D E R   A U F B A U    D E R    B A L A L A I K A

           ( B A L A L A I K A - G E O M E T R I E )

 

             HALBKREIS  +   TRAPEZ   +  DREIECK :

Drei programmatische Formen  der  Balalaika-Phylogenese

 

Saiteninstrumente haben sich im Laufe ihrer Geschichte oft radikal gewandelt. Auch die Balalaika hat zahlreiche Veränderungen erfahren.

Aber im Gegensatz zu vielen anderen Saiteninstrumenten hat die Balalaika die Spuren ihrer Vergangenheit nicht getilgt, sondern bewahrt ("konserviert"). In diesem Sinne ist sie ein "Musik-Konservatorium". 

Die historischen Formen, die die Balalaika "konserviert" hat, bestehen nicht  zusammenhanglos  nebeneinander  wie  Ausstellungsstücke in  einem  schlecht eingerichteten Museum, sondern sind aufeinander abgestimmt, sind eingefügt in ein  PROPORTIONS-SCHEMA  und  bilden eine organische Einheit.
Die Balalaika ist ein "hölzernes Lehrbuch" wichtiger Kapitel der Kultur-geschichte der Saiteninstrumente. Diese Geschichte ist an der äußeren Form der heutigen Balalaika ablesbar.

Die "Eltern" der Balalaika  =  Kürbisschale (tykwa)  &  Holztrog (koryto).

Das Erbe dieser beiden "Elternteile" ist heute noch an der Form der russ. Balalaika ablesbar:  die  Schalenform  des Kürbis  und  die  Trapezform  des Troges.

Das schräge Stirnbrett des Troges wird "Sadinka" genannt (sad = hinterer Teil).

Ontogenese  und  Phylogenese

Die Bauzeit einer Balalaika beträgt heute wenige Wochen. Nach dieser kurzen Zeit ist ihre "Ontogenese"(Einzelentstehung) abgeschlossen.

Das Erstaunliche: Die heutige "ontogenetische" Erscheinungsform der Balalaika präsentiert eine  Rekapitulation  der  Jahrtausende währenden "Phylogenese" (Entwicklungsgeschichte) dieses Tanbur-Instruments. 

Wie kaum ein anderes Saiteninstrument macht die Balalaika wesentliche Kapitel  der Geschichte des Saiteninstrumentenbaus präsent und ablesbar

("Re-Kapitulation").

Sie präsentiert ihre Geschichte  in einer geometrischen Formensprache. Folgende "phylogenetische" Formen sind in der heutigen Form der Balalaika erkennbar und sind in einer Einheit miteinander verbunden: 

Bauchige Schale (Halbrund), Kastiger flacher Trog (Trapez) und Dreieck.

Vergrößertes Schema: siehe Bilderschau unten

TROG   (Längs- u. Querschnitt)    . . . . . . . .   TRAPEZ

Das schräge plane Hinterbrett (russ.: Sadinka) (engl.: transom) und die schräg gestellten  Zargen-Späne der Balalaika verweisen auf das uralte universale Formschema des  Holztrogs  ( Backtrog, Waschtrog, Sarg ).

 

RUNDSCHALE  (Längs- u. Querschnitt)  . . . HALBKREIS

Die gewölbte Korpus-Unterschale ("roundback") der Balalaika weist hin auf zwei alte historisch bezeugte Balalaika-Bauarten:

1) Kürbis-Balalaika (die Balalaika steht in der Tradition der Jahrtausende alten Kalebassen-Instrumente. Vorbild: die  persische Tanbur)

2) Holzlöffel-Balalaika (Das Vorbild ist hier ebenfalls die  persische Tanbur)

 

DREIECK  (Draufsicht auf das Deckbrett)  . . . DREIECK

Die auffällige dreieckige Form der Balalaika-Resonanzdecke verweist auf die uralten historischen  Dreiecks-Instrumente  HARFE  (Dreiecks-Rahmen)  und  PSALTERIUM  (Dreiecks-Kasten).  Die  dreieckige Form des  Psalteriums 

(russisch "Gusli") ist zum wichtigsten optischen Erkennungszeichen der russischen Balalaika geworden. Auch der "Dreiecksklang" des Psalteriums findet sich im Klangspektrum der Balalaika wieder. 

Die kaukasische Balalaika "Pondar" hat sich - anders als die russische Balalaika - nicht zum Dreieck entwickelt. Ihr Deckenumriß zeigt seit dem 10. Jhd. bis heute

die puristische  Rechteckform  eines  Holzscheits  (Bildleiste links).

1.Teil: Proportionsschema  und  Instrumentenform.

2.Teil: Beschreibung  des  technischen  Aufbaus

           und einzelner Teile des Instruments

 Zum  Vergrößern,  bitte,  auf  das  Vollbildsymbol  klicken !

 

PROPORTIONSSCHEMA EINER  RUSSISCHEN   BALALAIKA

Das Längsschnitt-Schema zeigt die ungefähren Maße  der   h e u t i g e n   Bauform  der  Balalaika ("Andrejew- Balalaika").

Die Erklärung des Schemas und die Darlegung der Konstruktions-Schritte erfolgen weiter unten !

 

Bitte, beachten!

Das Proportionsscheme ist kein  1:1 - Bauplan, sondern nur ein allgemeines Orientierungsschema!

 

Das Balalaika-Proportionsschema ist mit dem Da-Vinci-Schema des menschlichen Körperbaus zu vergleichen.

Beide gelten nur annähernd und zeigen nur Richtmaße!

Grundschema des Menschen. (Proportionsmaße). Quelle: Bildausschnitt aus http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ADa_Vinci_Vitruve_Luc_Viatour.jpg

Proportionsschema des menschlichen Körpers nach Leonardo da Vinci

 

Leonardo Da Vinci hat dieses Schema nach Angaben von Vitruv skizziert. Es zeigt die "Bauskizze" des menschlichen Körpers.

Aber in der konkreten Ausführung weicht jeder Mensch auf seine Art davon ab.

Übrigens: das menschliche Proportionsschema ist zu finden auf der Rückseite der italienischen 1 Euro-Münze und auf den Versicherungskarten der gesetzlichen Krankenversicher in Deutschland.(Schauen Sie nach!) 

Wie das obige Proportionsschema der Balalaika ist auch das Da-Vinci-Schema  in ein Kreissegment eingefügt.

 

DREI  TYP-VARIANTEN  DES  BALALAIKA-KORPUS

 

Von  der  Korpus-Geometrie  her  lassen  sich  3 verschiedene  Formtypen der dreieckigen Balalaika unterscheiden:

 

1) Schalenkorpus-Typ  (Kürbisform, Holzlöffelform)

2) Kastenkorpus-Typ    (Trogform)

3) viele Zwischenformen, die teils zu 1), teils zu 2) tendieren.

 

Die russische "Normalbalalaika" (Andrejew-Balalaika)

ist eine Schalen/Kasten-Mischform.

 

Wichtig für die Formbestimmung und Typ-Einordnung

sind  folgende "Scan-Ebenen":

 

A)  Die Draufsicht:        Blick auf die Instrumentendecke

B)  Der Querschnitt:     Blick auf das Hinterbrett (Sadinka)

C)  Der Längsschnitt:    Blick auf die Seite des Instruments


Die Typ-Unterschiede offenbaren sich weniger in der  Draufsicht  (hier herrscht konstant die Dreiecksform, wenn auch in unterschiedlichen Proportionen und Seitenkrümmungen),  sondern viel mehr im Blick auf den  Längsschnitt  des Instruments und noch mehr im Blick auf den  Querschnitt des Korpus.

Im folgenden werden alle  drei Scan-Ebenen  beschrieben.

 

A. Draufsicht:  Breites Dreieck

In der Draufsicht präsentiert die Balalaika ihr wichtigstes Erkennungsmerkmal:

das  Dreieck.

Der  D r e i e c k s - K o r p u s  ist für die heutige russische Balalaika typisch und macht das Instrument unverwechselbar und sogar für Laien erkennbar.

Die Balalaika definiert sich aber nicht nur durch ihre dreieckige Deckenform,  sondern durch die  Gesamtgeometrie  ihres Korpus. Dazu ist ein Blick auf den Querschnitt und auf den Längsschnitt erforderlich.

Anmerkung: Anders als die Geige, die heute zu ihrer letztgültigen Form gefunden hat, ist bei der Balalaika eine Formenvielfalt anzutreffen. Die Balalaiken  weisen zwar  ein  einheitliches  Grundschema  auf, doch gibt es zahlreiche Typvarianten und innerhalb des Typs starke individuelle Unterschiede von Instrument zu Instrument. Oft spielen Sonderwünsche des Spielers beim Bau des Instruments eine Rolle.

 

B. Querschnitt:  Vom Halbkreis zum Trapez

 

Keine Angst!  Sie  brauchen  Ihre Balalaika  nicht  aufschneiden, um die Quer- schnittform zu ergründen!

Wenn doch: dann aber, bitte, in viele dünne Scheiben! Diese Scheiben zeigen von Schnitt zu Schnitt einen interessanten Formwandel:

Die Querschnittform verändert sich im Laufe der Länge der Balalaika.

Das  D-Profil

Am Halsansatz besitzt der Korpusquerschnitt eine  U-Form (auch D-Form genannt). Dieses um 90 Grad gedrehte "D" vergrößert sich zum Korpus-Ende hin:

von ca. 3 cm (Griffbrett-Breite) auf ca. 43 cm (Deckenbreite).

Außerdem findet eine  Verformung des D-Profils  statt,  die je nach Balalaika-Typ verschieden ist. Folgende Varianten sind möglich:

 

Der Übergang vom D-Profil des Halses  zum Trapez des Korpus

Die meisten der heute gebauten Balalaiken besitzen am Ende des Korpus, an der Sadinka (dem schrägen Hinterbrett) eine trapezförmige Querschnittform.

Es gibt aber auch andere Korpus-Querschnittformen.

Der Korpus-Anfang besitzt wie der Hals, ein U-Profil (=D-Profil). Bei einigen Balalaiken und bei der Domra wird dieses Profil beibehalten. Bei den meisten anderen Balalaiken verändert sich das Profil allmählich zum Korpus-Ende hin.

Faktisch trifft man 5 verschiedene Korpus-Querschnittformen an.

 

Der Balalaika-Korpus:

5 typische Querschnitt-Formen

Die fünf typischen Querschnitt-Formen des Balalaika-Korpus,

ausgehend vom U-Querscnnitt ("D-Profil") des Halses

 

1. Das D-Profil des Halses bleibt erhalten: der Korpus hat ebenfalls D-Profil:

    die Balalaika besitzt am Ende einen Halbkreis- Querschnitt.

    Das ist die typische Form der historischen Kürbis-Balalaika.

    Auch die Domra mit ihrem Halbkugel-Korpus gehört zu diesem Typ.

    Bei holzgezimmerten Balalaiken eine sehr seltene Korpusform, bei

 

2. Die Rundung des Hals-D geht zu einem dreieckigen Korpusprofil über

    ("Pflugschar") (Spitzkiel eines Schiffes):  Dreiecks-Querschnitt.

    Ein solcher Korpus-Typ ist historisch bezeugt.

 

3. Die Rundung des Hals-D wird abgeflacht: Flachschalen-Querschnitt

 

4. Das Hals-D wandelt sich zu einem Reckteck: Rechteck- Querschnitt.

    Die Balalaika ist ein Kasten, ein Trog. Sehr häufig bei Balalaiken und Dombren,

    die aus einem ausgehöhlten Holzblock hergestellt wurden.

    Bei Balalaiken in zusammengesetzter Holzbauweise ist dieser Kastenkorpus

    sehr selten anzutreffen.

