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Всё о балалайке
8 Kapitel über die russische Balalaika
KULTURGESCHICHTE - ONTOGENESE - AUFBAU - TECHNIK
Informative Website
über das russische Musikinstrument BALALAIKA
und mit der Balalaika verwandte Instrumente.
Die Webseite wird stetig aktualisiert und korrigiert. Es gilt immer die neueste Version.
Letzte Aktualisierung: am 1. 09. 2024
Die russische Balalaika
und ihre Verwandtschaft mit den alt-orientalischen,
alt-russischen, finno-ugrischen, kaukasischen und asiatischen Saiteninstrumenten
TANBUR, DOMBRA, DOMRA, BANDURA, GUSLI, PSALTERIUM,
и др.
BILDER EINER AUSSTELLUNG
Bilderrahmen bestimmen das Design dieser Website. Die Texte und Bilder haben die russische Balalaika zum Inhalt.
Das nebenstehende "Exponat" zeigt eine Balalaika aus der Werkstatt von Iwan A. Sjusin,
St. Peterburg, um 1900.
Bemerkenswert sind 2 besondere Merkmale, die zu dieser Zeit viele Balalaiken aufwiesen:
1. Quadratische (!) Schallöffnung gestaltet als Fenster einer russischen Isba´ (Bauernhütte).
2. Geigenwirbel, von unten in das Wirbelbrett eingesteckt. Heutige Balalaiken haben rundes (!) Schall-Loch und eine Wirbelmechanik mit seitenständigen Wirbeln.
Часто задаваемые вопросы о балалайке
Themen dieser Webseite sind u.a.:
Wo kommt die Balalaika her? Was ist ihr kultureller Hintergrund?
Wie ist eine Balalaika aufgebaut ?
Wie sind die Saiten en der Balalaika gestimmt ?
Welche Saitenstärken sind empfehlenswert ?
Warum ist die Balalaika dreieckig? War es immer schon so ?
Was ist eine Kupfer-Balalaika ?
Was haben Kürbis, Backtrog, und Paddel mit der Balalaika zu tun ?
Sind bemalte Balalaiken spielbar - oder sind sie nur Deko ?
Die Balalaika:
Außergewöhnliche Form
TRIGONIUM = DREIECKSFORM
Während viele Zupf- und Streichinstrumente (z.B. Violinen, Gitarren und Mandolinen und Lauten) gerundete, oval-taillierte und andere ausgeklügelte
kurvenreiche Formen besitzen, präsentiert sich
die russische Balalaika in einer puristischen
DREIECKS-FORM (TRIGONIUM).
Das DREIECK der Instrumentendecke ist das typische optische Erkennungszeichen der Balalaika.
Das gilt für alle Baugrößen der Balalaika:
siehe die nachfolgende Grafik der Balalaika-Größen.
Die Faszination
des Balalaika-Klangs
"SCHÖNHEIT DES KLANGS"
Sogar professionelle Violinspieler sind von der Schönheit des Klanges der Balalaika und von ihrem "dulce melos" fasziniert. Der folgende oft zitierte Ausspruch des Dichters und Philosophen Fjodor M. Dostojewski gilt auch für den Klang der Balalaika:
красота спасёт мир
"Die Schönheit rettet die Welt"
(. . . если мир спасёт красоту . . . )
DIE HEUTIGE BALALAIKA
geht zurück auf einen "Prototyp", der 1884 vom russischen Musiker W. W. Andrejew entwickelt wurde, aufbauend auf einer traditionellen Volksbalalaika mit schmal-dreieckigem Korpus. Die heutige Balalaika ("Andrejew-Balalaika")
besitzt eine breit-dreieckige Decke mit einem sehr kleinen Schallloch (Durchmesser: meist 3/4 Zoll). Die Decke ist aus Fichtenholz gefertigt.
Die Korpus-Schale besteht aus 2 schräg gesetzten seitlichen Zargen, einem schräg gesetzten Hinterbrett (russ.: "Sadinka") und einem flach gewölbten Boden, der, je nach Bauart, aus 4 oder 5 Holz-Elementen ("Spänen", "Planken", "Lamellen") zusammengesetzt ist. Die Gesamt-Schale (= Zargen plus Boden) besteht also aus 6 bzw. 7 Holzteilen. Als Material wird hauptsächlich verwendet: Birke, Buche oder Ahorn.
Die Balalaika besitzt 3 Saiten, die auf E4, E4 und A4 gestimmt sind.
(A4 = a´ = a1 = la ="Kammerton" = 440 Hz = Wellenlänge 77 cm)
Das Stimmen der Saiten geschieht durch Wirbel-MECHANIKEN mit senkrecht stehender Stell-Achse und seitenständiger Flügel-Achse (Übersetzung: 1:12 bis 1:18, bei Meister-Balalaiken auch 1:40).
Die "Standard-Balalaika" hat 16 chromatisch gesetzte Bünde (= Tonumfang E4 bis C#6). Konzert-Balalaiken haben 19, 24 oder 31 Bünde. 31 Bünde entsprechen einem Tonumfang von 3 Oktaven. Der 16. Bund befindet sich stets am Hals-Korpus-Übergang.
Balalaiken werden seit Andrejew in verschiedenen Größen gebaut.
Die meistgespielte Balalaika, die PRIM-BALALAIKA, ist ca. 68 cm lang und ca. 44 cm breit. Der Korpus ist ca.
11 cm hoch. Die Mensur (= schwingende Saitenlänge) beträgt 43 bis 44 cm.
Anmerkung:
Original russische Balalaiken besitzen keinen Wirbel-KASTEN, sondern ein bootspaddelförmiges,
ca. 1 cm starkes Wirbel-BRETT (= "Kopfplatte").
Ein Wirbel-KASTEN ist anzutreffen bei der Domra,
der "runden Balalaika", in ihrer 4-saitigen Ausführung.
Dem Geheimnis des Balalaika-Klangs auf der Spur
Nicht nur die Optik, sondern auch der Klang des Instruments gilt als ungewöhnlich und unverwechselbar. Die Balalaika wird deshalb auch
als "dreieckiges Klangwunder" bezeichnet.
Der Klang der Balalaika wird vielfach verglichen mit dem Klang einer GLOCKE ("dreisaitige Glocke") ("трёхструнный колокольчик") und mit dem Gesang einer NACHTIGALL.
"Балалайка - трёхструнный колокольчик"
"Die Balalaika - eine dreisaitige Glocke"
DIE BALALAIKA:
EINE "DREISAITIGE GLOCKE"
In zahlreichen Beschreibungen der Balalaika wird hervorgehoben, daß sie nicht nur die FORM einer Glocke besitzt, sondern daß auch ihr KLANG mit dem einer (metallenen) GLOCKE vergleichbar ist.
Definition:
WAS IST EINE BALALAIKA ?
Die Balalaika ist ein im ostslawischem Raum (insbesondere in Russland und der Ukraine) verbreitetes Zupf-Instrument. Das Musikinstrument steht in der Tradition der Jahrtausende alten persischen TANBUR, eines Saiten-Instruments mit langem Hals und kleinem ovalen Korpus.
Entlang der antiken Seidenstraße fand dieses Instrument weite Verbreitung, auch beiderseits der nach Norden verlaufenden Nebenroute, die vom Kaukasus und dem Kaspischem Meer über die Wolga und andere Wasserstraßen bis zur Ostsee führte.
Im Laufe der Jahrhunderte entstanden viele Formvarianten der Tanbur, die regional jeweils eigene Benennungen erhielten. Viele dieser Namen sind etymologische Abwandlungen von "TANBUR". Als Beispiel für letztere seien genannt: die indische Tanpura, die kasachische Dombra, die georgische Panduri, die tschetschenische Pondur, die ukrainische Bandura und die in Bosnien, Kroatien und Serbien verbreitete Tamburica.
Es gibt aber auch zahlreiche eigenständige Namensgebungen, die
nicht von "TANBUR" abgeleitet sind: In Russland
erhielt das Instrument irgendwann vor dem 17. Jhd. den Namen "Balalaika". Eine genaue Datierung dieser Namensgebung läßt die Quellenlage nicht zu.
Bis ins 19. Jhd. wurden als "Balalaika"auch nicht-dreieckige Instrumente des Tanbur-Typs bezeichnet.
Der Korpus-Umriss einer "Balalaika" konnte viele Formen aufweisen, z.B. rund, zwiebelförmig, oval,"abgeschnittenes Ei", bootspaddelförmig oder dreieckig. Balalaiken wurden hergestellt sowohl aus HOLZ als auch aus einem halbierten KÜRBIS
("KALEBASSEN-BALALAIKA").
Jede Bau- bzw. Form-Variante hatte ihre eigene
Klang-Charakteristik. Durchgesetzt hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts - wegen der Besonderheit ihres Klangs - die in HOLZ-BAUWEISE hergestellte DREIECKIGE BALALAIKA. Gegenüber anderen Bau-Formen war die dreieckige Balalaika imstande, ein Klangbild von einzigartiger Präsenz
und Klarheit zu erzeugen. Das "dulce melos" dieses Instruments beeindruckte durch seine unvergleichliche Eindringlichkeit.
Eine Erklärung für diese Wirkung liefert die Physik:
AKUSTISCHER TRICHTER
KLANGTRICHTER
Physikalisch gesehen stellt der Korpus der Balalaika, gebildet aus der dreieckigen Decke
und dem schalig-gewölbten "Unterbau", einen
(längs-halbierten) AKUSTISCHEN TRICHTER dar
("Schall-Trichter", "Klang-Trichter",
"Klang-Horn").
Trichterräume gibt es in einer Vielzahl von Formen. Naturgewachsene Trichter sind HÖRNER.
Konstruierte Trichter besitzen entweder eine runde Schall-Austrittsöffnung, (z.B. der kegelförmige Trichter und der aus einem Rotations-Paraboloid gebildete Trichter)
oder verschiedene eckige Formen (z.B. der pyramidenförmige Trichter mit quadratischer Mündung). Vielfach haben Trichter eine Form,
die aus einer Kombination verschiedener geometrischer Raumkörper konstruiert ist.
Trichter können einen Mund mit 360 Grad-Querschnitt besitzen oder auch halbiert sein wie z.B. der muschelförmige Halbtrichter-Souffleurkasten an der Theaterbühne, die Architektur der halbkreisförmigen 180-Grad-Amphitheater oder - die Balalaika.
Klänge, die in Trichterräumen erzeugt werden, besitzen eine besondere Präsenz und Eindringlichkeit. Dieses Klangspezifikum ist umso intensiver hörbar, je stärker die Trichterform des Instruments ausgeprägt ist.
Klang-Trichter, egal welcher Form, besitzen erstaunliche Eigenschaften: sie bewirken eine Verstärkung des Schalldrucks (sowohl von hohen als auch von tiefen Tönen) und sind imstande, einzigartige unbeschreibbare klangformende Effekte hervorzubringen. Der moderne Lautsprecherbau hat sich die physikalischen Gesetze von Schalltrichtern zunutze gemacht, indem er HORN-LAUTSPRECHER entwickelt hat, die in ihrer Effektivität konventionelle Lautsprechersysteme übertreffen.
