprache, fand ein reger kultureller Austausch statt.

Ein Indiz dafür ist die Doppelbezeichnung für ein und dieselbe Langhalslaute:

persisch  Tanbur (Tambur), Tanbura, griechisch Pandura.

 

Die alte persische Kultur hat trotz der Eroberung Persiens durch fremde Herrscher weitergewirkt.

651 n. Chr.  Eroberung Persiens durch die islamischen Araber.

Danach wechselnde moslemische Dynastien, oft persischstämmig.

1040 n. Chr. Herrschaft der türkischen Seldschuken über Persien

13. Jhd. Eroberung Persiens durch die Mongolen und Tataren.



Auch nach ihre politischen Untergängen lebte erstaunlicherweise die reichhaltige Kultur der Perser weiter, sie wurde oft sogar Bestandteil der Kultur der Völker, die über Persien herrschten, und wirkte auf sie ein.

 

Die Herrschaft der Araber über Persien

 

Persien wrde im Zuge der Islamischen Expansion im Jahr 642 von den Arabern erobert. Ab 651 unterstand es dem arabischen Kalifat. Aber kulturell wurde Persien nicht vereinnahmt, im Gegenteil: das eroberte Persien  beeinflußte die Kultur der arabischen  islamischen Eroberer und später auch die Kultur der mongolischen und tatarischen Eroberer.

 

So trugen auch die Mongolen und Tataren , die 250 Jahre über die russischen Fürstentümer herrschten, persischen Einfluß zu den slawischen Russen, die selkber bereits vorher persische Verbindungen hatten.

Denn die Kiewer Rus (862-1240) unterhielt Handelsbeziehungen auch nach Persien.

Zur Zeit der Gründung des Kiewer Reiches stand  Persien unter der Herrschaft der Dynastie der Saffariden.

 

 

Die Eroberung Persiens durch die Mongolen

 

Das persisch-griechisch geprägte Alexanderreich reichte nach Norden nur bis zur Donau und gelangte nicht nördlich des Schwarzen Meeres ins Gebiet der Skythen, dem späteren Siedlungsgebiet der Slawen und Russen.

Der persische Einfluß gelangte nach Russland sowohl durch Handelsverbindungen (die Wolga führt nach Persien) als auch durch die mongolische Herrschaft ab dem 13. Jhd (die Mongolen hatten Persien erobert und dessen Kultur integriert).

Im 13. Jhd. wurde das Kernland des Perserreiches von den Mogolen besiegt und zum Ilchanat mit der Hauptstadt Täbris, begründet durch  Hülegü, einen Enkel Dschingis Khans. (wikipedia " Geschichte des Iran) Die persische Kultur wirkte hinein in die  mongolisch-tatarische Herrschaftsgebiete und wurde zu deren Bestandteil.

Die Mongolenherrschaft über Persien währte lange. Sie endete erst 1501 durch

den Sieg der Safawiden über die Dynastie des mongolischen Eroberers Tamerlan (Timur).

Der persische Einfluß war zu dieser Zeit längst in der mongolisch-tatarischen Kultur verwurzelt - und er wirkte weiter in der arabischen Welt und in Europa.



Die persische Kultur besaß immer eine starke Ausstrahlungskraft, sie war durchsetzungsmächtig und dominierend und wirkte prägend auf andere Kulturen. Auch in Zeiten, in denen die politische Macht der Perser geschwächt oder erloschen war: die Kultur wirkte weiter und hatte Einfluß auf ihre Eroberer.

 

Als Beispiel sei genannt der persische  Mithraskult. Er ist seit dem 14.Jhd v. Chr. in Persien belegt und war noch in der Spätantike in Persien eine starke religiöse Kraft. Der persische Gott Mithras erlangte im römischen Weltreich eine große religiöse Bedeutung.