    Häufig aber bei Selbstbau-Balalaiken in Schüler-Bastelkursen.

 

5. Das D wandelt sich zu einem Trapez: Trapez-Querschnit

    Die Trapez-Schenkel sind oft als Zargen ausgebildet.

    In der Regel ist die kleine Parallelseite des Trapezes (= Korpusboden) gewölbt.

    Dies ist der am häufigsten anzutreffende Balalaika-Typ.

    Der Wölb-Boden besteht entweder aus einer gradzahligen oder aus einer

    ungradzahligen Anzahl von Spänen.

   

    

Die meisten heute gebauten Balalaiken haben diesen Trapez-Querschnitt. Jedoch wird in der Regel die kleine der beiden Parallelseiten des Trapezes (= der Korpusboden) ausgewölbt. Da in der geometrischen Welt die kleine Parallel-Seite die  o b e n  liegende Seite ist ( = "Trapez-Dach"), ist dieses Balalaika-Profil als  Wölbdach -Trapez  zu bezeichnen.

 

Für die Balalaika-Geometrie entscheidend ist der Winkel, in dem die beiden Trapezseiten zur Grundlinie (=der Instrumentendecke) stehen. Dieses Winkelmaß  ist von Instrument zu Instrument sehr unterschiedlich.

Auch der Wölbungsradius des Trazezdaches (= der Instrumentenboden) wird von jedem Instrumentenmacher anders bestimmt. 

Bei einer gradzahligen Anzahl der Späne (2, 4, 6, 8) weist der Wölbboden in seinem Zenit einen schiffskielartigen "Knick" auf: "Spitzkiel-Balalaika".

Auf der Unterseite der Balalaika befindet sich also eine symmetrisch verlaufende

Mittel-Naht.

Balalaika-Korpus, Typ 2 : zwei Späne (Skizze nach Beschreibung)

Die Sadinka

Entscheidend für die Bestimmung des Korpustyps ist der Korpus-Querschnitt, am Korpus-E n d e  aufweist. Diese Querschnittform ist ablesbar am Hinterbrett, der Sadinka.

An der Profilform, also der Umrisform der Sadinka ist auch zu erkennen, um welchen Typ von Balalaika es sich handelt:

Karegorie "Kasten-Balalaika"  oder  Kategorie "Schalen-Balalaika". 

Entscheidend für die betreffende Kategorie sind das Seitenwinkelmaß des Trapezes.

Ein Winkel von 45 Grad weist auf eine Schalenform hin: Schalenkorpus-Balalaika

Ein Winkel von 90 Grad bedeutet Kastenbalalaika.

In der Praxis liegt das Winkelmaß zwischen 45 Grad  und  80 Grad.

 

Das Trapez    

Die Normalform der Sadinka der heutigen Balalaika ist meist einem Trapez angenähert. Das Trapez ist nicht das Ergebnis einer rechnerischen geometrischen Spielerei mit dem Ziel, eine gefällige Form zwischen Halbrund und Rechteck zu konstruieren, sondern ist eine Reminiszenz  an alte traditionelle Trogformen.

Alte holzgeschnitzte Balalaiken waren formverwandt mit Backtrögen, Waschtrögen, Körnertrögen und Särgen. All diese Tröge  besitzen  trapezförmige  Quer-  und  Längsschnitte.    

            

Bildbeispiele:   2.2. Balalaika und Birke                

              

Halbrundformen dagegen verweisen auf  Kürbisse, aus denen früher Balalaiken hergestellt wurden.

Zu Sadinka-Halbrund- und Trapezformen siehe die Fotos am Ende von 

3.5  BALALAIKA = TANBUR + GUSLI 

 

Spitzkiel  und  Flachkiel   -  "Nalimow"  und  "Passierbski"

Für viele "Balalaika-Analytiker" ist die Profilform der Sadinka nur unter  einem Aspekt interessant:

Hat die Balalaika einen "Spitzkiel" oder einen "Flachkiel"  ? -

Balalaiken mit Spitzkiel werden als "Nalimov-Balalaika"  bezeichnet   ("Nalimow-Typ"- Balalaika).

 

Hat die Balalaika einen "Flachkiel"? -

Dann bezeichnet man diese als "Passierbski-Balalaika" ("Passierbski-Typ" - Balalaika)

Passierbski und Nalimov waren berühmte Instrumentenbauer zur Zeit von Andrejew. Jeder von ihnen bevorzugte eine andere Korpus-Bauform , die entweder eine gradzahlige oder eine ungradzahlige  Späne-Anzahl erforderte.

 

C. Längsschnitt:  Kreissegment  mit  Schrägschnitt

Während die reine  Kastenbalalaika  eine rechteckige Längsschnittform hat

(wie der Korpus der Zither), basiert die  Andrejew-Balalaika, also die heutige russische Balalaika (seit 1884) auf einer schalenförmigen Längsschnitt-Form:

Die Balalaika ist eine  Schalenlaute, jedoch in modifizierter Form.

 

Eine Schalenlaute in ihrer idealen Form hat als Längsschnittform einen Halbkreis bzw. ein flaches Kreissegment ("Mond").

Bei der Balalaika ist die Kreissegmentform von einer Trapez-Kastenform ("Trog") überlagert. Auf einer Seite (zum Hals hin) ist der Korpus eine Schale, auf der anderen Seite ein Trog. Diese Zusammenführung verweist auf die beiden historischen Entstehungslinien der Balalaika: Kürbisbalalaika und Holztrog-Balalaika.

Im Schema ist deshalb  das Kreissegment ist einseitig schräg abgeschnitten: die Schnittebene zeigt das trogtypische Fußbrett eines Troges an: die Sadinka.

 

 

 

 

D A S    L Ä N G S S C H N I T T -  S C H E M A

ERKLÄRUNG DES  SCHEMAS

 

Der  Balalaika-Korpus  =  Ein  Kreissegment

Die Decke der Balalaika liegt auf der Sehne eines Kreises

 

Der Korpus der Balalaika ist eingepaßt in die Umrissform eines Kreises.

Er ist eingeschlossen zwischen Kreisbogen und Kreissehne.

Anders formuliert: die Querschnittform des Balalaika-Korpus ist zu einem großen Teil deckungsgleich mit der Fläche eines Kreissegments.

Die Balalaika wird also nicht nur vom Dreieck bestimmt, sondern auch vom Kreis.

Das Dreieck ist das typische Merkmal des Psalteriums,

Der Kreis  ist die geometrische Zuordnungsform der Schalenkorpus-Laute.

Die Balalaika verbindet beides.

 

Das Kreissegment wird schräg angeschnitten

Die  Schnittfläche  =  Sadinka

 

Der Korpus einer Schalen-Halslaute stellt in seinem Längsschnitt einen Kreisabschnitt dar: im Idealfall einen Halbkreis (wie bei der Domra), ansonsten eine flache Schüsselform.

Die Lautenvorgängerform der Balalaika, die  Tanbur, weist eine Fülle von Schüsselformen auf: rund, oval, flach, tief.  Erklärung: Die Schüsselformen der Tanbur waren Kürbisformen.

Die Grundbedeutung des Wortes "Tanbur" ist sehr wahrscheinlich "Kürbis", so vermuten einige Sprachforscher und weisen darauf hin, daß das Wort "Tanbur" in verschiedenen alten Sprachen zur Bezeichnung einer  Trommel  diente. Trommeln wurden aus Kürbissen gebaut.

 

Besonderheit bei der russischen Balalaika: hier ist der Schalenkorpus ("Schüssel") an dem dem Hals gegenüberliegenden Ende schräg angeschnitten.

Vom Kreissegment ist ein Teil durch einen Schrägschnitt abgetrennt.

Was in der geometrischen Skizze wie eine Willkürmaßnahme aussieht, entspricht in der Realität einem normalen und weit verbreiteten Vorgang:

Holztröge besaßen und besitzen an beiden Enden eine solche Schräge. Siehe: Backtröge, Särge, Trogzithern.

Diese Trog-Holzbauart wurde auf das Schalenkorpus-Schema übertragen.

Die schräge Schnittlinie im Schema entspricht dem hinteren Brett-Abschluss der Balalaika, der Sadinka.

 (Sadinka = "задинка" = hinteres Brett, "Heckbrett" , "Heckwerk", "Spiegelbrett")

(engl. = transom, russ. tranetz)

 

Eine freie Variable  im Proportionsschema: 

Das Wirbelbrett

Das Schema zeigt eine Prim-Balalaika von 67 cm Länge. Dies ist ein sehr häufig vorkommenden Längenmaß.

In dieses Maß einbegriffen ist die Länge des Wirbelbrettes (hier: 12 cm).

Dessen Proportion und Ausmaße sind aber frei wählbar und vom Gesamt-Proportionsschema unabhängig.

Aus künstlerischen oder praktischen Gründen kann es  jedes  beliebige  Maß annehmen. Meist wird es  verlängert, um den Wirbeln bzw. der Wirbelmechanik auf dem Brett mehr Platz zu geben oder um eine Gurtbefestigung anzubringen.

Ein kurzes  rein funktionales  Wirbelbrett  ist meist 11 cm lang,  ein "normales" Wirbelbrett 12 cm, ein verlängertes Wirbelbrett hat oft eine Länge von 13 oder 14 cm.  Das längste Wirbelbrett hat eine viersaitige  Balalaika, denn bei ihr liegen gewöhnlich die  4 Wirbel i n   e i n e r  langen Reihe  hintereinander.  Hier beträgt die Länge des Wirbelbrettes  16 cm und mehr.

Eine 6-saitige Balalaika dagegen hat wieder ein kürzeres Wirbelbrett, weil hier nur  3 Wirbel  hintereinander ( in 2 Reihen ) liegen.

 

 

DAS  KONSTRUKTIONSVERFAHREN

 

1. Die  Ausgangsform:  der  Kreis

Zuerst muß ein Kreis konstruiert werden. Dazu muß der Radius des Kreises bestimmt werden.

 

2. Der Radius  =  Mensur

Der Radius ist gleich der Mensur, also der Länge der schwingenden Saite.

Es wird für die Prim-Balalaika eine Mensur festgelegt zwischen 42 und 46 cm.

In der Skizze wurde gewählt die historische Andrejew-Mensur von 43,89 cm.

Wassili Andrejew, der "Vater der modernen Balalaika" hat 1883 dieses Mensurmaß  errechnet und erprobt. Zur Angabe der Länge verwendete er die alte russische Maßeinheit des Werschok.

Die Andrejew-Mensur beträgt 9 7/8 Werschok.

 

3. Ganzzahlige  Propotionsverhältnisse

Das "krumme" Mensur-Maß von  43.89 cm  (9  7/8 Werschok)  -  als Grundlage für den Aufbau des gesamten Instrumentenkörpers verwendet -  führt zu dem erstaunlichen Ergebnis, ganzzahlige Proportionsverhältnisse zu erzeugen.

 

4. Ein Halbkreis

Mittels eines Zirkels wird der Kreis geschlagen. Es genügt, einen  H a l b - Kreis

zu konstruieren.

Die Grundlinie des Halbkreises liegt unten. Der Halbkreis wird durch eine mittige senkrechte Linie in 2 Viertelkreise geteilt.

 

5. Die Korpushöhe  =  ein Viertel der Mensur

Nun wird das Maß für die Korpushöhe, ausgehend vom Scheitelpunkt des Halbkreises, auf der Linie in Richtung des Kreismittelpunktes  abgetragen.

Das Standardmaß für die Korpushöhe der Prim-Balalaika beträgt ein Viertel der Mensur.  Ein Viertel vom Radius  43,89 cm ergibt eine Korpushöhe von 10,97 cm.