Im Musikinstrumentenbau, genauer bei den Blasinstrumenten, sind die Schall-Trichter optisch
sofort an ihrem auffälligen Trichtermund erkennbar:
so bei Trompete, Horn, Posaune, Tuba, Klarinette, Saxophon u.v.a.
Bei Saiteninstrumenten ist die Trichterform oft nicht sofort erkennbar, meist deshalb, weil sie nicht die typische runde, weit geöffnete Schall-Austrittsöffnung eines Blasinstruments aufweisen, sondern eine kastige und verformte Trichterkonstruktion aufweisen.
DER UMGELEITETE SCHALLWEG:
"GESTOPFTES HORN"
Damit der Schall in breitem Strom aus dem Trichtermund eines Blasinstruments, z.B eines Horns,
austreten kann, ist die Schall-Austrittsöffnung weit geöffnet und oft sogar exponential aufgeweitet.
Es gibt jedoch auch Klangtrichter-Instrumente
(sowohl bei Blas- als auch bei Saiteninstrumenten),
bei denen die Trichteröffnung verschlossen ist.
Hornbläser z.B. wenden die Spieltechnik des "gestopften" Horns an. Hier wird der Trichtermund, also die weite Öffnung des Schalltrichters, fast gänzlich durch einen STOPFDÄMPFER oder durch Einführen der Hand
in den Trichtermund verschlossen. Der Schall-Austritt nimmt einen anderen Weg:
er wird zur Seite, also zur Trichterwand hin,
umgelenkt und tritt dortmit hohem Presssdruck aus. Durch diese Technik wird eine Klangfärbung bewirkt, die als "zum Metallischen hin tendierend" beschrieben wird.
Die Balalaika kann - unter diesem Aspekt gesehen -
als ein solches "gestopftes Horn" angesehen werden. Die reguläre Öffnung des "Balalaika-Horns"!
wird durch die Sadinka, also das Hinterbrett, verschlossen. Der Klang, genauer der schwingende Luftstrom, nimmt seinen Weg durch das an der Trichterwand befindliche Schallloch hindurch.
Eine Nebenbemerkung:
Bei einigen Tanbur-Instrumenten ist das Schalloch konusförmig aufgebohrt, also als kleiner kurzer Trichter ausgeführt.
Einen trichterförmigen Resonanzkörper besitzt nicht nur die Balalaika, sondern auch (in abgewandelter Form, nämlich in der schmalen und langgestreckten Bauweise eines Klang-Horns) der Resonanzkasten der HARFE,
was die faszinierende "schwebend-transzendente" Klangwirkung beider Instrumente erklärt.
Die Balalaika wird oft als "dreisaitige Glocke" bezeichnet. Diese Klangbeschreibung gilt aber
nur für den Idealfall.
Jede Balalaika hat ihren eigenen spezifisches Klang. Dieser ist abhängig vom verwendeten Holz, von der Geometrie des Korpus, von der Besaitung und von vielen anderen Faktoren.
Sehr oft machen Instrumentenbauer die Erfahrung, dass ein Instrument am Ende anders klingt als am Anfang geplant.
BALALAIKA-KLANGFARBEN
Balalaikaspieler, die mehrere Instrumente besitzen, machen manchmal die Erfahrung, dass Balalaiken derselben Größe, Bauart und Saitenstimmung aus unerklärlichen Gründen ganz verschieden klingen.
Mit anderen Worten: Jedes Instrument besitzt eine eigene, sehr unterschiedliche KLANGFARBE.
Je nach Klangfarbe kann man Balalaiken (in einer groben Bestimmung) in 2 Kategorien einteilen, wobei jede Balalaika eine Tendenz entweder zu der einen oder der anderen Kategorie hat.
BALALAIKA:
2 KLANG-KATEGORIEN
1. Balalaiken mit m e t a l l o p h o n e r Klang-Farbe ("Glockenklang")
2. Balalaiken mit x y l o p h o n e r Klang-Farbe ("Holzklang")
Im Wort "KLANGFARBE" sind die Begriffe "Klang" und "Farbe" in Analogie zueinander gesetzt. Das bedeutet: Eine optische Farbskala ist dazu geeignet, den Klang-Charakter eines Musikinstruments zu visualisieren.
Die bekannteste Farbskala ist das durch Lichtbrechung erzeugte sog."Regenbogenspektrum" mit den 7 Farben Violett, Indigo, Blau, Grün, Gelb, Orange, Rot
Wendet man diese Farbskala auf das akustische Klangfarben-Spektrum der Balalaika an, so läßt sich folgende Aussage machen:
1) Eine Balalaika der Klangfarben-Kategorie 1
entspricht der Farbe VIOLETT, also der hochfrequenten Grenz-Farbe des Regenbogens.
2) Eine Balalaika der Klangfarben-Kategorie 2
entspricht der Farbe ROT, also der niedrigfrequenten Grenz-Farbe des Regenbogenspektrums.
In der Realität ist es oftmals schwierig, einer Balalaika eine eindeutige Zuordnung zu den beiden Grenzfarben Violett oder Rot zu geben.
Viele Balalaiken besitzen eine Klangfarbe zwischen beiden (Klang-)Farb-Extremen.
Einen Korpus mit der Form eines langes schmalen Hornes ähnlich des Resonanzkastens der Harfe besitzt die TROMBA MARINA.
Obwohl sie ein eindeutiges Saiteninstrument ist (mit nur 1 Saite und in der Gestalt einer super-schlanken Kontrabass-Balalaika) trägt sie wegen ihrer Horngestalt den Namen eines Blasinstrumentes: "Tromba marina" bedeutet "Meeres-Trompete"= Ein langer schmaler Trichter-Wirbel über dem Meer (Twister).
3 Irrtümer über die Balalaika
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, das Datum der Erst-Erwähnung des NAMENS "Balalaika" mit dem Datum der "Erfindung" des INSTRUMENTS gleichzusetzen. Der Name "Balalaika" ist zum ersten Mal im Jahr 1688 urkundlich bezeugt. Das Instrument ist jedoch viel älter. Der Instrumenten-Typ, der später "Balalaika" genannt wurde, steht in der Tradition der Jahrtausende alten persischen TANBUR und war schon lange vor der Gründung des Altrussischen Staates (im Jahr 862 in Nowgorod) im ostslawischen Gebiet sowie in vielen anderen Gebieten südlich und nördlich der Seidenstraße bekannt und in Gebrauch. Eine Nebenroute der Seidenstraße führte von Persien aus über das Kaspische Meer und entlang der Wolga und anderer Wasserwege bis zur Ostsee.
Ein zweiter, weit verbreiteter Irrtum ist es, wenn in alten Quellen von der "Balalaika" die Rede ist, dieses Instrument gleichzusetzen mit der heutigen Balalaika in ihrer breiten Dreiecks-Form. Mit "Balalaika" wurde ein Tanbur-Instrument j e d w e d e r Form bezeichnet!
Der Korpus konnte oval, halbkugelförmig, paddelförmig oder dreieckig sein. Die Tanbur ("Balalaika") wurde, je nach lokaler Tradition, aus einem halbierten Kürbis oder aus Holz hergestellt.
Ein dritter Irrtum besteht darin, die lokale Herkunft einer Sache mit der Herkunft des Namens der Sache gleichzusetzen.
Das Wort "Balalaika" ist ein volkskundlicher Trivialname. Es gilt als sicher, dass der Name aus dem tatarischen Wort "bala" (Kind) gebildet wurde. Russland stand von 1223 - 1480 unter tatarischer Herrschaft.
Bis heute enthält die russische Sprache eine große Fülle von Wörtern tatarischen Ursprungs.
Wenn das W o r t "Balalaika" tatarisch/mongolischen Ursprungs ist, bedeutet das nicht, dass auch
das I n s t r u m e n t Balalaika mongolischen Ursprungs ist! Nach dieser falschen Logik müsste auch der Nebel von den Mongolen nach Russland gebracht worden sein: denn das russische Wort für Nebel ("tuman") ist tatarischer Herkunft!
Typische Suchmaschinen-Frage:
"In welchem Land wurde die Balalaika erfunden ?"
Die Balalaika in ihrer heutigen Gestalt wurde 1884 in Russland, im Gouvernement Twer, von Wassili W. Andrejew entwickelt, aufbauend
auf der Form einer traditionellen russischen „Dorf-Balalaika". Die aus Holz gefertigte dreieckige russische "Dorf-Balalaika" ist eine von vielen Varianten der Jahrtausende alten persischen Tanbur. Entlang der persischen Seidenstraße (seit dem 5. Jhd. v.Chr.) gelangte die Tanbur auch über das Kaspische Meer nach Norden: in den Kaukasus und weiter in Richtung Ostsee, in das Gebiet der "Gardarike", dem "Reich der (warägisch/russischen) Städte". Eine der bedeutendsten Städte dort war die Handelsmetropole Nowgorod (am Wolchow). Hier wurde im Jahr 862 der Alt-Russische Staat gegründet.
Seit 1184 war Nowgorod eine Stadt der Hanse und entwickelte sich in der Folgezeit zum größten Handelsplatz Ost-Europas. Auch alle anderen frühen russischen Städte sind aus Kaufmannssiedlungen entstanden und besaßen Marktplätze, auf denen mit allen Dingen des täglichen Lebens, auch mit selbstgefertigten Musik-Instrumenten, gehandelt wurde. Musikinstrumente fanden naturgemäß große
Beachtung, denn auf Märkten gab es immer auch
Musik und Tanz. Besonders die Jahrmärkte besaßen Volksfest-Charakter.
Weshalb die Namens-Umbenennung der Tanbur in "Balalaika"?
3 Erklärungen
(basierend auf tatarisch "bala" = Kind):
1. Die Balalaika wird gehalten wie ein Kind (bala) auf dem Schoß.
Im Gegensatz zum alten weit verbreiteten russischen Volksinstrument "Gusli", einer Brettzither, wurde das Hals-Instrument "Tanbur" beim Spielen wie ein Kind ("bala") auf dem Schoß und im Arm gehalten.
2. Der Korpus der Kürbisbalalaika ähnelt dem Kopf eines Kindes (bala), das man auf dem Schoß hält.
Frühe Balalaiken wurden aus einem Kürbis hergestellt. Der runde Korpus erinnerte an einen Kinderkopf. Die Assoziation Kürbis = Kopf in Bezug auf die Balalaika findet sich beim russischen Dichter Nikolai Gogol.
3. Die Balalaika-"Sprechweise" ähnelt der Sprache eines Kindes (bala).
Das tatarische Wort "bala" ( Kind ) ist ein lautnachahmendes Wort, das sich auf die einfache Sprache eines Kleinkindes bezieht: Das Kleinkind macht "b(a)la, b(a)la", es "plappert", "babbelt" ". Ebenso die Balalaika. In ihrer einfachen Spielart auf oft nur 2 Saiten "spricht" sie wie ein Kleinkind.