Im 2. und 3. Jhd. n.Chr. war der Mithraskult die am meisten verbreitete Religion im römischen Reich. Der persische Mithraskult war die Hauptreligion der römischen Soldaten. In Rom wurde Überreste von 800 Mithras-Kultstätten ausgegraben. Man schätzt, daß es außerhalb Roms im römischen Weltreich noch 460 weitere Mithrasheiligtümer gegeben hat, auch in London, Paris und am Rhein. Der römische Kaiser Commodus trat 189 n.Chr. zum Mithraskult über. Sogar der junge Kaiser Konstantin war ein Anhänger der Mithrasreligion, bis er sich später dem Christentum zukehrte.

Der persische Einfluss hat  nicht nur auf das griechische Weltreich Alexanders und auf das römische Imperium eingewirkt, sondern auch auf die slawischen Stämme.

Mithras  -  Mir

Slawen und Perser gehören zur gleichen indogermanischen Sprachfamilie. Man vermutet, daß das slawische Wort "mir" (Frieden) aus dem persischen Namen "Mithras", der auch in der Schreibweise "Mihr" begegnet, entstanden ist:

der Gott Mithras war der Gott der Freundschaft und des Freundschaftsvertrages (Friedensvertrages). Mihr gibt Frieden. (dazu auch : Zdenek Vana, Mythologie und Götterwelt der slawischen Völker, S. 44 und wikipedia "Mithras").

 

Die slawischen Völker hatten bereits vor dem 6. Jhd., als sie zum erstenmal unter dem Namen Slawen in Erscheinung traten, Kontakte mit der persischen Sprache und Kultur. Es sei daran erinnert, daß auch die Sarmaten und Skythen persische Völker waren, allerdings standen sie als Reiternomaden in Opposition zu den persischen Großkönigen, und über kulturelle Gemeinsamkeiten kann man nur mutmaßen.

Als ab dem 13. Jahrhundert die Mongolen und Tataren über Persien und Russland herrschten, brachten sie, die ehemaligen Eroberer Persiens,  erneut persischen Einfluss zu den  Slawen.

 

Die Wolga  - 

Verbindung zwischen  Russland und Persien

 

Die Langhalslaute stammt aus Persien. Dort hieß sie Tanbur. Die zweisaitige Tanbur nannte man in Persien Dutar  (= die "Zweisaitige"), die dreisaitige Tanbur hieß Setar = die "Dreisaitige")

Von Persien aus gelangte diese Langhalslaute zu den Bergvölkern des Kaukasus und zu den Mongolen und Tataren. Ihre Namen: Tanbur/ Pantur/ Pandur/Pondar/ Dutar/Dotar/Dombra und viele andere.

Der erste russische Staat, der später Kiewer Rus  genannt wurde, brauchte nicht  die Vermittlung der  Mongolen und Tataren, die nicht unbedingt als Musikinstrumente tragende Steppenreiter bekannt waren, sondern die Vermittler hatten ganz andere Namen: Wolga, Don und Dnepr.

Auf diesen Flüssen fuhren seit dem 9. Jhd. die Handelsschiffe, die Waren aller Art von Byzanz und Persien zu den Handelsplätzen des ersten russischen Reiches brachten.

 

Es sei daran erinnert: die Flüsse waren die wichtigsten Verkehrs-und Handelswege zwischen Ostsee und Schwarzem Meer und Kaspischem Meer. Die Landverbindungen waren wegen der dichten Wälder oft unwegsam. Wolga, Don und Dnepr waren die wichtigsten Handelsverbindungen von Norden nach Süden, die schon vor der russischen Staatsgründung von warägischen Kaufleuten viel befahren wurden.

 

Der erste russische Staat, die Kiewer Rus, wurde 862 durch Rurik gegründet. Auf dem Gebiet dieses alten russischen Reiches  lag die Wolgaquelle und ein Drittel

der Länge der Wolga.

Die Wolga ist der längste und wasserreichste Fluss Europas. Sie mündet in das Kaspische Meer und verbindet Russland mit Persien.

Am Südufer des Kaspischen Meeres liegt das Kerngebiet Persiens, das sich in der Blütezeit Persiens von hier aus  bis zum Persischen Golf erstreckte.