In der Skizze ist dieser Wert aufgerundet auf 11 cm.

Die Korpushöhe von 11 cm wird auf der Senkrechten durch einen Punkt markiert.

 

Die Korpushöhe kann später variabel gestaltet werden, je nach beabsichtigtem Bautyp.

Kastige Balalaiken  ( mit "Flachkiel" ) haben eine geringere Höhe (10 cm),

schalige Balalaiken ( mit "Spitzkiel" ) haben eine größere Höhe (12 cm und mehr).

 

Die genaue Festlegung der Höhe erfolgt aber erst nach Fertigstellung der schematischen Zeichnung, nachdem das Grundmodell  aus dem Halbkreis herausgelöst und um 180 Grad gedreht wurde. In dieser "richtigen" Lage der Balalaika stellt die die Instrumentendecke (= die ehemalige Kreissehne ) die neue Bezugslinie dar.

Von dieser konstanten Linie aus  geschieht - wenn nötig - die Veränderung der Korpushöhe, indem der Boden eine Verflachung oder eine stärkere Wölbung erfährt. Entscheidend ist, ob die Balalaika mehr oder weniger Volumen haben soll. Oft handelt der Instrumentenbauer hier intuitiv und verläßt die Vorgaben des Proportionsschemas.

 

6. Kreissehne  =  Instrumentendecke

Durch den Markierungspunkt wird parallel zur Grundseite eine Kreissehne gezogen.

Die Sehne markiert den Decken/Halsverlauf der Balalaika.

 

7. Halsfuß:   Schuhgröße 5 cm

An der Nahtstelle zwischen Decke und Hals besitzt der Hals eine Verbreiterung in der Senkrechten: den sog. "Halsfuß".  Die Verbreiterung ist aus zwei Gründen notwendig:

1) aus Stabilitätsgründen

2) aus optischen Gründen, um einen gefälligen Übergang zu schaffen zwischen 

    dem 2 cm starken Hals  und dem  3 - 7 cm starken Oberklotz des Korpus

    (gemessene Höhe zwischen Boden und Decke).

Die Standard-Balalaika weist meist ein  Mittelmaß auf von 5 cm.

Der Halsfuß besitzt somit eine "Schuhgröße" von 5 cm.

Die Strecke von 5 cm wird als Lot zwischen Kreisperipherie und Kreissehne abgetragen. Sie markiert die Nahstelle zwischen Hals und Korpus.

Diese beiden Maße: 11 cm Korpushöhe und  5 cm Halsfußlänge sind die Schlüsselmaße der Balalaika.

Alle anderen Maße sind daran orientiert:

Vom Nahtpunkt Korpus/Hals ausgehend werden die Korpuslänge und die Halslänge konstruiert.

 

8. Halslänge und Korpuslänge

Korpuslänge: 28 cm

Halslänge: 27 cm

Wirbelbrett: 12 cm

Gesamtlänge: 67 cm

Diese Maße ergeben sich aus dem obigen Schema. Es sind die Standardmaße, die heute sehr viele in Serie gebaute Fabrik-Balalaiken aufweisen.

 

 

9. Wirbelbrett

An das Halsende wird das Wirbelbrett gesetzt. Die Form ist meist schaufelförmig symmetrisch, selten auch schräg asymmetrisch in der Form, die später im E-Gitarrenbau bekannt wurde bei den Fender-E-Gitarren-Modellen Stratocaster und Telecaster: eine schräg gesetztes Brett mit einer geraden und einer kurvigen Seite.

(siehe Bild unten)

Die funktionale Länge des Wirbelbretts beträgt meist 12 cm.

Die Läge des  Wirbellbretts variiert bei der Balalaika je nach künstlerischer Formgebung  zwischen  12 cm  und  16 cm.

Das Wirbelbrett - so sagt schon der Name, trägt die Wirbel des Instruments.

Der Platzbedarf, den diese Wirbel benötigen, bestimmt die Mindestgröße des Brettes.

Damit die Wirbelknöpfe gut bedienbar sind, brauchen die Wirbel-Achsen einen Abstand zueinander von 3 cm.  Der selbe Abstand von 3 cm wird auch zu den beiden Enden des Wirbelbretts gewählt. Die Länge des Wirbelbrettes beträgt somit  4 x 3 cm = 12 cm.

 

Oft wird das obige Ende des Wirbelbretts verlängert, um es dekorativ auszuformen ( z.B. Doppelkopfgestaltung: Doppeladler, 2 Pferdeköpfe).

Auch bestimmte Gurtbefestigungen erfordern eine Verlängerung des Wirbelbrettes.

Im obigen Schema wurde ein rein funktionales Wirbelbrett gewählt  mit  dem Mindestmaß  von  12 cm .

 

10. Das abgeknickte Wirbelbrett ("Wirbelbrett-Winkel")

Das Wirbelbrett ist nach hinten abgeknickt. Grund dafür ist die dadurch bewirkte straffere Saitenführung. Der Knick bildet eine kantige Schwelle aus. Die Saite, die über diesen "Kamm" geführt wird, erhält dadurch einen einen größeren Druck.

Der Wirbelbrettknick ahmt das Prinzip des Saitensteges nach: die Bildung eines (Berg-)Kammes, der eine stabile Saitenauflage ermöglicht.

 

Der Knickwinkel ist aber nicht so extrem wie bei der Knickhalslaute: dort ist der Wirbelkasten in einem Winkel von fast 90 Grad ans Halsende angesetzt.

Bei der  Balalaika beträgt die Abwinkelung nur ca. 15 Grad.

Die Balalaika ist aus der persischen Tanbur entstanden. Diese besaß noch kein Wirbelbrett, sondern es wurden die Bohrungen für die die Wirbel direkt am Ende des Halses vorgenommen. Die türkische Baglama besitzt heute noch diesen Hals, aber das Ende des Halses bekam eine leichte Biegung nach unten, so daß auch hier der effektive "Knickhals" entstand, allerdings mit einem sehr kleinen Winkel von ca. 7 Grad.

Bei der Balalaika muß ein dünnes Wirbelbrett mit einem stärkeren Hals verbunden werden.

Stärke des Halses:  +/-  2 cm

Stärke des Wirbelbretts: 1 cm.

Die Verbindung geschieht mittels Anschäften.

 

11. Der abgeknickte Hals  ("Hals-Winkel")

Wie das Wirbelbrett winklig (mit Knick) an den Hals, so ist auch der Hals mit Knick an den Instrumentenkorpus angesetzt.

Auf der Skizze ist dieser Knick nicht eingezeichnet. Hier bilden Korpusdecke und Halsoberseite  eine einheitliche durchgezogene Linie (= Kreissehne und ihre Verlängerung).

In der Praxis aber liegen Decke und Hals nicht auf einer Geraden. Es gibt zwar Balalaiken, die so gebaut sind, aber die sind sehr selten, und auch wegen der geringen Steghöhe sehr schwer spielbar.

Balalaiken, die einen Wert auf gute Spielbarkeit legen, (und teure Instrumente

auf jeden Fall) weisen einen  abgeknickten Hals auf.

 

Entscheidend für den Hals-Winkel ist die Höhe des Steges, die vorher festgelegt werden muß. Je höher der Steg, desto größer der Winkel, in dem die Saiten in Bezug zur Deckengeraden verlaufen. Dieser Anstiegswinkel der Saitenebene  bestimmt den Winkel des  Halsknicks. Die Anwinkelung des Halses soll den Saitenwinkel ausgleichen, damit die Saiten (fast) parallel zum Griffbrett verlaufen.

Hoher  Steg

großer Anstiegswinkel der Saitenebene  =  g r o ß e r   Halswinkel.

Niedriger Steg

kleiner Anstiegswinkel der Saitenebene  =  k l e i n e r   Halswinkel

 

12. Die Steghöhe

Betreffs der Steghöhe hat jeder Balalaikaspieler seine eigenen Vorstellungen und Vorlieben. Die Steghöhe ist abhängig von der Griffbretthöhe und dem Abknickwinkel des Halses. Man kann bei einer "fertigen" Balalaika die Steghöhe nicht einfach nach Belieben verändern, weil die Saitenlage entweder zu tief oder

zu hoch wird. In beiden Fällen ist das Instrument dann unspielbar.

Wird ein höherer Steg gewünscht, z.B. um hinter dem Steg ein Mikrofon zu plazieren, muss man eine Balalaika wählen, die einen großen Abknickwinkel des Halses hat oder ein Griffbrett, sehr hoch ist.

 

Die Saiten steigen, ausgehend vom Obersattel bzw. Null-Bund, stetig an.

Die Steg-Höhe wird so bemessen, dass die Saiten über dem Oktavbund (dem 12. Bund)  einen Abstand von ca. 3 mm haben.

 

In der Regel bewegt sich bei "Knickhals-Balalaiken" das Maß für die Höhe des Saitensteges zwischen 1 cm und 2 cm. Höhere Stege sind besser für die "Befingerung" der Saiten, und sie schützen auch wegen ihres größeren Abstandes zur Decke die Instrumentendecke wirksamer vor den "Schlägen" des Balalaikaspielers als ein niedriger Steg.

Der Drehpunkt A für den Knickwinkel ist die Oberseite der Nahtstelle zwischen Korpus und Hals auf der Decke des Instruments.

 

13. Die Position des Steges

Die Mensur, also die Länge der schwingenden Saite, ist die Strecke zwischen dem Steg und dem Obersattel. Auf der Skizze ist der Obersattel ( Nullbund) mit dem Buchstaben  " B " gekennzeichnet.

Will man in die Skizze den Steg eintragen, muß man vom Punkt B ausgehend das Mensurmaß von 43,89 cm (= Kreisradius) in Richtung des Untersattels  abtragen und auf der Korpusdecke markieren.

 

Nochmaliger Hinweis:

 

Die  obige  Proportions-Skizze  ist  ein   Grundschema,

kein 1:1 Bauplan !

 

Anderes Schema:

Flachkorpus-Balalaiken des 18. Jhds.

Einige  ä l t e r e   Bauformen der aus separaten Holzteilen zusammengesetzten Balalaika mit dreieckiger Decke  folgten einem anderen Schema. Balalaiken älterer Bauart ( bis ins 18. Jhd.) hatten oftmals einen Korpus von nur geringer Tiefe.  Auch war der Boden nur schwach gewölbt.  Erklärung:

Die geringe Tiefe des Späne-Korpus war einerseits orientiert an der flachen Lopata-Form (Schaufel, Paddel) der alten Balalaiken, die aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt waren, andererseits an der flachen Korpusform der Kastenzithern (Psalterium, Gusli, Kantele), deren Umriß-Form (und Klang) für

die Balalaika immer mehr maßstabsetzend wurde.

 

ABWANDLUNGEN  DES  SCHEMAS

 

Für den praktischen Bau einer Balalaika wird das Balalaika-Schema  in der Regel modifiziert. Jeder Balalaikabauer will sein Instrument individuell gestalten.

Die Zahl der möglichen Veränderungen ist unbegrenzt.  Zwei Abwandlungen werden jedoch in der Praxis sehr häufig vorgenommen:

 

Abwandlung des Proportionsschemas. Beispiel 1

Veränderung  der "Schuhgröße"  des  Halsfußes, der пятка

 

Der Halsfuß ist von Balalaika zu Balalaika sehr verschieden gestaltet. Entscheidend ist die Höhe des Korpus im Nahtbereich Hals/Korpus. Dieses Höhenmaß ist die "Schuhgröße" des Halsfußes.

Zur Erinnerung: die Balalaika tendiert einerseits zum  Kastenkorpus  (wie Gitarre), andererseits zum Schalenkorpus  (wie z.B. die italienische Mandoline).