Dennoch - oder gerade deshalb - berührt ihre Sprache die Seele.
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wird der Name "Balalaika" allein auf die breit-dreieckige (!) Holz-Ausführung des Instruments angewandt.
Das entsprechende Instrument mit halbkugelförmigem (!) Korpus (sog. "runde Balalaika") heißt DOMRA .
Balalaika und Domra sind zwei Varianten der persischen Tanbur.
Das eine Instrument ist nicht aus dem anderen hervorgegangen, sondern beide Instrumenten-Typen existierten gleichzeitig. Entscheidend war die lokale Tradition und das zur Verfügung stehende Material (Kürbis oder Holz). Auch die individuelle schöpferische Freiheit des Instrumentenbauers darf nicht unterschätzt werden.
Der Name "DOMRA" ist ethymologisch abgeleitet von "TANBUR" und verweist somit sprachlich auf die Verwandtschaft mit dem alten persischen Zupfinstrument.
Schallloch-Felder
Die Verwandtschaft historischer russischer Balalaiken (vor 1900) mit der persischen Tanbur - egal welche Korpusform beide besitzen - zeigt sich sehr oft darin, dass alte russische Balalaiken statt eines einzelnen runden Schallochs eine
Vielzahl von kleinen Schallloch-Bohrungen aufweisen.
Diese bilden ein Dekor-Feld (Kreis, Stern, Kreuz u.a.):
siehe folgendes Bild!
Bei der heutigen persischen Tanbur ist ein solches Dekorfeld immer noch die Regel, ebenfalls bei der in Bosnien, Kroatien und Serbien verbreiteten Tamburica.
Die russischen Balalaiken nach Andrejew 1894 hatten oft eine quadratische fensterförmige Schallöffnung.
Seit 1900 setzte sich ein einzelnes rundes Schallloch durch, meist mit einem Durchmesser von
3/4 Zoll ( = 1,9 cm ).
In der Folgezeit wurden die Schalllöcher etwas vergrößert. Für die Durchmesser wählte man metrische Maße von z.B. 2cm, 2,5 cm und 3 cm.
Balalaiken aus nicht-russischen Werkstätten weisen oft noch größere Schalllöcher auf (mit Durchmessern bis zu 5 cm). Diese Maßnahme geschah, neben vielen anderen Veränderungen, mit der merkwürdigen Absicht, die Balalaika der Gitarre anzugleichen.
- - - Wissenschaftliche Instrumentenkunde - - -
Kastenlauten und Schalenlauten
Die Balalaika: eine Schalen-Langhals-Laute
In der seit 1914 geltenden Systematik der Musikinstrumente ist die Balalaika in die Rubrik "LAUTEN-INSTRUMENT" eingeordnet. Lauten-Instrumente bestehen aus Korpus und Hals. Je nach Korpusform und -konstruktion unterscheidet man Kasten-Lauten und Schalen-Lauten.
Der Balalaika-Korpus hat zwar eine flache, ebene Decke und eine kastige Form, aber wegen der Schrägstellung der zwei seitlichen Bodenplanken ( Zargen), wegen des stark angewinkelten Heckbretts (russ.:"Sadinka", engl.: "transom") und des gewölbten Bodens ist die Balalaika dennoch
in die Gruppe der Schalen - Lauten eingeordnet.
Der Übergang zwischen Schalenlauten und Kastenlauten ist oft fließend. Z.B. gilt die Geige als reine Kastenlaute, obwohl bei ihr Boden und Decke aus schalig ausgehöhlten Brettern bestehen.
GLOCKE - KLANGTRICHTER - AMPHI-THEATER
Die Balalaika klingt nicht nur wie eine Glocke, sondern ihre Korpusform ähnelt auch einer Glocke. Der Glockenklang-Charakter ist besonders dann hörbar, wenn die Saiten des Instruments einheitlich aus Metall bestehen.
KLANGTRICHTER
Eine Glocke kann definiert werden als ein KLANG-TRICHTER, ebenso der Korpus der Balalaika.
Trichter und auch Glocken können
verschiedene Bauformen haben. Die meisten Glocken besitzen einen rotationssymmetrischen Mantel, d.h.: der waagerechte Querschnitt dieser Glocken ist an jeder Stelle kreisförmig. Der Kreisumfang erweitert
sich in Richtung zur Austrittsöffnung stetig:
entweder linear in Gestalt eines Konus (Kegels) oder exponential. Trompeten, Hörner, Posaunen und viele andere Blasinstrumente besitzen Exponential-Trichter.
LAMELLENTRICHTER
Dies führt dazu, dass der Korpus der Balalaika
(= Trichtermantel, Glockenmantel)
eine lamellenförmige Gliederung aufweist. Die
am häufigsten gebauten Balalaiken besitzen entweder die (längs-) halbierte Trichterform einer
12-Eck-Pyaramide (= 6-Span-Balalaika)
oder einer
14-Eck-Pyramide (= 7-Span-Balalaika).
Skizze oben:
Blick in die Öffnung eines aus Lamellen zusammengesetzten runden und halbierten Klangtrichters.,
Links: 14-Lamellen-Klangtrichter.
Rechts: 14-Lamellen-Klangtrichter, längs-halbiert und abgeflacht = der Korpus einer 7-spänigen Balalaika ("Flachkiel-Balalaika"), = sog. "Passerbski-Typ-Balalaika"
DIE VIELECK-PYRAMIDE:
Ausgangsform für Klangtrichter und Balalaika
Abb. links:
Tetradekagonal - Pyramide, halbiert und abgeflacht.
Das Ergebnis:
Der Korpus einer 7-spänigen Balalaika.
Die 7-spänige Balalaika ("Flachkiel-Balalaika") ist ein sehr häufig gebauter Balalaika-Typ, auch "Paserbski-Balalaika" genannt. Die berühmten Balalaika-Baumeister F. Paserbski
und M. Kupfer haben diese kastige Bauart bevorzugt.
TRICHTER-ARCHITEKTUR MIT AUSSERGEWÖHNLICHER AKUSTIK :
DAS AMPHITHEATER
Entfernt man bei der Restauration einer Balalaika die Holzdecke, dann offenbart ihr Innenraum etwas Überraschendes: Erkennbar wird die Architektur eines halbkreisförmigen Amphitheaters !
Physikalisch gesehen stellen der Korpus der Balalaika und die Bauform
des Amphi-Theaters beide einen Klang-Trichter dar:
Es sind trichterförmige Räume. Der Resonanzkörper
der Balalaika ist - im Gegensatz zum Amphitheater - jedoch geschlossen.
Die Zuschauertribünen vieler Amphi-Theater besaßen - ebenso wie die Grammophon-Trichter - eine lamellenartige Gliederung. Eine solche Gliederung weisen nicht nur Freilicht-Bühnen aus, sondern viele innenliegende Versammlungsräume, besonders Parlaments-Säle wie z.B. der französische Parlaments-Saal.
Amphitheater und Balalaika sind beides Orte künstlerischer Darbietung. Die antiken Amphitheater sind bekannt für die erstaunlichen akustischen Wirkungen und Effekte, die sie hervorbringen. Durch ihre besondere Architektur sind Amphi-Theater in der Lage, Töne und Klänge in unglaublicher Klarheit zum Ohr der Zuhörer hin zu transportieren.
Die klangproduzierenden und klangreflektierenden Architektur-Elemente des antiken Amphitheaters sind:
die Orchestra (= Spielfläche), Bühnen-Hinterwand, und die Tribüne.
Alle diese Elemente sind in modifizierter Form und in veränderter Anordnung - auch bei der Balalaika vorhanden.
1. Die Balalaika-Decke = die Orchestra.
2. Die Korpus-Schale = die Tribüne
3. Das Hinterbrett = die Bühnen-Hinterwand
Die Orchestra ist der Ort, an dem das Klangbild erzeugt wird. Von hier aus werden die Schallwellen zur Tribüne bzw. Korpusschale "geworfen": sowohl auf direktem Weg als auch indirekt durch Reflexion an der Hinterwand.
Das Hinterbrett (russ.: "Sadinka") steht nicht (wie die Zarge einer Gitarre oder Geige) senkrecht im 90 Grad-Winkel zur Decke, sondern in einem Winkel von +/- 60 Grad. Die Schrägstellung bewirkt, dass die Schallwellen in direkter Richtung zur Decke und zum Schallloch hin reflektiert werden. Ein Teil der Schallwellen gelangt nach außen durch die runde Öffnung des Schalllochs.
Weil dieses - im Gegensatz zur Gitarre - sehr klein ist, wird das Klangbild sehr druckvoll. In Verbindung mit der Deckenschwingung entsteht in der Summe ein sehr "präsentes", glockenartiges Klangbild .
Die 4 wichtigsten klangbestimmenden Merkmale der Balalaika:
1. Die DREIECKS-Form der Instrumenten-Decke (vgl. altrussische Gusli)
2. Die Glocken-Form der Korpus-Schale
(Klangtrichter-Akustik)
3. Korpus mit geringer Höhe
(vgl.: Kasten-Instrumente wie Geige, Zither)
4. Das kleine Schall-Loch: Durchmesser 3/4 Zoll
(= 1,9 cm) und kleiner.
Anmerkung zu 3 und 4:
Für Saiteninstrumente - egal, welcher Form - gilt allgemein: Ein flacher Korpus und ein kleines Schallloch bewirken eine "direkte Ansprache" des Instruments (= "kurzes Sustain"), einen bass-armen Ton und ein präzises, sehr eindringliches Klangbild.
Weitere klangbeeinflussende
Bau-Komponenten:
1. Die Art und die Stärke der verwendeten Hölzer.
2. Der verwendete Leim (Fischleim, Knochenleim, synthetischer Leim)
3. Die geometrische Anordnung und die Stärke der unter
die Decke geleimten Holzleisten ("Federn")
4. Die Steifigkeit des Instrumentenhalses (Stimmstab-Effekt!)
5. Die Lackierung der Instrumentendecke (Schellack, Wachs, Öl, Nitrolack, Acryl-Lack, Polyurethan-Lack, . . .)
6. Die Form, die Größe, das Material und die Passgenauigkeit des Saitenstegs
7. Das Material und die Stärke der Instrumenten-Saiten.
8. Die Ausführung der Schlagplatte (der Dämpfungsfaktor des Materials, die Größe, der Abstand zur Decke, ...)
9. Die Konstruktions-Geheimnissse des Instrumentenbauers. .
FORM - ANALYSE
DIE 3 PRÄGENDEN FORMEN DER BALALAIKA:
Es sind drei geometrische Grundformen, die den GESAMT-KORPUS der heutigen russischen Balalaika bestimmen: Diese offenbaren sich im Blick auf
Längs-, Querschnitt und Draufsicht des Instruments.