Der Wasserweg durch das Kaspische Meer in Nord-Südrichtung war einer der wichtigsten Nord/Süd-Handelswege zwischen Europa und Asien.

Ein ebenso wichtiger Fluß war der "Nachbarfluß" westlich der Wolga, der  Don,

der den Norden  mit dem  Schwarzen Meer verband. Auf dem Don gelangten die Russen nach Süden.

Die  Hypatiuschronik  berichtet, daß im 10. Jhd. die Kiewer Rus an der

Mündung des Don eine große russische "Kolonie" errichtete südlich der Stadt

Asow. Das Zentrum war die Stadt Tmutarakan.

Es gab auch Verbindungen zwischen den Flüssen zu Lande: Die Schiffe wurden

z.B. zwischen Don und Wolga über Land getragen bzw. gezogen. Eine solche Landstrecke wurde "Wolok" genannt.



 

Der Einfluß der persischen Kultur und Sprache

 

Wie durchsetzungsmächtig und dominant die persische Kultur ist, ersieht man an der Überlebensfähigkeit  ihrer Sprache. Persisch ist heute die Muttersprache von ca. 70 Millionen Menschen.  Die persische Sprache hat sich stets behauptet, sie ist nie untergegangen, im Gegenteil, sie hat sehr stark die anderen Sprachen beeinflußt, auch die tatarischen Sprachen und sogar die deutsche Sprache. Beispiele dafür weiter unten.

 

Die  Silbe  "-stan": 

nicht mongolisch, sondern persisch

 

Der in vielen asiatischen Ländernamen vorkommende Wortbestandteil  "-stan"

( z.B. Kasachstan, Tatarstan, Turkmenistan, Afghanistan, Hindustan, Pakistan, Tadschikistan, Usbekistan )

ist  p e r s i s c h e n  Ursprungs und bedeutet  "Ort des",  "Heimat von".

 

(siehe dazu: wikipedia: "-stan").

 

Sogar die heutige deutsche Sprache enthält viele Wörter persischen Ursprungs.

 

Worte persischen Ursprungs in der deutschen Sprache

 

Baldachin

Basar

Diwan

Kaftan

Karawane

Kaviar  ( Cahv-Jar = "Kuchen der Freude")

Khaki

Kiosk

lila

Jasmin

Joch

Magie – Magier

Mord  ( = Tod )

Maus

Orange

Paradies

Pfirsich

Pistazie

Pyjama

Rochade

Schach

Schal

Scheck

Spinat

Stern

Tasse

Tulpe

und

warm

Zucker

 

Nowgorod und Kasan

 

Zwei Städte waren es, die zu Toren werden sollten, durch die wichtige musikalische Einflüsse  nach Russland gelangten und die russisch-ostslawische Musikkultur prägten: Nowgorod und Kasan.

Nowgorod:

seit der russischen Staatsgrüngung 862 das Tor zum europäischen Westen und Norden; 

Kasan:

seit der Einverleibung ins russische Reich 1552 das Tor zum asiatischen Süden und Osten.

NOWGOROD steht für den warägischen, finnischen und westeuropäischen Einfluss,

KASAN  für den tatarischen Einfluss, der aber bereits seit dem "Tatarenjoch" 1223

und schon vorher durch zahlreiche Berührungen mit den Kotschewniki bestand.

1552 wurde durch die Eroberung Kasans für Russland das Tor zum Vielvölkerstaat aufgeschlossen.

Gewiß gibt es noch mehr Städte, die für die Kultur Russlands und für den Einfluss fremder Kulturen auf Russland große Bedeutung hatten, z.B. Kiew, das im 9. Jhd die Nachfolge von Nowgorod angetreten hat ("Kiewer Rus").

Nowgorod und Kasan sollen hier nur beispielhaft für die Nähe und Verbundenheit Russlands zur europäischen und zur asiatischen  Kultur stehen.