 

Ein Kastenkorpus  erfordert einen Halsfuß mit großer "Schuhgröße", der den Höhenunterschied zwischen dem dünnen Hals und dem tiefen Korpus ausgleicht.

Im obigen Schema ist ein Standardmaß von 5 cm angegeben.

 

Ein Schalenkorpus  hat einen Halsfuß mit einer "Schuhgröße" kleiner als 5 cm; meist ist die Sohlenlänge  2,5  bis  3 cm.

Bei ihm gibt es keine Stufe zwischen Hals und Korpus, sondern Hals und Korpus sind wie aus einem Guss und gehen scheinbar fließend ineinander über. Stellt man ein solches Instrument aufrecht, so entsteht folgender Eindruck: der Hals "wächst"  aus dem Korpus heraus wie der Keimspross aus einer Zwiebel.

Andere Vergleiche:

Langgezogener viskoser Tropfen, Flaschenkürbis, gefüllter zugebundener Sack (nabla), Hammelkeulenform. Eine solche Form verweist auf die Rebec, russ.: Gudok.

 

Balalaiken mit Gudok-Hals

Ein  stetiger "organischer" Übergang zwischen Korpus und Hals war das Merkmal der aus einem Stück geschnitzten Gudok.  Auch die frühen aus einem einzigen Stück geschnitzten Balalaiken besaßen diesen stetigen Übergang, allerdings in eingezogenerer  Form als beim Godok.  Für die Stabilität des Instruments war dies kein Problem: es gab keine Leimschicht zwischen Hals und Korpus, alles war aus einem Stück.  Die Probleme traten erst auf, als der Hals an den Korpus angeleimt wurde. Der Halsfuß mit seiner vergrößerten Leimfläche bot hier eine gute Lösung.

 

Viele Balalaikaspieler fordern dennoch einen fußlosen Hals oder einen möglichst kleinen Halsfuß. Der Übergang von Hals zu Korpus soll fließend sein und keine störende Kante aufweisen - wegen der besseren Spielbarkeit der Balalaika.

So Michail Ignatieff, der Verfasser der am meisten verbreiteten Balalaikaschule:

"Der Hals (...) soll am Schallkörperansatz keine Verdickung haben" (S.4 )

Nachteil dieser Konstruktion: eine sehr kleine Leimfläche, die zur Folge hat eine mangelnde Stabilität der Hals-Korpus-Verbindung, besonders bei  stumpfer Verleimung, die immer noch bei vielen Balalaiken üblich ist.

Bei  6-saitigen  Balalaiken  mit ihrer  sehr hohen Saitenzugkraft  ist deshalb ein

"Mini-Halsfuß" und stumpfe Verleimung nicht geeignet.

Die Mehrzahl der Balalaiken haben einen Halsfuß der Größe  4 cm - 6 cm.

 

Zum Halsfuß (пятка) allgemein

 

Es lassen sich zwei Arten des Halsfußes unterscheiden:

 

1. Der Halsfuß erscheint als Teil des Instrumenten - H a l s e s

Er ist das untere, verdickte Ende des Halses, das an den oberen Teil des Korpus angeleimt wird. Die Nahtstelle markiert den Übergang von Hals zu Korpus.

Dieser empfindliche und belastete Bereich wird häufig durch einen Überleimer verstärkt.

 

2. Der Halsfuß erscheint als Teil des Instrumenten - K o r p u s

Der Halsfuß ist so gestaltet, daß er als Teil des Korpus wirkt: er erscheint quasi als die spitz auslaufende oberere Kappe des Dreieck-Korpus, die organisch in den Hals übergeht. Das bedeutet:

Die Leimfuge markiert eigentlich nicht die Grenze zwischen Korpus und Hals, sondern ist eine korpus-interne Verbindungsnaht.  Die wahre geometrische Grenze zwischen Korpus und Hals  befindet sich innerhalb des Bauteils "Hals", nämlich im Bereich des Übergangs zwischen Halsfuß und Hals.

Solche Balalaiken besitzen eine Hals/Korpus- "Unschärfe-Grenze" ähnlich wie der Gudok. (siehe nachfolgendes Bild)

Gudok ( Rebec ). Stetiger Übergang zwischen Korpus und Hals: deshalb schwer zu bestimmendes Mensurverhältnis Korpus/Hals. Orientierung bietet hier das Griffbrett.

 

Abwandlung des Proportionsschemas. Beispiel 2

Die Verflachung (Verkastung) der Korpusschale

Je nachdem, ob der Balalaikabauer die Balalaika "kastiger", "schaliger", flachbauchiger oder rundbauchiger gestalten will, wird er die angegebenen Maße des Grundschemas individuell verändern.

Will er eine großvolumige Balalaika mit großer Korpustiefe, dann wird er die Korpustiefe erhöhen und den Kreisbogen anheben. Russische Balalaiken, die in Westeuropa gebaut werden, erfahren oft diese Modifikation: man will den Balalaikaklang "gitarriger" und mit mehr Volumen und Bass. Auch wird das Schallloch vergrößert.

In Russland gebaute Balalaiken wollen keine Gitarre imitieren. Die Balalaika soll ihre Identität bewahren. Deshalb: kleines Schalloch und flacher Korpus.

Im 18. Jhd. waren sehr flache Korpusformen weit verbreitet. Wer dieses Vorbild bewahren will, wird vom  Proportionsschema, das einen Kompromiss darstellt, abweichen und die Korpuswölbung "platt drücken": er wird den Kreisbogen in seinem Zenit verflachen. 

 

Ergebnis der Verflachung:  Der "Rundbuckel"

Die "Abplattung" und Begradigung des Korpusbodens ist bei einigen Balalaikatypen sehr beliebt, oft sind es Balalaiken mit ungerader Spanzahl ("Passierbski-Typ"),

d.h. Balalaiken mit sog. "Flachkiel". Der Mittelspan des Korpusbodens verläuft auf

ca. 2 Drittel seiner Länge parallel zur Decke und ist fast linear. Vorbild ist  hier die Trogform bzw. die Kastenform von Gusli und Kantele.

Erst im letzten Abschnitt der Strecke biegt sich der Mittelspan zum Halsansatz hin.  Die Folge: eine starke Rundung, die als "Buckel" sich zum Halsanschluss hin biegt.

Klanglicher Nebeneffekt solcher Balalaiken: der "kastige" Klang, der aber oft gewollt ist.

 

Balalaiken dieses Typs sind Beispiele dafür, daß bewußt das oben dargestellte Prortionmsschema abgeändert wird.

Durch die Abplattung des Bodens wird die Korpushöhe (im Schema: 11 cm)  reduziert.  Solche "verkasteten" Balalaiken weisen sehr häufig eine um 2 cm reduzierte Korpushöhe auf. Die  Korpushöhe beträgt also  ca. 9 cm.  In Werschok umgerechnet ist dies ein Maß zwischen 2  und  2  1/8 Werschok. In den ukrainischen Werkstätten in Tschernigow  wurden (und werden) vielfach solche bodenbegradigten Balalaiken gebaut.

Das folgende Bild zeigt eine Balalaika solchen Typs.

Balalaika, 5 Späne, mit abgeplattetem Korpusboden. Kastenform nach dem Beispiel der Gusli. Besonderheit: Steckwirbel. Instrumententyp: Instrumentenfabrik Tschernigow, Ukraine

PROPORTIONSSCHEMA  UND  STEG-POSITION

 

Im oben dargestellten Proportionsscheme ist nicht der auf der Decke aufruhende Saitensteg eingezeichnet: das Schema sollte ein  Grundschema  bleiben und nicht unnötig überfrachtet werden.

Der Saitensteg unterteilt die Korpuslänge in 2 Teil-Strecken.

 

1. Teilstrecke:  zwischen  Halsansatz  und  Steg-Mitte  (" Korpusmensur" ) und

2. Teilstrecke:  zwischen  Steg-Mitte  und  Untersattelkante  ("Tote Mensur")

 

Konstruktion der beiden Teilstrecken:

Teilstrecke 1:  Korpusmensur. Sie ergibt sich von selber durch die richtige Positionierung des Steges. Die Gesamtmensur ist bereits vor dem Bau der Balalaika festgelegt worden. Vom  Oktavbund (dem 12. Bund) ausgehend wird die halbe Instrumentenmensur auf der Decke markiert = Position des Steges.

Teilstrecke 2:  Die Strecke zwischen Steg-Mitte  und Untersattel könnte eigentlich willkürlich gewählt werden. Sie ist für die Menur nicht entscheidend: sie ist eine "Tot-Mensur". ("Tot" =  diese Saitenstrecke ist schalltot, sie darf keine Töne, auch keine "Wolfstöne" produzieren. Balalaikaspieler wenden sehr verschiedene "Tötungsmethoden" an). 

Die "Totmensur-Strecke"  fügt sich in das Gesamt-Proportionsschema ein.

Tot-Mensur  =  1 Viertel der Gesamt-Mensur.

Die Oktavstrecke (= halbe Mensur) wird also nochmals halbiert.

Das entspricht der Strecke zwischen Null-Bund und 5. Bund, also der gegriffenen Quart-Strecke.

Zusätzlich wird gerne auch die Korpushöhe diesem Wert gleichgesetzt.

 

Beispiel  für  die  Zahlenverhältnisse  einer  "idealen"  Balalaika:

Das Bezugs-und Ausgangsmaß ist die Mensur

 

Gesamtmensur   . . . . . . . . . .    44 cm

Oktavstrecke . . . . . . . . . . . .    22 cm

Strecke Steg-Untersattel   . . .    11 cm

Korpushöhe    . . . . . . . . . . . . . 11 cm

Korpusbreite   . . . . . . . . . . . .   44 cm

 

 

KORPUSHÖHE

 

Das Proportionsschema hat als Bezugsmaß die historische  "Idealmensur" von Andrejew  (43,89 cm, gerundet: 44 cm). 

Ein Viertel des  Mensurwertes  ( 11 cm )  bildet die Korpushöhe. Ebenso sind die 11cm ablesbar als Länge der Vor-Mensur (Strecke Untersattel-Steg)

Am Ende des Balalaika-Korpus erscheint im Längsschnitt ein  Quadrat.

 

Balalaika-Quadrat

Die Balalaika besitzt nicht nur ein sichtbares Dreieck, das Deckendreieck, sondern sie enthält (versteckt in ihrem Längsschnitt) ein Quadrat !

Das Quadrat hat die Maße:  1/4 Mensur  X  1/4 Mensur   =   11 cm  X  11 cm.

Natürlich gelten diese Werte nur für eine Ideal-Balalaika. Die faktischen Maße werden immer +/- davon abweichen.

 

DIE BREITE DES SAITENSTEGS

 

Viele  Balalaiken mit 44 cm-Mensur setzen auf die Decke einen Saitensteg, der ebenfalls 1/4 Mensur breit ist, also einen Steg mit 11 cm größter Breite.

Dies ist aber nicht die Regel.

Bei der Bemessung der Stegbreite herrscht größte Freiheit. Es geltenals Maßstäbe

oft praktische Kriterien.

Manche Balalaikabauer gestalten, um einen eindeutigen Druckpunkt auf der Decke zu erhalten, den Steg so klein wie möglich.

 

Es gilt dann folgende Regel:

Breite der Steg-Oberseite   =   Saitenfeldbreite  + 1 cm

Breite der Steg-Unterseite  =   Saitenfeldbreite  + 2 cm

Die Saitenfeldbreite einer Prim-Balalaika beträgt im Normalfall ca 4 cm.

Also:

Breite Steg oben   =   5 cm

Breite Steg unten  =   6 cm

 

Meine Sjusin-Balalaika, die noch den originalen Steg von 1900 besitzt, ist ein gutes Beispiel für einen Minimal-Steg, der zudem noch eine sehr dünne Materialstärke hat. 