Der Korpus der Balalaika wird bestimmt durch die drei Formen:
TRAPEZTROG - HALBKUGEL - DREIECK
1. TRAPEZ (Trapezförmiger TROG)
erkennbar im Längsschnitt der Balalaika
2. HALBKUGEL (Zur Halbkugel tendierende polygonale SCHALE, erkennbar im Querschnitt der Balalaika
3. DREIECK (Dreieckige Korpusdecke, erkennbar in der Draufsicht von oben)
Die Bau-Komponenten des
Balalaika-Korpus
Die Korpus-Schale wurde in früherer Zeit aus einem einzigen Stück Holz herausgehauen. Heute wird sie
aus mehreren Holzteilen zusammengeleimt.
Der Balalaika-Korpus besteht aus
1. der dreieckigen Korpus-Decke
2. der (halb-)trichterförmigen Korpus-Schale, die durch das schräge Hinterbrett abgeschlossen wird.
Der Balalaika-Korpus besitzt die Form einer (längs- halbierten) trichterförmigen Glocke.
In Entsprechung zum GLOCKENMANTEL kann die Korpus-Schale der Balalaika, bestehend aus den seitlichen Zargen und und dem Korpus-Boden,
als KORPUS-MANTEL definiert werden.
Die Korpus-Schale wird gebildet aus
folgenden 3 Bau-Einheiten:
1) Die zwei seitlichen Zargen
("Zargen-Späne","Rand-Späne")
Die beiden an die Decke angrenzenden Zargenspäne sind nicht - wie bei einer Geige, Gitarre oder Zither - im rechten Winkel (90 Grad) zur Decke gestellt,
sondern in einem Winkel von ca. 70 - 80 Grad.
2) Der Korpus-Boden
Der Korpus-Boden befindet sich zwischen den beiden Zargen. Er ist gewölbt und in der Regel aus mehreren (ca 3mm starken) Brettern zusammengesetzt.
Für diese gibt es verschiedene Bezeichnungen: z.B. .
"Bodenspäne", "Boden- Elemente", "Planken", "Segmente", "Streifen", "Lamellen", ...
3) Das Hinterbrett
(Heck-Brett, Hinterzarge, Sadinka, Transom)
Die Sadinka ist der hintere schräge Abschluss der Korpus-Schale. Das Hinterbrett besteht aus dickerem Holz als die Boden- und Seitenspäne. Sie ist in einem größerem schrägen Winkel zur Decke gestellt als die Zargen. Der Winkel beträgt ca. 45 - 60 Grad.
Typ-bestimmend:
Die Bauart der Korpus-Schale
Nicht die Dreiecksform der Instrumenten-Decke, sondern ihr "Unterbau", also die Gestalt der
Korpus-Schale, ist das entscheidende Kriterium für die folgende Typen-Einordnung der Balalaika.
DIE 3 BAUART-TYPEN DER BALALAIKA HEUTE
1) Flachkiel-Balalaika
Korpus-Boden mit mittiger Boden-Planke.
Der Korpus-Boden besitzt eine ungerade Anzahl von Spänen.
Aufbau der Gesamt-Korpusschale:
2 Zargen + 3 (oder + 5) Boden-Planken.
Flachkiel-Balalaiken mit 7 Spänen (5 Bodenspäne + 2 Zargen) wurden gebaut von dem berühmten Balalaika-Baumeister F. S. Passerbski. Deshalb auch:
"Typ Passerbski". Auch der Balalaika-Baumeister Kupfer baute seine Balalaiken in dieser kastigen Flachkiel-Bauart.
2) Spitzkiel-Balalaika
Korpus-Boden V-förmig mit mittiger NAHT.
Der Korpus-Boden besitzt eine gerade Anzahl von Spänen.
Aufbau der Gesamt-Korpusschale:
2 Zargen + 2 (oder + 4) Boden-Planken:
Der Kunsttischler und Balalaika-Baumeister S. Nalimow
baute Balalaiken mit 6 Spänen (4 Bodenspäne + 2 Zargen).
Deshalb auch: "Typ Nalimow".
3) Wölbbrettboden-Balalaika
Der Korpus-Boden besteht aus einem einzigen (schwach gewölbten) Bodenbrett.
Aufbau der Gesamt-Korpusschale:
2 seitliche Zargen + 1 gewölbtes einteiliges Bodenbrett.
Bei allen drei Bauarten der Balalaika ist der Korpus-Boden in seiner Gesamtheit stets gewölbt. Ein planer Boden ist die absolute Ausnahme.
Der Bauart-Typ einer Balalaika ist leicht zu erkennen, indem man auf das Hinterbrett (die Sadinka) blickt.
Die folgende Bildergalerie, in der die Balalaiken "kiel-oben" dargestellt sind, zeigt diese Sicht.
NEUZEITLICHE SONDER-BAUART:
BALALAIKEN MIT KORPUS-SCHALE AUS KUNSTSTOFF
Bei dieser weit verbreiteten "Plastik-Balalaika"
sind die Seitenzargen und Boden-Planken der Instrumenten-Schale (Balalaika-Mantel)
als einteilige "Schürze" aus Plastikmasse gegossen und in Lamellenform gepresst.
Decke und Hinterbrett (Sadinka) bestehen jedoch aus Holz, ebenfalls Wirbelbrett und Hals. Auch das Griffbrett ist nach herkömmlicher Art gearbeitet: aus Holz mit eingelegten Metallbünden.
Die "Plastik-Schürze" der "Plastmassa-Balalaika" imitiert entweder die Passerbski-Bauart ("Mittel s p a n ") oder die Nalimow-Bauart ("Mittel n a h t ").
Plastmassa-Balalaiken werden als preiswerte "Souvenir-Balalaiken" verkauft. Auf der Decke ist meist ein ornamentales Rankenmuster augedruckt.
Viele dieser "Fabrik-Balalaiken" sind unspielbare Dekorations-Balalaiken. Aber es gibt auch Ausnahmen.
Moderne Plastik-Balalaika und alte Kalebassen-Balalaika: Überraschende Ähnlichkeit
Viele "Plastik-Balalaiken" haben einen guten Klang und sind gut spielbar. Sie besitzen eine hochwertige Fichtenholz-Decke und präzise gesetzten Bünde.
Der gute Klang verwundert nicht, denn die "Plastmassa-Balalaiken" sind von der Bauart her verwandt mit der uralten Kalebassen-Balalaika, hergestellt aus einem halbierten Kürbis, einem Instrument, dessen Klang hochgerühmt war.
Die Bauart der Kalebassen-Balalaika des 19. Jhds. und der "Plastmassa-Balalaika" des 21 Jhds. ist die gleiche:
ein 1-teiliger Schalenkorpus (entweder naturgewachsen oder gegossen) mit aufgeleimter Holzdecke.
Ein Plastik-Korpus begegnet sowohl bei Prim- als auch bei Kontrabass-Balalaiken.
Plastmassa-Balalaiken werden oft abschätzig beurteilt, aber
es sei angemerkt, dass es auch Gitarren und Ukulelen mit Plastik-Korpus gibt, die faszinierend klingen.
Die "OVATION"-Gitarre und die "FLUKE"-Ukulele, beides Instriumente mit Plastik-Korpus, besitzen sogar Kult-Status!
Die balalaikaförmige Fluke-Ukulele, ein 400 Euro teures Plastik-Instrument, geht sogar noch einen Schritt weiter als die Plastmassa-Balalaika: bei dieser Kult-Ukulele sind auch Griffbrett und Bünde (!) als zusammenhängende Einheit aus Plastik gegossen!
KLEINE UND GROSSE BALALAIKEN
Die "Volksbalalaika" und die "akademischen Balalaiken"
Der russische Musiker Wassili W. Andrejew verbesserte die alte traditionelle Volks-Balalaika ("Samodelka-Balalaika", "Dorf-Balalaika", "Bauern-Balalaika").
1. Er verbreiterte ihren dreieckigen Korpus
2. Er schuf eine chromatische Bundierung.
3. Er schuf eine "Balalaika-Familie"
Um die Balalaika konzertfähig zu machen, schuf er - nach dem Vorbild der Violin-Familie - verschiedene Baugrößen.
Die traditionelle Volks-Balalaika bekam die Bezeichnung "Prim-Balalaika". Ihr fügte er 2 kleinere und 3 größere Instrumente der gleichen Bauart hinzu.
Diese 5 hinzugefügten Balalaiken sind nicht traditionelle Volksinstrumente,
sondern sind "akademische Schöpfungen".
Es sind intelligente Weiterentwicklungen der traditionellen russischen Volksbalalaika, geschaffen für den Konzertgebrauch.
Die Anzahl der "Familienmitglieder" der Konzertbalalaika-Familie hat im Laufe der Zeit gewechselt und man findet verschiedene Angaben über die Zahl der "Familienmitglieder".
Die nachfolgende gelbe Tabelle gibt den heutigen Stand wieder.
Auf die Angabe der I n s t r u m e n t e n - B r e i t e wurde in der obigen Tabelle verzichtet. Es gilt zwar das Norm-Maß: Korpusbreite = Mensur, aber viele Instrumentenbauer bestimmen die Breite oft frei und intuitiv.
Diskant-Balalaika
* Die Diskant-Balalaika wird seit ca. 1920 nicht mehr gebaut. Sie "lebt" aber heute weiter in den ca. 40 cm hohen Balalaiken ("Kinder-Balalaiken"), die in der Kategorie "Spielbare Instrumente" in russischen Souvenir-Läden angeboten werden. ( Länge: 42 cm, Höhe: 8 cm, 6 Späne- Korpus, Mensur: 28,5 cm ).
"FAMILIENGESCHICHTE"
DIE BALALAIKA - FAMILIE 1897 - 2024
DIE ERSTE BALALAIKA - FAMILIE 1897:
6 INSTRUMENTE
= 5 Balalaiken von Diskant bis Bass + 1 Kontrabass-Balalaika
Die erste "Balalaika-Familie" von 1897 umfasste folgende 6 Instrumente:
дискант, пикколо, прима, альт, бас, контрабас.
Diskant, Pikkolo, Prima, Alt, Bass, Kontrabass
In den Folgejahren erfuhr die Balalaika-Familie einige Veränderungen:
1. Die Diskant-Balalaika wurde aus der Instrumentenfamilie entfernt
2. Zwischen Prim-und Alt-Balalaika wurde die Sekund-Balalaika eingefügt
3. Die Kontrabass-Balalaika wurde, bei gleichbleibender Stimmung, um drei Baugrößen erweitert. Es gibt also heute 4 Varianten Kontrabass-Balalaiken.
DIE BALALAIKA - FAMILIE 1906:
8 INSTRUMENTE
= 6 Balalaiken von Diskant bis Bass + 2 Kontrabass-Balalaiken
Im Jahr 1906 kamen 2 weitere Instrumentengrößen hinzu:
Sekund-Balalaika und Subkontrabass-Balalaika.
Die Familie der Konzert-Balalaika bestand 1906 aus 8 Instrumenten :
Subkontrabass-Balalaika, Kontrabass-Balalaika, Bass-Balalaika, Alt-Balalaika, Sekund-Balalaika, PRIM-BALALAIKA, Piccolo-Balalaika, Diskant-Balalaika.
DIE BALALAIKA - FAMILIE 1916:
7 INSTRUMENTE
= 5 Balalaiken von Pikkolo bis Bass + 2 Kontrabass-Balalaiken
Durch den Wegfall der Diskant-Balalaika Jahr wurden ab ca. 1916 zur Balalaika-Familie nur noch 7 Instrumente hinzugerechnet:
Pikkolo - Prim - Sekund - Alt - Bass - Kontrabass - Subkontrabass
DIE BALALAIKA - FAMILIE HEUTE:
9 INSTRUMENTE
= 5 Balalaiken von Pikkolo bis Bass + 4 Kontrabass-Balalaiken
Die heutige Familie der Orchester-Balalaiken umfasst folgende 9 Instrumente
(5 Balalaiken von Pikkolo bis Bass plus die Kontrabass-Balaika in 4 Größen):
1) Pikkolo - Balalaika ........ Länge: ca. 50 cm
2) Prim - Balalaika ............ Länge: ca. 67 cm
3) Sekund - Balalaika ........ Länge: ca. 76 cm
4) Alt - Balalaika ................ Länge: ca. 83 cm
5) Bass - Balalaika ............. Länge: ca. 110 cm
6) 1/4 Kontrabass Balalaika: Länge: ca. 140 cm
7) 2/4 Kontrabass Balalaika: Länge: ca. 150 cm
8) 3/4 Kontrabass Balalaika: Länge: ca. 160 cm
9) 4/4 Kontrabass Balalaika: Länge: ca. 180 cm
* Alle 4 Kontrabass-Balalaiken besitzen die gleiche Saitenstimmung.
Die 4/4 KB-Balalaika wird auch "Sub-Kontrabass-Balalaika" genannt. Oft wird dieser Name auch auf die 3/4 KB-Balalaika angewandt.
Das kleinste Instrument der Familie ist die Pikkolo-Balalaika. Sie wird immer noch zur Balalaika-Familie hinzugerechnet, obwohl sie seit den 1930er Jahren
nur noch selten gebaut und gespielt wird.
Anders verhält es sich mit der Pikkolo-Domra (домра пикколо).
Sie ist das kleinste Instrument in der Familie der r u n d e n Balalaiken.
Sie ist bis heute ein fester Bestandteil der "Domra-Familie" und wird sehr
häufig im Orchester eingesetzt.
Die Vervollkommnung der Balalaika
in Form und Klang:
Von Wassili W. Andrejew 1884
zu
Mark Kupfer 1993
und
Aleksej Serebrow heute
Das Zupf-Instrument "Balalaika" hat in den letzten Jahrhunderten viele Wandlungen erfahren. Früher hatte sie ein anderes Aussehen als heute.
In vielen schriftlichen Quellen des 17. und 18. Jhd. wird sie beschrieben als ein
ca. 1 Meter langes Instrument mit einem sehr langem Hals und einem sehr kleinen ovalen (!) Korpus.
In Übereinstimmung mit diesen Berichten stehen auch bildhafte Darstellungen der Kunst, z.B. des französischen Malers Jean Baptiste Leprince ( 1734 - 1781 ), der lange in Russland gelebt und in St. Peterburg gearbeitet hat.
Sein Bild "Der Balalaikaspieler" ( und ebenso auch andere seiner Bilder )
zeigen ein genau solches Instrument. Es entspricht in seiner Form der alten persischen Tanbur. In der nachfolgenden Abbildung ist dieses Instrument
als "Historische Balalaika Typ 1" bezeichnet.
Die historischen Balalaiken Typ 1 und Typ 2 sind "Holz-Balalaiken".
Die ebenfalls bei den Ostslawen bezeugten "Kalebassen-Balalaiken" sind dem Typ 1 zugehörig. Sehr wahrscheinlich haben solche aus Kürbissen gefertigten Instrumente die Halbkugel-Form von Holz-Instrumenten sogar begründet.
WASSILI ANDREJEW
Wassili Andrejew gilt als der "Vater der modernen Balalaika". 1884 schuf er, ausgehend von einem schmal-dreieckigen traditionellen Holzbalalaika-Typ, die breit-dreieckige Balalaikaform, die wir heute kennen.
Hergestellt wurden sie von Instrumentenbauern und Kunsttischlern wie:
Iwanow, Passerbskij, Nalimow, Sotski, Galinis, Sjusin, Ogloblin . . .
Seither wurde die Balalaika immer mehr verbessert, um den Herausforderungen des virtuosen Spiels zu entsprechen.
MARK A. KUPFER
Als "Non plus ultra" heutiger Balalaiken gelten die Balalaiken des russischen Konstrukteurs Mark Aleksandrovich Kupfer (+ 1993).
Wegen ihres unvergleichlichen Klangs sind sie für viele Balalaikaspieler und auch für Balalaika-Bauer das "Maß aller Dinge". Die Klangreinheit der "Kupfer-Balalaiken" ist legendär: sie reicht über das gesamte Diapason.
Helikopter und Balalaika
Mark Aleksandrovich Kupfer war in der damaligen Sowjetunion ein bekannter Helikopter-Konstrukteur. Auch war er ein erfolgreicher Sportler, Musiker, Sänger, Uhrmacher, Pilotenausbilder und Musikinstrumentenbauer.
Seine Erfahrungen aus dem Helikopterbau übertrug er auf die Konstruktion seiner Balalaiken.
Fünf Merkmale der von ihm gebauten Balalaiken sind besonders hervorzuheben:
1. Für die Bünde verwendete er Edelstahl aus dem Flugzeugbau.
2. Für die unter der Decke verleimten federnden Holzleisten (пружина) entwarf er ein besonderes geometrisches Schema, basierend auf den Erfahrungen der Flugzeug-Akustik.
3. Zum Verbinden der Holzteile verwendete er Flugzeugbau-Spezialkleber statt des sonst üblichen Holzleims.
4. Das Schlagbrett gestaltete er rein funktional, und
nicht - wie viele andere Balalaikabauer - nach ästhetischen Gesichtspunkten. Sie bestehen nicht aus Holz, sondern aus einem sehr schwingungsarmen Kunststoff-Material. Damit
sie ein effizienter Deckenschutz sind, gestaltete er die Schlagbretter sehr groß. Ihre Ausdehnung geht fast bis zur Höhe des Decken-Stegs. In neuerer Zeit (seit ca. 2020) ist zu beobachten, dass viele Balalaika-Bauer dieses Vorbild "abkupfern" und ebenfalls großflächige Schlagbretter verwenden, die bis zur Höhe des Saitenstegs hinunter gehen und sogar noch darüber hinaus.
5. Entscheidung für die flache Passierbski-Bauart: Kupfer-Balalaiken besitzen 7 Späne (2 Zargen und 5 Bodenplanken).
Kupfer erkannte, dass Balalaiken vom Typ "Passerbski", also Flachkiel-Balalaiken mit einem Mittelspan-Korpusboden, wegen ihrer kastigen Bauart eine bessere Klangeigenschaft haben als die spitzkieligen 6-spänigen "Nalimow-Balalaiken". Obwohl zu seiner Zeit (und auch noch bis heute) Nalimow-Balalaiken sehr in Mode waren und häufig gebaut wurden, entschied sich Kupfer für die flachkielige "Passierbski-Bauart". Er verflachte sogar noch den Korpus und verbreiterte ihn.
Es sei daran erinnert, dass Passierbski Geigenbaumeister war. Er wusste, welchen Klangreichtum kastig-flachbödige Musikinstrumente hervorbringen können.
Mark Kupfer (geb. 1920) baute in den Jahren von 1979 bis zu seinem Tod 1993 insgesamt 16 Balalaiken. Kupfer-Balalaiken gehören zu den teuersten
Konzert-Balalaiken der Welt. Ihr Anfangs-Verkaufswert von 5000 Euro ist heute weit übertroffen.Viele Balalaikavirtuosen spielen eine Kupfer-Balalaika.
Auch nach Mark Kupfer beschritten andere Balalaika-Baumeister neue Wege.
Zwei dieser Meister sind besonders hervorzuheben: Grebennikow und Serebrow.
VALERIJ GREBENNIKOW
Produktion hochwertiger Balalaiken in China
Valerij Grebennikow wurde 1957 in Kursk geboren. Seine handwerkliche
"Karriere" begann er als Flugzeugmodellbauer.
Dann erwachte seine Liebe zur Balalaika.
Er studierte an der bedeutendsten Musik-Akademie in Moskau, dem Gnessin-Institut, in der Klasse des Balalaika-Virtuosen
P. I. Necheporenko.
Nach dem Balalaika-Spiel wandte er sich dem Balalaikabau zu.
Er studierte und analysierte die Andrejew-Balalaiken der alten Meister.
Sein Ziel war: Die Balalaiken, die er selber baute, sollten den
unverwechselbaren Klang des Anfangs bewahren. Er erkannte, das etwas,
das verbessert werden sollte, seine Identität bewahren musste.
Grebennikow-Balalaiken werden heute noch von namhaften Künstlern gespielt.
Der Preis dieser Balalaiken war allerdings sehr hoch.
Damit auch Schüler sich solche Balalaiken leisten konnten, ließ er sie in China produzieren und überprüfte ihre Qualität an Ort und Stelle. Wo die Qualität nicht seinen hohen Ansprüchen entsprach, ließ er sie in Russland nachbessern.
ALEKSEJ SEREBROV
Balalaiken akustisch und elektrisch
Die Balalaiken von Mark Kupfer sind für viele Balalaikaspieler und -bauer
absolute Norm. Aber die Entwicklung ist nicht stehen geblieben. Auch heute gibt
es Balalaika-Bauer, die auf dem Weg von Kupfer und Grebennikow
weitergeschritten sind und ebenfalls Verbesserungen und neue Maßstäbe im Balalaika-Bau eingeführt haben. Einer der bekanntesten Balalaikabauer dieser "neuen Generation" ist Aleksej Serebrov.
Wie Mark Kupfer hat auch er auf der Suche nach dem "perfekten Balalaika-Klang" die klangphysikalischen Gesetze der Balalaika gründlich erforscht.
Allerdings ist seine "Klangphilosophie" eine andere. Während M. Kupfer wegen des genuinen historischen Klangs am kastigen 7-spänigen Korpus nach dem Vorbild von Paserbski festhält ("Flachkiel-Balalaika"), bevorzugt Serebrov den 6-spänigen Korpus mit "Mittelnaht" nach dem Vorbild von Nalimov ("Spitzkiel-Balalaika").
Der Grund: Spitzkiel-Balalaiken haben ein größeres Korpusvolumen als Flachkiel-Balalaiken.