 

Hier sind folgende Maße ablesbar:

Breite Saitenfeld    =   32 mm  am Steg

Breite Steg oben   =   42 mm

Breite Steg unten  =   50 mm

Stärke Steg unten =     5 mm

 

 

Nachteil dieser kleinen Stege: Stege von geringer Breite üben einen sehr großen Druck auf kleiner Fläche aus. Nicht jede Instrumentendecke hält dieser Belastung stand. Die Decke wird  "eingetrichtert" und kann sogar reißen.

Entscheidend hierbei ist die Position der Leisten unter der Decke.

Außerdem drückt sich ein Steg mir sehr kleiner Auflagefläche sehr stark ins Holz ein.

 

STEGBREITE

Meist werden Stegbreiten zwischen 8 cm  und  12 cm gewählt  (gemessen an der Steg-Unterseite).

Bei der Stegbemessung ist also nicht das theoretische Proportionsschema maßgebend, (obwohl das Viertelmensurmaß sehr praxistauglich ist), sondern die akustischen Wünsche und die Abstimmung auf die mechanischen Eigenschaften

der Instrumentendecke.

 

STEGHÖHE

Die Steghöhe ergibt sich - grob gerechnet - aus dem Knickwinkel des Instrumentenhalses. Die Ebene des Saitenfeldes soll parallel zum Griffbrett verlaufen.

In der Praxis aber steigt die Saitenebene in Richtung des 16. Bundes (Hals-Ende) an. Eine Feinabstimmung der Höhe ist notwendig: Die Saiten dürfen keinen zu geringen Abstand zu den Bünden haben, weil sie sonst "klirren" und scheppern.

Ein zu großer Abstand erschwert sehr das Niederdrücken der Saiten beim Spiel.

Entscheidend ist auch der Härtegrad der Saiten. Jedes Saitenfabrikat verhält sich anders.

Zu beachten ist auch die Schwingungsamplitude der Saite.

Weil die E-Saiten in der Regel eine größere Schwingungsamplitude haben, wird oft ein Steg gewählt, der auf der Seite, über die die E-Saiten verlaufen, eine größere Höhe hat.

Die Saitenfeld/Decke- Trigonometrie   

Im obigen Proportionsschema ist der Saitenebenen-Anstieg wegen seiner Geringfügigkeit nicht berücksichtigt. Die Saiten liegen hier auf den Bünden auf, so daß der Saitenanstieg erst ab der Nahtstelle Hals/Korpus beginnt. Hier ist der Winkelpunkt.

Steghöhe und Griffbrettebene stehen in einem trigonometrischen Zusammenhang:

Die bilden ein rechtwinkliges Dreieck. Der rechte Winkel wird gebildet durch den Saitensteg, der im 90 Grad-Winkel auf der Decke steht. Der Steg ist somit die Gegenkathete.

 

Saitenlänge (Mensur)          =  Hypotenuse

Steghöhe                               =  Gegenkathete

Strecke Obersattel - Steg    =  Ankathete

Kosinus                                  =  Ankathete : Hypotenuse

 

Gegenkathete  =  Steghöhe

Hypotenuse      =  Korpusmensur

 

Ankathete und Gegenkathete sind bezogen auf den Anstiegswinkel des Saitenfeldes, gemessen am Obersattel.

Für ein exaktes Proportionsschema muss die Kosinus-Funktion berücksichtigt werden:

 

 

KORPUSBREITE

Die Breite des Korpus  entspricht ungefähr der Länge der Mensur.

Balalaika: Korpusbreite ist gleich Mensur. Die "Andrejew-Mensur" von 43,89 cm ist hier aufgerundet auf 44 cm

Dass  die  L ä n g e  des  Balalaika-Korpus sich nach der Mensur richtet, ist verständlich und schlüssig. Die Mensur endet am Steg. Der Steg benötigt, damit er die Deckenmembran in Schwingung versetzen kann, einen optimalen Abstand vom Korpusrand. Dieser beträgt 11 cm.

Dass aber auch die  B r e i t e  der Balalaika  dem Mensurmaß ( = der Länge der schwingenden Saite ) entsprechen muß, dafür gibt es keinen vernünftigen physikalischen Grund.

Denken wir an die Geige, eine der am besten physikalisch erforschten Instrumente der Welt: sie erreicht ihr Klangoptimum mit einem schmalen Korpus.

Auch der Gudok hat einen sehr schmalen Korpus, ebenso die Schwarzmeer-Kemenche und ebenso die kaukasischen Balalaiken.

Bei der Kemenche beträgt die größte Breite des Korpus = 1 Drittel der Mensur.

Bei der kaukasischen Balalaika beträgt das Längenverhältnis Korpusbreite : Mensur sogar 1 : 4 !

Die  r u s s i s c h e  Balalaika aber offenbart das überraschende Maß von  1 : 1

 

Die "Faustregel" lautet:

Breite  des  Balalaika-Korpus  =  Länge  der  Mensur

 

Die Gusli-Proportion

 

Die Balalaika wird so gebaut, daß ihre Breite dem Mensurmaß angeglichen wird.

Wie ist diese Festlegung zu begründen? Warum hat sich die Balalaika zu diesem Proportionsmaß hin entwickelt?

Aus dem oben dargestellten Proportionsschema kann die Gleichsetzung

Mensur = Deckenbreite  nicht geometrisch schlüssig abgeleitet werden.

Nicht irgendeine Zahlentheorie bewirkte die Verbreiterung des Korpus, sondern

die Praxis des Balalaikaspiels. Durch die Korpusverbreiterung sollte die Balalaika

in Form und Klang an ein anderes, bei den Russen äußerst beliebtes Saiteninstruments angeglichen werden.

 

Balalaika und Gusli

Die Balalaika nimmt Maß an der Gusli, der russischen Zither. Sie war Jahrhunderte lang das russische Nationalinstrument. Die Balalaika sollte

so klingen wie dieses von den Russen so sehr geliebte Instrument.

 

Auf die Balalaika wird die "Gusli-Regel" angewandt. Diese ist eine allgemeine Regel aller Trog-Zithern. Die Regel bezieht sich auf eine Gusli mit einem Saitenfeld, das der Breite nach verläuft.

Die Regel lautet :

 

Die Breite der Gusli wird bestimmt durch

die Länge ihrer längsten Saite.

 

Das ist so selbstverständlich und banal wie die Aussage: "Der Durchmesser eines Topfdeckels wird bestimmt durch den Durchmesser des Kochtopfes."

 

Die Gusli wird beim Spielen quer gehalten: ihre lange Seite ist also ihre Breite.

Es gilt:

Korpusbreite der Balalaika  =  Korpusbreite der Gusli  =  Gusli-Mensur.

Korpusbreite der Balalaika  =  Balalaika-Mensur

 

Der Balalaikabauer hat natürlich alle  Freiheit, von dieser Regel abzuweichen. Er kann sein Instrument völlig individuell und intuitiv gestalten.

Der eine verbreitert den Korpus um einige Zentimeter, der andere macht den Korpus schmaler, je nachdem, welches "Schönheitsideal" ihm vorschwebt oder welchen Klangeindruck er bewirken will.  Das oben Gesagte sind Richtmaße!

 

Die Anwendung der "Gusli-Regel" auf die Balalaika ist jedenfalls physikalisch sehr vorteilhaft:

Die Gleichsetzung (+/-) der Balalaika-Korpusbreite mit der Mensur bewirkt eine gute mittige Position des Steges auf der Instrumentendecke und garantiert so eine sehr effektive Schwingungsübertragung des Steges zur Decke.

 

 

Der  Grundaufbau  der  Balalaika 

 

wurde  bereits  in  dem  Kapitel  1.0. Systematik der Balalaika  beschrieben. (Siehe nebenstehende Sitemap)

Nur  das  Wichtigste  von  1.0.  soll  hier  wiederholt  werden.

Anschließend  werden einige  Details  der  Konstruktion  ausführlicher behandelt.



Die heutige Balalaika "Andrejew-Balalaika". Primbalalaika mit großem dreieckigen Korpus

 

 

Die Balalaika  ist  zusammengesetzt aus  4  primären,

fest  miteinander  verbundenen (verleimten) Teilen :

 

I.    KORPUS - T R O G   

II.   KORPUS - D E C K E

III.  HALS  MIT GRIFFBRETT

IV.  WIRBELBRETT

 

Zu den sekundären Bestandteilen gehören:

Saiten, Saitenhalter, Stimmwirbel (-mechanik), Saitensteg, Halsbünde.



Erklärung I - IV :

 

Der Trog  (Kusow) (Cassa) (Body)

Es wird hier für den Korpus der Name "Trog" verwendet ( und nicht "Schale" ),

weil "Trog" der umfassendere Begriff ist.

Ein Trog kann sowohl eine  S c h a l e  sein  ( naturgewachsen, gegossen )

als  auch ein  g e z i m m e r t e r    K a s t e n .  In Handwerksbüchern  wird auch für den zusammengesetzten Kasten der Name  "Trog"  verwendet.

Der gezimmerte Trog

Bei gezimmerten Trögen allerdings, so wird in Zimmermanns-Lehrbüchern stets angeraten, müssen die Brettfugen gut abgedichtet und "verschmiert" werden (mit Ton, Lehm o.ä.), damit der Troginhalt ( Körner, Mehl oder Wasser) nicht verloren geht.

Ein Blick in das Innere der Balalaika (durch das Schallloch hindurch) läßt ein ähnliches Verfahren erkennen.

Die Brettfugen sind dort sorgfältig abgedichtet z.B. mit Textilband, Papierstreifen oder einem Leimbett. Auch hier gilt:

Der Inhalt der Balalaika (die Musik, der Schall) soll nicht unkontrolliert verloren gehen. Die Musik soll durch das Resonanzloch in der Decke "entweichen".

Undichtigkeiten sind durch die "Lichtprobe" leicht zu erkennen.

 

I. Der Korpus-Trog



Der Trog kann auf vierfache Art gefertigt sein:

 

1. Trog aus einem Kürbis. Halbierter Rundkürbis oder Flaschenhalskürbis.

2. Trog aus Kunststoff-Verbundmaterial gegossen

3. Trog aus einem einzigen Holzstück herausgeschält

4. Trog aus Holzteilen (Spänen, Streifen, Lamellen) zusammengesetzt

 

Ausführliche Beschreibung: Systematik der Balalaika

 

II. DIE  KORPUS-DECKE 

   ( ДЕКА ) ( TAVOLA ) ( SOUNDBOARD )


S ä m t l i c h e   Balalaika-Formen  (1.  2.  3.)  besitzen  eine  H o l z -Decke, ein

dünnes Brett von  3 -6 mm Stärke, das die Trogöffnung  ( den Rumpf )  nach oben hin abschließt  ( ab-deckt ). Die Decke ist aufgeleimt.

Viele alte Instrumente sind in einer zweifachen Version überliefert:  mit Holzdecke oder mit einem Korpus, der mit Fell- oder Pergament bespannt ist, z.B. das Psalterium. Das arabische Psalterium, das Kanun, besitzt heute noch eine Pergamentdecke, auf der die Saitenstege stehen, ebenfalls das Banjo oder die bulgarische Einsaitengeige, die Gusla.

Eine Fell- oder Hautbespannung  (wie beim Banjo oder der Gusla oder anderen Instrumenten, die auch wie die Balalaika aus einer ausgehöhlten Kürbis- oder Holzform entstanden sind,) gibt es bei der Balalaika nicht und ist auch bei frühen Balalaikaformen nicht nachgewiesen.