Serebrov ist selber Balalaikerspieler und ist bestrebt, die strengen musikalischen Anforderungen, die er an seine musikalischen Darbietungen stellt, durch Neuerungen im Balalaika-Bau möglich zu machen.
Um die Saiten präziser und feiner stimmen zu können verwendet er japanische Gitarren-Mechaniken mit sehr hoher Übersetzung: Fabrikat "Gotoh 510" oder "Gotoh 381" (gekapselte Einzelmechaniken mit der Übersetzung 1:18).
Serebrov setzt die 3 Einzelmechaniken in einer Reihe hintereinander. Die Wirbelbretter seiner Balalaiken muss er deshalb, wie die Kopfplatten der Fender-Gitarren, asymmetrisch gestalten. Diese asymmetrischen, in der Form sehr puristischen spitz zu laufenden Wirbelbretter mit dem "Serebrov"-Schriftzug sind ein typisches Erkennungszeichen der Balalaiken aus seiner Werkstatt.
Für Serebrov wichtig ist die optimale Lackierung des Instruments. Er hat die Chemie und die molekular-physikalischen Eigenschaften aller Instrumentenlacke studiert. Wichtig für ihn ist, dass die Lackierung nicht den Klang der Balalaika verfälscht. Der Lack muss sehr dünn sein und nach dem Trocknen die größtmögliche Härte aufweisen.Die Verwendung moderner Synthetik-Lacke, ddie diese Eigenschaften haben, sind für Serebrov kein Tabu.
Für die Obersattel-Saitenauflage verwendet er nicht Holz, sondern Knochen.
Serebrov besteht darauf, dass die Einkerbungen für die Saiten bei Steg und Obersattel poliert sein müssen, damit ein möglichst reibungsloses Gleiten der Saiten möglich ist: Eine Maßnahme, die sich hörbar positiv auf den Klang auswirkt.
Die Bünde der Serebrov-Balalaiken bestehen aus Neusilber oder Edelstahl.
Elektro-Balalaiken
Ein Problem aller Balalaiken ist ihre geringe Lautstärke. Eine Lautstärkerhöhung wäre möglich durch Vergrößerung der Tiefe des Instrumentenkorpus (sog. "Aufblasen" der Balalaika) und durch eine Vergrößerung des Schallochs.
Diese Maßnahmen aber zerstören die klangliche Eigenart (die "Seele") der Balalaika. Um die die Lautstärke des Instruments zu erhöhen, dabei aber den genuinen vertrauten Klang der Balalaika zu bewahren, entschied sich Serebrow dazu, neben akustischen Balalaiken auch Elektro-Balalaiken zu bauen,
ähnlich der Entwicklung im Gitarrenbau (Akustik- und E-Gitarren). Serebrov
baut E-Balalaiken mit integrierten Piezo- als auch mit Magnet-Tonabnehmern.
Einen umfassenden Einblick in die Arbeit von Aleksej Serebrow vermittelt seine Website, in die er auch zahlreiche sehenswerte Videos eingestellt hat:
Schon vor Aleksej Serebrow hat der wohl bekannteste Balalaika-Virtuose der Gegenwart, Aleksej Archipowski bei seinen Konzerten den durch ein an der Balalaikadecke befestigten Mikrofon elektrisch verstärkten Klang seines Balalaika-Spiels populär gemacht. Seine fast kleiderschrankgroßen Lautsprecherboxen in seiner Wohnung sind legendär.
Durch die elektronische Verstärkung erzielt er einen kristallklaren Glockenklang, der zum Markenzeichen seines Balalaikaspiels wurde.
Serebrov ist den Weg zum Bau von Balalaiken mit integrierten Tonabnehmern gegangen.
Die praktische "Inbetriebnahme" einer Balalaika
1. Die (Standard-) Stimmung der Balalaika
2. Die Stärke und das Material der Saiten
3. Alternative Saitenstimmungen
4. Die Höhe und die Position des Saitenstegs
Die Saitenstimmung der Balalaika
Die hohe Saite der Prim-Balalaika wird auf den Kammerton
a1 ( A4 ) = 440 Hz gestimmt.
Die beiden anderen Saiten werden 1 Quarte tiefer gestimmt: auf
e1 ( E4 ) = 330 Hz (exakt: 329,6 Hz)
Balalaika-Saiten: Stärke und Material
Einzelsaiten oder Saitensätze für Balalaiken werden von diversen Saitenherstellern angeboten.
Die A-Saite besteht stets aus Stahl bzw. aus einer Stahl-Legierung.
E-Saiten bestehen aus Metall, Nylon oder Carbon.
Die Saitenstärke der Prim-Balalaika-Stahlsaiten:
A-Saite: 0,20 mm bis 0,30 mm Stahl
(oder Stahl-Legierung)
E-Saiten: 0,25 mm bis 0,43 mm Stahl
(oder Stahl-Legierung).
Im Handel erhältliche Balalaiken
werden in folgenden Besaitungs-Varianten ausgeliefert:
(Angabe der Saitenstärke in Millimeter)
Prim-Balalaika, Variante 1 : a = 0,20 e = 0,25
Prim-Balalaika, Variante 2 : a = 0,23 e = 0,28
Prim-Balalaika, Variante 3 : a = 0,23 e = 0,30
Prim-Balalaika, Variante 4 : a = 0,24 e = 0,40
Prim-Balalaika, Variante 5 : a = 0,25 e = 0,28
Prim-Balalaika, Variante 6 : a = 0,25 e = 0,30
Prim-Balalaika, Variante 7 : a = 0,25 e = 0,32
Prim-Balalaika, Variante 8 : a = 0,28 e = 0,35
Prim-Balalaika, Variante 9 : a = 0,28 e = 0,38
Prim-Balalaika, Variante 10 : a = 0,30 e = 0,40
Prim-Balalaika, Variante 11 : a = 0,33 e = 0,43
Zu beachten sind 2 Dinge:
1. Die zu wählende Saitenstärke
ist abhängig vom Härtegrad
des Saitenmaterials.
2. Die Angabe der Saitenstärke variiert oft wegen des auf- bzw. abgerundeten Zahlenwerts der Umrechnung "Inch in Millimeter".
(siehe nebenstehende Tabelle)
Welche Saitenstärken
sind empfehlenswert ?
Auf vielen Balalaiken mit Mensuren von 43 - 44 cm
hat sich folgende Saitenkombination bewährt :
A - Saite: 0,25 mm (0.010) Stahl, blank, hart
E - Saiten: 0,32 mm (0.013) Stahl, blank, hart.
Diese Saitenstärken sind gut spielbar und liefern in
der Regel einen hervorragenden Klang.
Bei gemischter Besaitung gilt für die beiden E-Saiten:
NYLON: 1,00 mm (= 0.04 inch)
oder für einen lauteren Klang:
E - Saiten aus CARBON: 0,90 mm (=0.036 inch)
(Carbon = Polyvinylidenfluorid "PVDF").
Auch verwendbar:
Eine "Fluorocarbon Raubfisch-Angelschnur", monofil,
Stärke: 0,8 mm - 1,0 mm (je nach Härtegrad).
ImHandel erhältlich als Meterware auf Spule.
Die im Handel erhältlichen speziellen Balalaika-Saiten sind oft recht teuer. Wer seine Instrumenten-Saiten oft wechselt und deshalb preiswertere, aber dennoch qualitätsmäßig sehr gute Saiten haben will, greift zur Klaviersaiten-Meterware ("Klavierdraht", "Piano-Draht").
Die End-Schlaufe der Saite ist sehr leicht mittels einer Kombizange selber herzustellen.
Klavierdraht ("Saitendraht") ist im Online-Handel erhältlich
(Preise, Stand 2024):
125 g Klavierdraht 0,25 mm = 325 Meter = 15,95 Euro
125 g Klavierdraht 0,32 mm = 225 Meter = 15,95 Euro
Eine Diskussion ohne Ende:
E-Saiten aus Stahl oder aus Nylon?
E-Saiten aus Stahl korrespondieren naturgemäß wegen des gleichen Materials wie die A-Saiten klanglich besser miteinander als eine gemischte
Besaitung. Das Gesamt-Klangbild ist homogener. Ausserdem erinnert es an vertrauten Klang des alten russischen Psalteriums, der GUSLI .
Bei der Balalaika wird oft gerühmt ihr "silberner Klang".
Konsequenterweise muss also gelten:
"серебряный звук на серебряных струнах"
("Silberner Klang auf silbernen Saiten")
Viele Balalaika-Virtuosen aber wollen gerade dieses "allzu Silbrige" des Klangs vermeiden. Sie entscheiden sich für E-Saiten aus Nylon , um den tieferen Tönen der Balalaika die "samtige" Klangfarbe der Naturdarm-Saite einer VIOLINE zu verleihen.
ALTERNATIVE SAITENSTIMMUNGEN
Standardstimmung:
E4 - E4 - A4 (Quartstimmung auf E4)
Alternative Stimmungen:
D4 - D4 - G4 (Quartstimmung auf D4)
C4 - E4 - G4 ( C-Dur-Dreiklang )
D4 - F#4 - A4 ( D-Dur-Dreiklang )
D4 - F4 - A4 ( d-Moll-Dreiklang )
Saitenlage
(Die Höhe der Saiten über den Bünden)
Die Saitenlage, also die Höhe des Saitenfeldes über den Bünden, wird bestimmt durch die Höhe des Steges.
Ist der Steg zu hoch, dann sind die Saiten schwer zu greifen und der Druck auf die Fingerkuppen ist sehr stark. Ist der Steg zu niedrig, dann klirren und scheppern die Saiten auf den Bünden.
Die Höhe des Saitenfeldes wird an der Stelle der größten Amplitude, also über dem Oktav-Bund
(dem 12. Bund) gemessen. Gemessen wird der Abstand zwischen der Bund-Oberkante und der Saite.
Für Saiten aus Stahl gilt folgender Wert:
Saitenlage über dem 12. Bund = 2 mm
Voraussetzung ist ein gerader Hals und intakte, also nicht abgenutzte Bünde, ansonsten muss die Saitenlage durch einen höheren Steg vergrößert werden.
Er kann erhöht werden, indem oben, auf dem
Steg-Kamm, ein Metall-Bund eingelassen wird.
Ist im Gegenteil der Steg zu hoch, wird er abgeschliffen
(mit Sandpapier oder Feile). Dabei ist zu beachten, dass der Steg auf der gesamten Unterseite vollen Kontakt mit der Instrumentendecke hat.
Die Position des Saitenstegs
Bei der albanischen Cifteli ("Cifteli "= die "2-saitige" Tanbur) ist der Saitensteg auf die Instrumentendecke aufgenagelt (!) Die Position des Stegs ist hier also festgelegt und unverrückbar.
Bei der Balalaika ist der Steg stets separat und beweglich. Nach dem Kauf einer neuen Balalaika hat der Steg in der Regel immer eine falsche Position.
Bei der Ermittlung der richtigen Position ist folgendes Verfahren anzuwenden:
Man mißt die Entfernung zwischen Obersattel (bzw. Null-Bund) und dem 12. Bund. Der 12. Bund (= der "Oktav-Bund") markiert die halbe Mensur. Um die Gesamt-Mensur zu erhalten, muss diese Strecke also verdoppelt werden.
Beispiel:
Die Strecke Obersattel bis Oktav-Bund beträgt
22 cm. Dies ist die halbe Mensur. Die Mensur dieser Balalaika ist also 22cm x 2 = 44cm.
Um die Position des Saitenstegs zu bestimmen, mißt man vom Obersattel 44 cm und stellt an den Endpunkt dieser Strecke den Steg.
Achtung! Der Steg ist unten breiter als oben. Gemessen wird an der Steg-Oberseite!
Da beim Niederdrücken einer Saite wegen der Schwellenwirkung des Metallbundes die Saite eine zusätzliche Spannung erhält, klingt sie höher als der dem Bund zugeordnete Ton.
Diese Abweichung wird ausgeglichen, indem zur Mensurposition des Stegs ca. 1 mm Länge hinzugegeben wird.
Die genaue Korrektur der Stegposition geschieht nach Gehör oder mit Hilfe eines Stimmgeräts.
Damit beim Solospiel auf der A-Saite der Spielfinger mehr Bewegungsfreiheit erhält, wird die mittlere E -Saite etwas von der A-Saite weggerückt.
Das Verhältnis E - E - A ist meist 2 : 3. Einige Balalaika-Virtuosen wählen sogar das Verhältnis 2 : 4 ( = 1 : 2) !
Die Einschnitte auf dem Steg sollen halbrund eingefeilt werden und dem Durchmesser der Saiten angepasst sein.
Mit einer sehr weichen Bleistift-Mine, die aus Graphit besteht, werden die drei Saiten-Einkerbungen eingerieben und somit mit gleitfähigem Graphit-Pulver gefüllt. So behandeln auch Geigenspieler den Steg der Violine.
Das gleiche gilt auch für die Einschnitte der Saiten auf dem Obersattel.
Die "Saitenstraße":
Vom Heckbrett bis zum Wirbelbrett
Die folgenden beide Skizzen zeigen die Saitenführung einer Prim-Balalaika und einer häufig verwendeten
3/4-Kontrabass-Balalaika.
Der Weg führt vom Heckbrett (russ.: Sadinka) bis zum Wirbelbrett.
(Die Längenangaben beziehen sich auf die Strecke der
längsten Saite.)
TON-UMFANG UND ANZAHL DER BÜNDE
der chromatischen Prim-Balalaika
Die Anzahl der Bünde kann vom Instrumentenbauer frei bestimmt werden.
( 1 Bund = 1 Halbton )
DIE VIER GEBRÄUCHLICHSTEN AUSFÜHRUNGEN:
BALALAIKA MIT 16 BÜNDEN
Tonumfang: e1 bis cis3 (= E4 bis C#6)
16 Bünde = 1 Oktave + 1 große Sexte
Bei der einfachen chromatischen Volks-Balalaika sind die Bünde nur auf dem
ca. 26 cm langen Instrumenten-Hals angebracht.
16 Bünde haben hier ihren Platz. Der höchste spielbare Ton ist cis3 .
Er liegt 9 Halbtonschritte ( = 1 große Sexte) über dem e2.
Um einen Tonumfang von 2 Oktaven ( e1 bis e3 ) zu erreichen, fehlen dieser
"Volks-Balalaika" 3 Halbtöne (= 3 Bünde).
BALALAIKA MIT 19 BÜNDEN
Tonumfang: e1 bis e3 (= E4 bis E6)
19 Bünde = 2 Oktaven
Damit ein Tonumfang von 2 Oktaven erreicht werden kann, müssen der
einfachen 16-bündigen Volks-Balalaika 3 Bünde hinzugefügt werden. Zu diesem Zweck wird das Griffbrett über den Instrumentenhals hinaus auf den Korpus verlängert. Bei einigen Instrumenten werden die 3 zusätzlichen Bünde auch direkt in die Instrumentendecke eingelassen.
BALALAIKA MIT 24 BÜNDEN
Tonumfang: e1 bis a3 (= E4 bis A6)
24 BÜNDE = 2 Oktaven + 1 Quarte
Die meisten Konzert-Balalaiken sind mit 24 Bünden ausgestattet.
Auf der A-Saite einer solchen Balalaika können 2 Oktaven gespielt werden:
2 Oktaven = 24 Bünde. Der Diapason der A-Seite
umfasst also die Töne a1 bis a3.
Zusammen mit der tieferen Quarte auf der E-Saite ergibt sich ein Tonumfang von e1 bis a3.
BALALAIKA MIT 31 BÜNDEN
Tonumfang: e1 bis e4 (= E4 bis E7)
31 BÜNDE = 3 Oktaven
Eine "Profi-Konzert-Balalaika" hat den "Ehrgeiz", 3 Oktaven zu umfassen (e1 - e4). I
m Vergleich zu einer 24-bündigen Konzert-Balalaika ist ihr Tonumfang um 1 Quinte (= 7 Halbtonschritte) erweitert.
Es müssen also 7 Bünde hinzugefügt werden:
24 + 7 = 31. Dazu wird das Griffbrett noch weiter auf den Korpus verlängert, so dass es bis dicht an das Schall-Loch heranreicht.
Vom schmalen Paddel zum breiten Dreieck
Der "Dreiecks-Klang"
Die meisten frühen Balalaiken (Tanburen) besaßen einen ovalen, einen schmal-paddelförmigen, oder - wie die Kalebassen-Balalaika - einen runden Korpus. Je nach Korpusform war der Klang ein anderer.
Häufig wurden Balalaiken zur Tanzbegleitung benutzt oder als Straßeninstrument zum Vortragen derber Texte der fahrenden Spielleute, der Skomorochen (griechisch "skomma"= Spott, Scherz).
Bevorzugte Spielart war das Akkord-Spiel, bei dem der Finger alle drei Saiten zugleich anschlug.
Unterschiede in der Klangfarbe der verschiedenen Balalaika-Formen fielen bei dieser Art des Instrumentengebrauchs kaum ins Gewicht. Entscheidend waren Rhythmus und Lautstärke.
Anders war es beim melodiebetonten Solo-Spiel, bei dem der Vortragende eine Art Übersetzungsarbeit leistete: er setzte die Weite, Nachdenklichkeit und Tiefgründigkeit der Texte russischer Volkslieder in die Sprache der Musik um.
Russische Volkslieder sind voll tiefgründiger Poesie!
Die Texte russischer Volkslieder besitzen eine gewaltige psychologische Tiefe und Aussagekraft und sind oft von hohem literarischen Anspruch.
Hauptthema ist die Verletzlichkeit der menschlichen Existenz. Wie ein roter Faden ist diese Thematik hineingewoben in die lyrischen Texte russischer Lieder.
Um diese Thematik in die Sprache der Musik umzusetzen, bedurfte es eines Musikinstruments, das nicht nur irgendeine Hintergrund- und Begleitmusik produzieren konnte, sondern das fähig war, poetisch zu "sprechen". Balalaiken mit dreieckiger Deckenform und trichterförmigem Korpus konnten dies!
Sie besaßen die unerklärliche Eigenschaft, ein Klangspektrum zu entfalten, das voller Eindringlichkeit, Tiefe, Melancholie und Transzendenz war.
Der Klang der Dreiecks-Balalaika verzauberte das "russische Ohr", denn die Dreiecks-Balalaika besaß das gleiche "dulce melos" wie das geliebte alte russische Volks-Instrument Gusli.
Pусская балалайка -
душа народа
Die Balalaika in der Abbildung oben (Bauform vor 1884) besitzt einen aus 5 Spänen bestehenden Korpus. Das Dreieck ist noch klein und schmal.
Je breiter der Dreiecks - Korpus der Balalaika gestaltet wurde, umso mehr trat ihr "dulce melos"- Klang-Charakter hervor. So ist es kein Wunder, dass die breit-dreieckige Balalaika zum heutigen russischen Nationalinstrument wurde.
Die Herstellung einer solchen dreieckigen Balalaika verlangte ein großes handwerkliches Können, denn ihr Korpus war aus mehreren verleimten Planken ("Spänen") gearbeitet. (Anfangs waren es 3 oder 5 Späne).
Wer ein solches Geschick nicht hatte, musste das Instrument auf dem Warenmarkt kaufen.
Der Preis einer aus Holzplanken gefertigten Balalaika, auch wenn sie einfach gebaut war, war sehr hoch. Er entsprach dem Gegenwert einer Kuh bzw. eines Pfluges.
NICHT-DREIECKIGE HOLZBALALAIKEN AUS DEN GEBIETEN KAUKASUS UND ALTAI
"Berg-Balalaiken" (горские балалайки)
Die Balalaika geht zurück auf die im alten Persien (6.- 4. Jhd. v. Chr.) verbreitete Langhals-Laute "Tanbur"
Im ostslavischen Raum nördlich des Kaukasus, das später zum russischen Staatsgebiet werden sollte, gab es zwar auch die halbkugelförmige Kürbis-Balalaika, aber spätestens seit dem 18. Jahrhundert hat sich die
schmal-dreieckige Bootspaddel-Form mit flachem Korpus durchgesetzt.
Die halbkuglige persische Tanbur ging eine Synthese ein mit dem schmal-dreieckigen Psalterium (Gusli, Kantele, Kokle) des Ostseegebiets, dessen Korpus kastig-flach war und dessen Klang vom Musik-Empfinden der Ostslawenals eindringlich und schön empfunden wurde.
Somit vereint die russische Balalaika die Merkmale sowohl der Kantele (Gusli) des Nordens als auch der Tanbur des Südens.
Der anfangs schmal-dreieckige Korpus der frühen Balalaika wurde immer mehr verbreitert und vergrößert, zugleich wurde der Hals verkürzt.
Seit 1885 ist diese Modifikation der persischen Tanbur der "Einheits-Typ" der russischen Balalaika.
Die TANBUR, ein 2- oder 3-saitiges Zupf-Instrument mit langem Hals und daran angesetztem kleinem Resonanzkörper war im alten Persien sehr verbreitet. Der Resonanzkörper war oval bis halbrund.
Von Persien aus hat die Tanbur schon sehr früh über das Kaspische Meer und den Kaukasus seinen Weg in das spätere ostslawisch-russische Gebiet gefunden. Nicht nur die Tanbur, sondern auch der russische Mädchenname Darja (dimin. Dascha) sind persischen Ursprungs.
Ovales Ei - "Abgesägtes Ei" - Paddel
Aus dem oval- oder halbkugelförmigen Korpus der persischen Tanbur entwickelten sich viele andere Form-Varianten, wie zum Beispiel
"Abgesägtes Ei" und "Paddel". Besonders im Kaukasus entstand eine Vielfalt noch anderer Formen.