 

Tonholz  Fichte

Das Deck-Brett besteht aus  Fichtenholz (резонансная ель), ca 3 mm stark, das auf den Rand des Troges aufgeleimt wird.  Der Leim wurde früher meist aus Fischblase hergestellt.

Fichtenholz  mit engen Jahresringen gilt (nicht nur bei Balalaiken) als bestes Tonholz für Instrumentendecken. 

 

Die Holzmaserung der Decke verläuft in Längsrichtung des Instruments, aber es gibt auch Balalaiken mit einer Decke, bei der die Maserung quer verläuft.

 

Die Decke wird meist mit einer leichten konvexen Wölbung versehen, selten ist sie plan. Auf der Unterseite ist die Decke geleistet. Dies dient der Stabilität und der Klangverbesserung.

 

Fichte und Stahl

Woher kommt der gute und kräftige Klang des Fichtenholzes? Die Messtechniker haben es herausgefunden:

Bergfichtenholz  mit  eng zusammenliegenden Jahresringen  hat in Längsrichtung

der Maserung  die  gleiche  gute  Schwingungsleitfähigkeit  bzw.  Ausbreitungs-geschwindigkeit wie Stahl. Nun wissen wir´s.

 

Balalaika und Stahlglocke

Aus Stahl werden übrigens sehr gut klingende Glocken hergestellt (Stahlguss), die manche Bronzeglocke in der Brillianz ihres Klanges übertreffen.

Über die geometrische Verwandtschaft  von Balalaika und Glocke: siehe den Exkurs weiter unten

 

Singendes Fichtenholz

Anders als die Akustiker berufen sich die Instrumentenbauer auf ihre Erfahrung und auf ihr Ohr. Fichtenholz klingt  hörbar  besser als anderes Holz und weist auch eine gute mechanische Stabilität auf. Und die Instrumentenbauer wissen noch etwas anderes:  Fichtenholz lebt! Die Erfahrung lehrt, daß gut klingendes Fichtenholz, je älter es wird, desto besser klingt. Das Instrumment wird also mit den Jahren umso wertvoller. Ab einem bestimmten Alter beginnt Fichtenholz (so wissen es die Instrumentenbauer)  zu "singen".

Der Balalaikabauer Nalimov hatte ein Ohr für solches singendes Fichtenholz. Er ging von Haus zu Haus und klopfte gegen alte Fichtenholztüren. Wenn er eine "singende" Tür fand, kaufte er sie dem Bewohner ab oder tauschte sie gegen eine neue nicht singende Tür. Türen brauchen nicht unbedingt singen. Aus dem singenden Fichtenholz der alten Tür aber konnte Nalimow die besten Balalaiken bauen. Mehr über Nalimow:

www.innaokhten.com

 

Tonfichte und Wein

Oft wird bei Fichtenholz, das als Tonholz dient, der Vergleich mit Wein herangezogen.

Guter Wein wird, je länger er lagert, umso besser, sein Geschmacksspektrum erweitert sich.  Das  gilt aber nur  für  g u t e n   Wein: Schlechter Wein wird durch langes Lagern nicht besser.

Genau so ist es mit dem Tonholz Fichte. Schlechtes und langweilig klingendes Fichtenholz ergibt auch durch lange Lagerung kein gutes Klangholz.

 

 

Isba-Schallfenster. ( Isba = russische Bauernhütte ) Intarsie. Sjusin-Balalaika, ca. 1900

Die  Schall-Öffnung 

( Резонаторное окно )   ( отдушина )   ( Голосник )

 

Balalaika  ohne  Schallöffnung

In der Decke befindet sich  die Schallöffnung.

Es sind auch Balalaiken  o h n e  jegliche Schallöffnung weder in der Decke noch im Korpus bekannt. Meist sind es alte Instrumente aus dem 19. Jhd. Die heutigen Balalaiken weisen stets eine Schallöffnung auf.

 

Balalaika  mit  einer  Schallöffnung  im  Korpus  ( nicht in der Decke )

Es sind Balalaiken des 19. Jhds. bekannt, die eine Schallöffnung seitlich am Korpus besitzen. Diese Öffnung ist nicht rund, sondern dreieckig. ( Siehe Skizze unten.)

Балалайка. Historische Balalaika mit dreieckigem Schalloch an der Korpus - S e i t e Korpus der Balalaika: 2 Späne (Skizze nach Beschreibung)
Türkische Baglama. Die Lage des seitlichen Schalllochs ist durch eine schwarze Fläche markiert

Es gibt ein vergleichbares Instrument, das ebenfalls ein Schallloch im Korpus aufweist: die  türkische  Baglama.

Bei der türkischen Baglama ist eine  g e s c h l o s s e n e  Decke  die  Regel.

(Nur ganz selten begegnet ein rundes Schallloch in der Decke).

Die Schall-Öffnung befindet sich bei der heutigen Baglama normalerweise  am hinteren Ende des Instruments, im Unterklotzbereich. Diese Öffnung erinnert an Schallöffnung einer Trompete.

Bei der Balalaika ist eine solche Position des Schalllochs nicht bekannt.

Heute ist das Schallloch stets in der Decke.

 

Schallöffnung  an der Seite des  Korpus  ("Zargen-Schallloch")

Noch im 19. Jhd. gab es Balalaiken mit einer  seitlich  am Korpus angebrachten Schallöffnung in der Nähe des Halses.

Dieses seitlich positionierte Schallloch weisen heute noch viele türkische Baglamas auf, entweder zusätzlich zum Schallloch am Korpusende oder als alleinige Schall-Öffnung.

(Baglama und Balalaika gehen beide auf desselbe Instrument zurück: die Dutar, die zweisaitige persische Tanbur).

Bei der Baglama ist das Schallloch stets rund, bei der alten Balalaika ist das Schallloch  als  dreieckige  Öffnung  beschrieben.

Die Lage des seitlichen Öffnung ist bei beiden Instrumenten gleich: im oberen Bereich des Korpus, nahe am Hals.

Was merkwürdig erscheint:

die seitliche Schallöffnung - sowohl bei Balalaika als auch bei der Baglama -  ist nicht auf der dem Spieler abgewandten Seite des Instruments angebracht, wo der Schall - was logisch wäre - in Richtung der Zuhörer abgestrahlt würde, sondern auf der dem Spieler zugewandten Seite, wo er für die Zuhörer wirkungslos ist.

 

Für diese scheinbar unlogische Position der Schallöffnung gibt es eine Erklärung:

Der Spieler hat bei einem so positionierten Schallloch die Möglichkeit, die Klangfarbe des Instruments zu steuern:

Bei bestimmten Spielpassagen kann er das Instrument gegen seinen Brustkorb drücken, so daß das Schallloch ganz oder teilweise verdeckt und der Ton dadurch gewollt gedämpft wird. Dadurch kann er dem Spiel besondere Nuancen verleihen. Bei indischen Saiteninstrumenten wird diese Technik vielfach angewandt.

 

Schallöffung  in  der  Korpus-Decke

Bei den heutigen Balalaiken ist die Schallöffnung stets als rundes singuläres  Schallloch in der Korpus-Decke ausgeführt. 

Das Schalloch  hat  bei  den  in Russland hergestellten  Balalaiken einen sehr kleinen Durchmesser ( ca 2 cm ). Die nicht-russischen Balalaiken haben meist

eine größere Schallöffnung ( ca. 4 cm Durchmesser ).

 

Frühe Balalaiken  ( Ende 19.Jhd.  und  noch Anfang 20. Jhd. ) weisen oft  das viereckige  Isba-Schallfenster  auf  ( siehe Foto unten ), eingefügt in eine Intarsie, die die Giebelfront einer russischen Bauernhütte (Isba) zeigt.

Der dreieckige Giebel des Daches  stellt eine dekorative Verkleinerung der

Dreiecksform der Balalaikadecke dar.

Auch  dreieckige Schallöffnungen  in der Decke sind bezeugt: in neuerer Zeit hat Andreas Gerth in seiner Werkstatt in Berlin eine solche Balalaika gebaut, so jedenfalls legt es ein Foto auf seiner Website nahe:

http://www.andreas-gerth.de/werkstattimages_thumbnails_balalaika/pages/balalaika05.htm

 

Viele einzelne Schallloch-Bohrungen bilden ein Dekor-Feld

Die  mehrfach perforierte  Schalldecke

(lat.: foramen = das Loch)

Zur alten russischen Tradition im Gusli- und Lautenbau gehören mehrfach perforierte Schalldecken. ("Perforation" von lateinisch "foramen" = Loch).

Die Instrumentendecke wird nicht mit einem einzigen Schallloch versehen,

sondern erhält viele kleine Bohrungen (Durchlöcherungen), die meist

künstlerisch nach einem geometrischen Muster angeordnet werden.

Die Bohrungen bildeten ein Ornament-Feld. Sehr häufig sind:

Lochkreis,  Kreuz,  Stern (meist mit 6 Spitzen), Hexagon (Sechseck).

Vereinzelt sind auch andere Formen anzutreffen.

C- oder F-Löcher wie bei der Violine sind bei der Balalaika nicht bekannt.

 

Sehr häufig bei Balalaiken des frühen 20. Jahrhunderts:

das als  Isba-Bauernhütte  gestaltete Schall-Fenster

Das quadratische Fenster der als Intarsie in die Decke eingelegten russischen Bauernhütte (Isba) enthält ein Fensterkreuz mit 4 quadratische Schallöffnungen.

 

Sehr selten: Einzelnes großes Schallloch mit Rosettengitter

Bei vielen Lauten stellt die Schalloch-Vergitterung einen besonders auffälligen dekorative Schmuck dar, z. B. bei den arabischen Lauten.

Einige Balalaiken, die außerhalb Russlands und der Ukraine hergestellt werden, haben diese "Mode" übernommen.

Auch bei Balalaiken aus deutscher Produktion, die in Russland hoch geschätzt werden, ist ein solches Rosettenfenster nicht anzutreffen.

Bei exotischen Balalaiken und Eigenbauten ohne Rücksicht auf die russische

Bau-Tradition ist alles anzutreffen!

 

Das Schlagbrett  ( Панцырь )

Zum Schutz der Decke sind Balalaiken (besonders die in Russland gebauten) mit einem Schlagbrett ( Schlagplatte, "Panzer") versehen. Das Schlagbrett  ist entweder als Intarsie (Holz, Perloid) in die Decke eingelegt oder als separates

Brett auf dem Deckenrand mit geringer Distanz zur Decke aufgeschraubt.  Die Farbe des aufgeschraubten Schlagbrettes ist in der Regel schwarz (z.B.Ebenholz).  Das Schlagbrett  erstreckt sich  vom oberen Bereich der Decke (vom Halsansatz) bis zum Schalloch - und oft halb um dieses  herum.

Es bedeckt ca. ein Viertel der Gesamtfläche der Instrumentendecke und ist  in  dekorativer Umrißform gestaltet  - meist in künstlerischer Harmonie mit den seitlichen Eck-Intarsien und der mittigen Untersattel-Intarsie der Decke.

Die Balalaiken von Marc Coupfer

Zu den teuersten Balalaiken der Welt gehören die "Coupfer-Balalaiken", gebaut

von Mark Aleksandrovich Kupfer, der eigentlich Helikopter-Konstrukteur war.

Wegen ihres unvergleichlichen Klanges gelten sie als Norm für jede andere Balalaika. Kupfer wendete seine Erfahrungen aus dem Helikopterbau auf die Konstruktion seiner Balalaiken an. Für die Bünde verwendete er Flugzeug-Metall.

Die unter der Decke verleimten Holzleisten  brachte er in einem besonderen geometrischen Schema an.