Aus der schmal-dreieckigen Paddelform einer TANBUR-VARIANTE entwickelte sich die heutige breit-dreieckige russische BALALAIKA.
Historisch gesehen ist die Balalaika eine russische Sonderform der Tanbur.
DIE DREIECKSFORM DER
BALALAIKA
Formverwandtschaften
1) PADDEL, SCHAUFEL
лопата ( lopata )
("balalaika lopatoobrasnaja")
2) FLÜGEL крыло ( krylo )
( Flügel von Vögeln und Faltern)
("krylovidnaja balalaika")
3) HELM шлем ( schlem )
("schlemovidnaya balalaika")
4) GLOCKE колокол ( kolokol)
Im Jahr 1884 schuf Wassili W. Andrejew eine Verbreiterung des Dreieckskorpus der Balalaika.
Er vergrößerte ihre "Schaufel-Breite"bzw. "Flügel-Spannweite". Die vorher schmal-dreieckige Balalaika
bekam die Form der breit-dreieckigen russischen HELM-GUSLI.
Seitdem gilt das (ungefähre) Richtmaß:
DIE KORPUSBREITE DER BALALAIKA (IHRE "FLÜGEL-SPANNWEITE") ENTSPRICHT DER LÄNGE IHRER MENSUR
FLÜGEL UND HELM
PSALTERIUM UND BALALAIKA
Die Begriffe "HELM" und "FLÜGEL" sind historische russische Bezeichnungen für verschiedene Formen von
Kasten-Zithern (Psalterien, Gusli).
Zwei Formen waren sehr verbreitet:
1. Die schmal-dreieckige FLÜGEL-GUSLI
( russ.: krylovidnye gusli )
2. Die breit-dreieckige HELM-GUSLI
( russ.: schlemovidnye gusli )
FLÜGEL
(= Flügel von Vögeln, Faltern, Käfern, Schmetterlingen) bezeichnet entweder die meist asymmetrische Form eines Einzelflügels oder das symmetrische Gesamtbild beider Flügel (= Doppel-Flügel, Delta-Flügel)
2 Beispiele für Instrumente mit dreieckigem flügelförmigem Korpus:
Finnische Kantele: Kastenzither (Asymmetrischer Einzelflügel)
Russische Balalaika: Hals-Laute (Symmetrischer Doppelflügel)
Beim Doppel-Flüge können beide Flügel dicht aneinander gelegt sein oder beide Flügel sind weit ausgespannt. Entsprechend ist die Instrumentenform ein schmales oder ein breites Dreieck
HELM (russ.: SCHLEM)
Diese Bezeichnung bezieht sich auf den "Bicorne"- Offiziershut, den breit-dreieckigen "Zweispitz",
der im 19. Jhd. in der zaristisch-russischen und in der französischen Armee als Kopfbedeckung der Offiziere und höherer Ränge in Gebrauch war ("Napoleonshut").
Die Form der Bicorne variierte zwischen Halbkreis und Dreieck. Die Helm-Form und die weit ausgespannte Doppelflügelform sind oft identisch:
"Helm" = Bicorne = Breiter Doppelflügel = Delta-Flügel
2 legendäre Jahrtausende alte "Musik-Dreiecke" :
Harfe und Psalterium
Der DREIECKSKORPUS hat eine sehr lange instrumentengeschichtliche Tradition. Er verweist auf zwei historische Musikinstrumente mit
annäherndem Dreiecks-Korpus, die schon seit Jahrtausenden existieren:
1. D r e i e c k s - H a r f e
( Winkelharfe, Rahmenharfe ) und
2. D r e i e c k s - P s a l t e r i u m
( Zither, finn. Kantele, russ. Gusli )
Beide "Dreiecks-Instrumente" werden seit jeher gerühmt wegen ihres
"dulce melos" (dulce = süß, lieblich, betörend, russ.: сладко, melos = Klang)
Kaк непередаваемо сладко
звучит русская балалайка !
Mit ihrem dulce melos verzauberten die uralten
"Musik-Dreiecke" HARFE und PSALTERIUM seit jeher die Ohren ihrer Zuhörer. Die PSALTERIEN Zither, Gusli, Kantele und ukrainische Bandura verzaubern bis heute.
Das Lauten-Instrument BALALAIKA mit seiner DREIECKSFORM tut desgleichen !
Die nachfolgende Skizze zeigt eine 15-saitige Gusli.
Die Farbe BLAU (= Farbe des Meeres) des umschreibenden Dreiecks verweist darauf, dass der Guslispieler Sadko, so erzählt eine Byline (= Erzählung aus alter Zeit), sein Instrument auch auf dem Meeresgrund spielte und dort mit dem betörenden Klang seiner Gusli die Bewohner in Entzücken versetzte.
GUSLI UND BALALAIKA
Die Entwicklung zur breiten Dreiecks-Form der Balalaika kann erklärt werden als Anlehnung an die dreieckige Form der Gusli ("russisches Psalterium"), das seit dem
12. Jhd. lange Zeit das russische Nationalinstrument war.
Der russische Komponist Nikolai Rimsky-Korsakov
(1844 - 1908) nennt als d a s russische Nationalinstrument nicht die Balalaika, sondern
die GUSLI.
Die russische Gusli ist eine Kasten-Zither (Einordnung nach Hornbostel/Sachs), ebenso wie die finnische Kantele und die heutige ukrainische Bandura.
Kastenzithern (= Psalterien) haben ihre Entsprechung
in einer noch älteren Instrumenten-Form:
der Dreiecks-Harfe (Trigonium).
Die Balalaika hat die Dreiecksform der Gusli bewahrt und vollendet.
Setzt man an einen Gusli-Korpus einen Hals an und spannt darüber 3 Saiten (E-E-A), dann können diese 3 Saiten die 15 Einzel-Saiten der Gusli ersetzen. Der Ton-Umfang wird sogar noch größer, sogar mit nur 2 Saiten ! Werden diese beiden Saiten im Abstand einer Quarte gestimmt (E - A), und setzt man auf den Instrumentenhals 16 chromatische Bünde, dann kann man auf diesem Instrument 21 Töne spielen!
Physikalisch bedingt ist das Saitenfeld von Harfen und Kastenzithern ebenso wie bei Panflöten und Orgelpfeifen immer dreieckig:
kurze Saite bzw. kurzes Rohr = hoher Ton
lange Saite bzw. langes Rohr = tiefer Ton.
Der Korpus der Kastenzithern (Psalterien) kann von den Instrumentenbauern frei gestaltet werden. Oft ist er jedoch dem dreieckigem Saitenfeld angeglichen und weist eine Flügel-, Doppelflügel- oder Helmform auf.
Akustisch ist der Korpus der Gusli als flacher Klangtrichter mit rechteckigem Querschnitt zu definieren.
Der Balalaika-Korpus ist ebenfalls ein Klangtrichter.
Form-analytisch ( nicht historisch ! ) und unter dem Aspekt eines funktionalen Klangkörpers betrachtet kann man die Dreiecks-Balalaika beschreiben als ein Dreiecks-Psalterium mit schalig-gewölbtem Boden und mit einem an den Korpus angesetztem Hals: Ein Hybrid-Instrument also.
Auch die ukrainische Bandura ist ein Hybrid-Instrument, das Zither und Laute in sich vereinigt.
Der Unterschied zwischen beiden:
Die Bandura hat die Form einer Laute, ist aber eindeutig eine Zither.
Die Balalaika hat die Korpus-Form einer Zither, ist aber eindeutig eine Laute.
SYNTHESE DER FORMEN:
Tanbur und Gusli addieren sich zur Balalaika
Skizze oben:
Rot: TANBUR ( Hier in 2 Varianten: ovale Form und Paddel-Form )
Blau: PSALTERIUM ( = RUSSISCHE GUSLI )
Violett: BALALAIKA (Typ: "Andrejew-Balalaika") = Tanbur + Psalterium.
ZWEI HISTORISCHE BAUWEISEN DER BALALAIKA :
EINE BALALAIKA AUS EINEM KÜRBIS
EINE BALALAIKA AUS EINEM HOLZSCHEIT
Eine runde Balalaika aus einem Kürbis (Kalebassen-Balalaika)
Gogol´scher Rundkürbis
von 1842.
Der gemeimnisvolle und
verzaubernde Klang der Balalaika leuchtet bereits aus ihm heraus :)
Der "Gogol´sche Rundkopfkürbis" war allerdings kein Gartenkürbis, wie auf dem Foto abgebildet, sondern eine moldawische "Gorljanka", ein Flaschenkürbis mit großem kugelrunden Kopf, so groß w i e ein Gartenkürbis.
Nikolai W. Gogol berichtet in seinem Roman "Tote Seelen" (1842), dass in Russland die jungen Burschen mit einer solchen runden Kalebassen-Balalaika die Herzen der Mädchen verzauberten.
Der russische Komponist und Balalaika-Virtuose Iwan J. Chandoschkin (1747-1804) spielte eine Kürbis-Balalaika, die innen mit Glaspulver beschichtet war. Fürst Potemkin, der Geliebte der Zarin Katharina II. der Großen, war ein großer Bewunderer seines Spiels auf dieser Balalaika.
Kürbisse konnten quer- oder längsgeschnitten sein. Foto oben: ein q u e r - geschnittener Kürbis.
EINE BALALAIKA
AUS
1 STÜCK MASSIVHOLZ
Nicht nur die Balalaika, sondern auch noch 2 weitere historische russische Saiteninstrumente wurden aus einem einzigen Stück Birkenholz herausgeschält:
Die Gusli (= Psalterium, Zither) und der Gudok (= Geige)
Auf den ausgehöhlten Massivholz-Korpus wurde mit Fischleim die Decke aufgeleimt.
Balalaika-Grammatik
Wie muß es heißen: Balalaikas oder Balalaiken ?
Beide Pluralformen sind möglich. Ich verwende die traditionelle, durch den deutsch-russischen "Musikinstrumenten-Zaren" Julius Heinrich Zimmermann eingebürgerte Schreibweise "Balalaiken". Zimmermann ging 1876 von Mecklenburg nach St. Petersburg. Dort eröffnete er eine Musikinstrumenten- werkstatt, die zu den bedeutendsten Russlands zählte. Er war Hof-Lieferant für den Zaren und für die russische Armee. Weitere Werkstätten folgten in: Moskau, London, Riga. Später ging er nach Deutschland, wo er Reichstagsabgeordneter wurde. Weitere Musikinstrumentenwerkstätten und -handlungen gründete er in Berlin, 1900 in Leipzig und 1919 in Markneukirchen.
In Markneukirchen wurden viele Balalaiken gebaut von dem bekannten Instrumen- tenmacher Paul Fischer. In den Musikinstrumentenkatalogen der Fa. Zimmermann wurden am Anfang noch "Balalaikas" angeboten. In der Niederlassung in Leipzig stand aber auf dem Firmenschild der Fa. Zimmermann:
"BALALAIKEN UND DOMREN".
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