Das Schlagbrett  gestaltete er rein funktional und nicht - wie viele andere Balalaikabauer - nach ästhetischen Gesichtspunkten. Die Schlagbretter der

Coupfer-Balalaiken sind wirklich Deckenschutz. Sie haben eine sehr große Fläche und reichen bis weit unter die Schalloch-Höhe hinunter.

  

Der  Steg   ( Подставка )

Balalaika-Steg. Steg mit symmetrischer Saitenführung (mittige e-Saite)

Die Saiten der Balalaika laufen über einen Steg, der auf der Instrumentendecke steht.

Der Steg wird auch "Brücke" genannt. Im Russischen werden dafür 2 Bezeichnungen verwendet:

 

Подставка  

Кобыла.

 

Das Wort "kobyla" bedeutet "Pferd" ( eigentlich: Stute ). Viele kennen ein ähnliches "Pferd" aus dem Sportunterricht:  Schüler müssen über ein solches längsgestelltes Pferd springen, bei der Balalaika sind es die Saiten: sie müssen ein quergestelltes Pferd überqueren.

Alle Lauteninstrumente haben einen Steg. Dieser kann aus verschiedenem Material bestehen, z.B.:

 

Holz

Knochen

Glas

Kunststoff (Hartplastik)

 

Stege aus Holz:  Holz ist das am meisten verwendete Material.

Stege aus Glas:  Glas wurde früher vielfach bei Waldzithern  verwendet.

 

Bei der Balalaika ist der Steg aus Hartholz gearbeitet, meist aus Ebenholz. Ebenholz hat wegen seiner Härte zwei Vorteile:

1. die Härte garantiert  gute Schwingungsleitfähigkeiten,

2. die Härte verhindert das Einschneiden der Saiten in das Holz, was besonders bei den  a-Saiten aus Stahl  geschieht, bedingt durch ihren hohen Auflagendruck.

Viele Stege besitzen eine Knocheneinlage bzw. - auflage, die das Einschneiden der Saiten noch besser verhindern. Häufig wird auch ein  metallener Stegbund  in die Nut oben im  Steg eingelegt. Viele lehnen diese Methode ab, weil dadurch angeblich der Klang verschlechtert wird, denn Bund-Metall ist sehr weiches Metall. andere schwören darauf und können keine Klangverschlechterung feststellen. Zur Sicherheit kann man Bund-Metall aus Edelstahl verwenden.  Praktisch ist diese Methode allemal, denn man kann auf ein und denselben Steg immer wieder andere Stegbünde mit jeweils anderem Saitenabstand auflegen. Sogar eine Stegerhöhung ist möglich durch Verwendung eines stärkeren Bunddrahtes. Man erspart sich so die Anschaffung eines neuen Steges und die Mühe der Anpassung der Stegfüße an die Wölbung der Instrumentendecke.

 

Ein solcher Holz/Metallsteg leistet hervorragende Dienste als Versuchssteg.

Wenn man auf diese Weise - mit verschiedenen Metall-Einlagen - die richtige Steggeometrie (Höhe, Saitenanstand) ermittelt hat, kann man diese Maße auf einen guten (und teuren) Ebenholz- oder Fernambuk-Steg übertragen.

Der Steg hat die Aufgabe, die Saitenschwingungen auf die Decke zu übertragen und möglichst verlustfrei und klanggetreu  dem Instrumenten-Resonanzkasten mitzuteilen.

 

Die exakte Steg-Position

In  Instrumenten-Foren wird immer wieder gefragt, wie man die  richtige Saitenstegposition ermittelt  und   -   ob der Steg auf der Decke festlzuleimen ist.

 

Der exakte Standort des Steges wird durch die Mensur bestimmt, die der Instrumentenbauer vorgegeben hat. Ist der Steg verrutscht oder umgekippt oder verlorengegangen, so daß ein neuer besorgt werden muß, so muß für das exakte Setzen des Steges die Mensur der Balalaika ermittelt werden. Dies ist sehr einfach, denn der Steg markiert die Gesamtmensur, gemessen vom Obersattel bzw. dem Nullbund aus.

Die halbe Mensur (die Oktave) ist auf dem Griffbrett der Balalaika der 12. Bund. Er ist in der Regel durch einen  Dot markiert, meistens sogar durch zwei nebeneinander liegende Dots   v o r  dem 12. Bund. Die Gesamtmensur ist zweimal die halbe Mensur.

12. Bund  =  Oktavton  =  doppelte Frequenz  =  halbe Mensurstrecke

Man ermittelt die Oktav-Strecke entweder durch Abmessen mit dem Lineal oder durch Abgreifen mit dem Zirkel. Die Oktavstrecke wird verdoppelt. Nun hat man den Standort des Steges ermittelt.

Bitte, beachten: gemessen wird nicht die Strecke bis zum Steg-Fuß, sondern die wirkliche  S a i t e n s t r e c k e . also bis oben zur Vorderkante der Saitenauflage.

 

Feinjustierung des Steges

Nachdem man auf die oben beschriebene Weise den Standort des Steges bestimmt hat, muß unbedingt noch eine Feinjustierung vorgenommen werden.

Je nach verwendetem Saitenmaterial, Höhe der Bünde und individueller Grifftechnik ist es nötig, den Steg evtl. zu verschieben. Zwei Arten der Korrektur müssen in der Regel vorgenommen werden:

1. Der Steg wird geringfügig zum Untersattel hin verschoben, d.h. die Mensur wird vergrößert. Der Steg bleibt aber weiterhin parallel zu den Bünden.

2. Der Steg wird geringfügig "gedreht", d.h. er wird schräg gestellt. Er steht also nicht mehr parallel zu den Bünden, sondern so, daß die Mensur der stärkeren Saite (= der äußeren e-Saite) größer ist als die Mensur der a-Saite.

 

Durch diese Schrägstellung ergibt sich sich zwar geometrisch ein unterschiedliches Mensurmaß für e-Saite und a-Saite, dafür aber ein reineres Klangbild. Entscheidend ist nicht die mathematisch bestimmte Saitenlänge, sondern das Gehör. Für einen Gitarrenspieler ist das nichts Neues. Viele Gitarrenstege haben eine waagerecht gestufte Stegauflage. Wozu?

 

"Verrückter" Steg

Ein Grund für die Verrückung des Steges aus der mathematischen Idealposition ist die Bundierung des Griffbretts, genauer: die Bundhöhe.

Beim Greifen der Saite wird die Saite nicht nur verkürzt, sondern "geknickt". Ihr  gerader Verlauf wird durch das Herunterdrücken hinter den Bund verformt: die Saite bekommt einen "Knick". Dieser Knick bewirkt eine Straffung der Saite, was eine Tonerhöhung zur Folge hat. Der Ton klingt falsch.

Durch das Verschieben des Steges in Richtung zum Korpusende hin wird dieser Fehler wieder ausgeglichen.

Bei sehr hoch stehenden Bünden kann es vorkommen, daß man zu der errechneten Mensur bis 1 mm Saitenlänge zugeben muß, besonders dann, wenn der Spieler die Saite sehr nahe am Bund herunterdrückt.

Bei dieser Einstellung zählt letztlich nicht die Mathematik, sondern das Gehör.

Aber das ist eine altbekannte Tatsache, die für jedes Saiteninstrument mit Bünden gilt. Bei Balalaikavirtuosen fällt auf, dass bei ihren Instrumenten mit gemischter Besaitung (Darm/Stahl) der Steg oft eine extreme Schrägstellung besitzt. Die verlängerte Mensur der e-Saite ist mit bloßem Auge zu erkennen.

 

 

Stegposition durch Klanggenerator bestimmen !

Die letzte Sicherheit bekommt man durch ein elektronisches chromatisches Stimmgerät. Mit diesem werden nicht nur die Leersaitenstimmungen überprüft, sondern es wird der Quart-, Quint- und Oktav-Check gemacht, und zwar für beide Saiten: e und a !  Nachdem die Verzweiflung sich gelegt hat, erfolgt eine Handlung, die im täglichen Lebenimmer wieder gemacht werden muss: der Kompromiss !

 

 

Die Steghöhe

Auchn die Steghöhe wird durch Ausprobieren festgelegt. Er muss so hoch sein, dass die Saiten  beim Spiel nicht an den Bünden anschlagen ("klirren").

Er muss so niedrig sein, dass die Saiten leicht auf die Bünde gedrückt werden können.

Bei kombinierter Besaitung (e= Darm/Synthetik, a= Stahl) wird oft die Steghöhe variabel gestaltet: Die Steghöhe steigt von a zu e stetig an.

Beispiel:

die a-Saite hat zur Decke den Abstand 20 mm,

die E-Saiten liegen höher: 21,5 mm.

Der Grund: die Darmsaiten haben eine größere Schwingungsamplitude, sie schwingen weiter aus.

 

Die Saitenführung über den Steg

In den Steg werden die u- förmigen Einschnitte für die Saitenführung angebracht. Die Balalaika ist ein 3 -saitiges Instrument. Daraus scheint sich für die mittlere Saite die exakte Mittenposition zu ergeben. Viele Fabrik-Balalaiken haben einen solchen symmetrisch vormarkierten Steg.

In der Spielpraxis jedoch wird die mittlere Saite von der a-Saite weggerückt, damit sie besser "befingert" werden kann. Der Daumen bekommt so mehr Freiheit.

Der Balalaikavirtuose Pavel Necheporenko verwendete eine Balalaika mit sehr extremer asymmetrischer Saitenführung.  Die a-Saite hatte fast den doppelten Abstand  wie die  e-Saiten voneinander. Das nachfolgende Bild zeigt eine weit verbreitete asymmetrische Saitenführung: 

Die mittlere e-Saite wird so geführt, daß ihr Abstand zu e und a im Verhältnis

2: 3 steht.

 

Steg. Asymmetrische Saitenführung ( von Pawel Necheporenko verwendet )

Bemalte Balalaika  (Балалайка расписная)

Die Decke der Balalaika ist oft farbig bemalt:

In Russland mit Ornamenten der Volkskunst oder mit Motiven aus der russischen Märchenwelt nach Art der  Palech-Malerei, die in der Tradition der Ikonenmaltradition steht.

In der Ukraine werden  Balalaiken vielfach mit den dekorativen Motiven der  berühmten  Petrikivka-Malerei bemalt.

 

Souvenir-Balalaika

Solche Balalaiken werden meist in Souvenir-Läden als Balalaiken für Touristen verkauft. Solche Instrumente sind in erster Linie  (wunderschöne) Deko-Gegenstände zum Aufhängen an der Wand.

 

Sind bemalte Balalaiken spielbar?

Bemalte Balalaiken  besitzen in der Regel die komplette Spielausstattung  einer Volksbalalaika (16 Bünde, Metallsaiten, funktionierende Mechanik),

oft sogar in hochwertiger Form.

Dennoch gelten solche Balalaiken nach dem Urteil vieler Balalaikaspieler als nicht spielbar, ihr Klang wird als unbedeutend bezeichnet.

Was ist von diesem Urteil zu halten?

Die Antwort ist einfach. Man nehme eine bemalte Balalaika zur Hand und spiele darauf. Dann höre man genau hin und bilde sich ein Urteil.

Überraschenderweise klingen manche bemalte Balalaiken sogar sehr gut.

Das ist nachvollziehbar:

Wenn eine hochwertige Meister-Balalaika von einem Künstler bemalt wird, wird ihr Klang dadurch zwangsläufig nicht schlechter.

 

Eine Balalaikadecke erhält bis zu 20 Lackanstriche

Die in Kleinwerkstätten hergestellten Balalaiken erhalten oft bis zu 20 Anstriche mit farblosem oder rotgetöntem Instrumentenlack.

Das kommt auch ihrem Klang zugute. Wenn nun einer dieser Anstriche durch eine dekoratie figürliche Bemalung ersetzt wird - warum sollte das den Klang zerstören?

Die Fluke-Ukulele (,die von ihrer Form her mit der Balalaika sehr verwandt ist) wird ja auch in verschiedenen Dekor-Ausführungen hergestellt, was keinesfalls ihren Klang beeinträchtigt.

 

Warum man  keine bemalte Balalaika spielen sollte

Bemalte Balalaiken präsentieren auf ihrer Decke wunderschöne Kunstwerke. Es wäre schade, wenn diese Malerei durch die Schlagtechnik des Spielers

zerkratzt und zerstört werden würde.

 

Klangkunstwerk oder Malkunstwerk

Beim Balalaika-Kauf sollte man  sich deshalb besser für eines entscheiden: entweder für ein Malkunstwerk oder für ein Klangkunstwerk.

Eine Ausnahme stellen die ukrainischen Petrikivka-Balalaiken dar: sie wollen beides sein. Die Decken dieser Balalaiken sind nur auf halber Fläche bemalt. Die rechte Seite der Decke ist ornamentfrei; sie darf also getrost durch den Finger des Spielers zerschrammt werden.



 

Das Wirbelbrett

 

Die Länge des Wirbelbretts

Bei der Länge des Wirbelbretts wird unterschieden zwischen der funktionalen Mindest-Länge und der frei bestimmten Länge, die sich nach dem künstlerischen Konzept des Balalaikabauers richtet, z.B. Pferdekopf-Form. Als funktionale Länge hat sich bewährt das Maß von 12 cm  (siehe Proportions-Schema oben).

 

Kopfplatte

Das Wirbelbrett wird auch Kopfplatte (golowka) genannt. Am Wirbelbrett sind die drehbaren Wirbel angebracht, an denen die Aufspul-Enden der Saiten befestigt sind. Die Wirbelspulen sind von unten nach oben durch das Brett durchgesteckt.

Die Kopfplatte ist immer als  flaches Brett gestaltet, ohne Haken oder Schnecke.

Haken oder Schnecke sind dagegen bei der runden Balalaika, der Domra sehr häufig.

Ein Wirbel k a s t e n  ist bei der dreieckigen Balalaika sehr selten, man trifft ihn nur bei 6-saitigen Balalaiken an. 

Der  Wirbelkasten  ist hier ein doppelt geschlitztes Wirbelbrett.

 

Das Wirbelbrett kann viele verschiedene Formen haben.

Drei Formen sind sehr beliebt:

 

Schaufel   -   Doppelkopf    -   "Stratocaster"

Pferde-Doppelkopf. Beliebtes Motiv für Deckenornament (s.o.) und Wirbelbrett-Form

1. Lopatka (symmetrisch)

Die symmetrische einfache paddelförmige "Schaufel" ("lopatka"). Dieses Lopatka-Wirbelbrett  ist heute am meisten verbreitet.

 

2. Pferdekopf (symmetrisch)

Die Y-förmige symmetrische Doppel-Tierkopf-Form. Früher, im 19. Jhd. sehr häufig, heute sehr selten. Meist wurde das Wirbelbrett als Doppel- Pferdekopf gestaltet.

Die Pferdeköpfe konnten sowohl einander zugewandt sein, als auch voneinander wegschauen. 

Dasselbe Perdekopf-Motiv wurde auch als Deckenschmuck verwendet zur dekorativen Umrahmung der Schallöffnung. Das nebenstehende Bild zeigt dieses Beispiel.

Asymmetrisches Wirbelbrett der Balalaika "Stratocaster". Bezeugt seit 19. Jhd.

3. "Stratocaster" (asymmetrisch)

Das asymmetrische schräg-verlaufende Brett, 1 Seite linear geschnitten, die andere kurvig.

Hauptkennzeichen: Wirbel in 1 Reihe, parallel zur schrägen linearen Brettkante.

(siehe nebenstehendes Bild).

Diese Form ist nichts anderes als der um 90 Grad gedrehte abgeknickte Wirbelkasten vieler Knickhalslauten, übertragen auf ein flächiges Brett. Viele Wirbelkästen enden in einem Haken oder einer Schnecke. Auch dieses Stilelement ist in der verflachten gedrehten Form des Wirbel - Br e t t s  wieder zu finden.

Die asymmetrische Kopfplatte hat große Ähnlichkeit mit dem Wirbelbrett (Kopfplatte) der E-Gitarre vom Typ  Fender Telecaster bzw. Stratocaster. Die Telecaster-Gitarre wird seit 1950 gebaut. Bei diesen Fender-Kopfplatten liegen alle 6 Wirbel in einer Reihe (anders als bei der symmetrischen Kopfplatte, bei der 3 Wirbel links und 3 Wirbel rechts positioniert waren)

 

Bei der Balalaika ist dieser Typ von Wirbelbrett bereits  seit dem 19.Jhd. bezeugt. Auch bei symmetrisch-trapezförmigen Wirbelbrettern liegen oft die Wirbel in einer Reihe. Das Besondere aber beim asymmetrischen Wirbelbrett ist, daß eine Seite des Brettes so geschnitten ist, daß sie parallel zur Schräge der Wirbelreihe verläuft. Bildbeispiel: Balalaika des 19.Jhd. Dokumentation 2

Wirbelmechanik  ( колковая  механика )

Die Wirbel waren anfangs (unterständige) Geigenwirbel, im 20. Jhd. setzte sich die Wirbelmechanik (mit 90 Grad-Zahnrad-Übersetzung) durch.

Die Saitenspulen stehen senkrecht, die Wirbelachsen mit den Wirbelknöpfen sind seitenständig. Bei der dreisaitigen Balalaika  links oder rechts  oder - bei Einzelmechaniken - auch links und rechts kombiniert.

 

Das nach unten abgeknickte Wirbelbrett

Wirbelbrett und Instrumentenhals liegen nie in einer Ebene, sondern das Wirbelbrett ist stets nach unten hin "abgeknickt" an den Instrumentenhals angeschäftet.

Ein starker Knick wie bei der Knickhalslaute ( 90 Grad) ist bei der Balalaika aber nicht bezeugt. Der Winkel beträgt bei der Balalaika ca. 20 Grad maximal.

Dieser Knick ist wichtig, damit die Saiten straff über den Obersattel (werchnij porozhek) geführt werden und mit genügend Druck auf der "Schwelle" (porog) (dim. "poroshek") aufliegen.

 

Der Saitenhalter (струнодержатель)

 

Die Saiten der Balalaika sind am unteren Ende des Korpus an einer Aufhängevorrichtung festgemacht. In der einfachsten Art besteht diese aus einem oder mehreren Stiften (z.B. "Zitherstift", "Zithernagel"), an welchen die Saite mittels einer Schlinge festgemacht (eingehängt) ist.

Der Saitenstift, wenn er aus Metall ist,  ist entweder direkt in das Holz eingeschlagen (eingesteckt) oder er ist als Haken Teil einer metallenen Saitenhalterplatte.

Besteht der Stift aus Holz, Knochen oder Kunststoff, so ist er in ein vorgebohrtes Loch einesteckt.

Die Saitenhalterung, egal in welcher Ausführung, ist stets am  Hinterbrett (Heckbrett, back-board, Sadinka) des Korpus angebracht, und zwar im oberen Bereich, nahe am Deckerand.

 

In ganz seltenen Fällen trifft man bei der Balalaika einen  von der Gitarre her bekannten Trapez-Saitenhalter  an.

 

Ein  Querriegel-Saitenhalter, der auf der Decke befestigt ist, also ein"Gitarren-Knüftsteg, der Saitenhalter und Steg in einem ist, ist bei der Balalaika gänzlich ungebräuchlich.

 

Kantenschutz

Der Deckenrand bildet eine Schwelle (porog), über die die Saiten mit großer Auflagekraft geführt werden. Damit die dünnen Saiten sich nicht in das weiche Fichtenholz der Deckenkante einschneiden, wird entweder ein Stück Hartholz in den Rand eingelegt oder ein schmaler Metallwinkel auf das Fichtenholz aufgelegt und am Hinterbrett angeschraubt.

Oft besteht der metallene Saitenhalter aus einer Einheit von Saitenaufhängung, Kantenschutzwinkel und Ärmelschoner. (Siehe letztes Bild der folgenden Bilderserie).

 

Zusammenfassung:

Die 3 Befestigungsarten der Saiten an der Sadinka:

 

1.  Ein gemeinsamer Saitenhalter für alle 3 Saiten.

     So bei den frühen holzgeschnitzten Tanbur-Balalaikenformen.

     Dieser Saitenhalter ist  entweder als Stachel aus dem Korpus

     herausgeschnitzt ähnlich wie der Korpusstachel bei der Gudok

     (Geige, Rebec)

     oder der Saitenhalter ist als separater Stift (Holzsplint, Eisennagel)

     in ein vorgebohrtes  Loch am Korpusende eingesetzt.

 

2.  Jede Saite besitzt einen eigenen metallenen Saitenstift.

     (siehe Foto unten).

     Die in Russland hergestellten Balalaiken besitzen in der Regel Splinte aus 

     Plastik (bei hochwertigen Meister-Balalaiken auch aus Ebenholz).

     Diese Saitenknöpfe befinden sich meist in einem umrandeten markierten

     Feld, einer halbrunden Holzfurnier-Scheibe (кружок), die in das

     Hinterbrett (die Sadinka) eingelegt ist. Die Saitenknöpfe haben die Form

     der bekannten Gitarren- Bridge-Pins. Aber Achtung:

     Das Saitenende (die Schlaufe) ist   um  die  Achse des pins gelegt und 

     nicht, wie bei der Gitarre, in das Steckloch des Pins eingeführt.

 

3.  Aufhängung der Saitenschlingen an Metallhaken, die aus der Metallplatte

     des Saitenhalters  herausgestanzt sind. Siehe nachfolgende Bilder.

     Anmerkung:

     Auf dem Balalaika-Saitenhalter in Bild 4 klebt noch das Preisschild von

    1970.  Der Halter hat damals 0,75 DM gekostet. Heute kostet das gleiche 

     Stück Metall  16 mal so viel: 6 Euro.

 

   

 

Bilderserie  "Verschiedene  Saitenhalter"

Saitenaufhängung an drei separaten Metallstiften ("Zithernägel") mittels Saitenschlingen.. Darüber: Ein Metallwinkel als Kantenschutz.
Saitenhalter-Knöpfe ( кнопки ) im Kreisfeld ( кружок ). Kantenschutz: Hartholzeinlage
Saitenhalter: Metallplatte mit herausgestanzten Saiten-Haken und Kantenschutz-Winkel
Saitenhalter aus Metall, mit Kantenwinkel und Schutzschild ("Ärmelschoner") Verwendung für Balalaika und Mandoline. Preisschild von 1970: 0,75 DM (35 Cent). Heutiger Preis: 6 Euro)
Saitenhalter aus Metall, mit Kantenwinkel und Schutzschild ("Ärmelschoner") Verwendung für Balalaika und Mandoline

Alte Russische Längenmaße

im Musikinstrumentenbau:

 

A:  Das Längenmaß  "Djuim" ( Дюйм )

B:  Das Längenmaß  "Werschok" ( Вершок )

 

Die  A b m e s s u n g e n  ( L x H x B ) des Instruments wurden gewöhnlich in der Maßeinheit  D j u i m  angegeben,  die  M e n s u r   in  Werschok.

1875 trat Russland zusammen mit Deutschland und 10 weiteren Staaten der Meterkonvention bei und übernahm das metrische System. Jedoch wurde in Russland vielfach das alte Maßsystem noch lange beibehalten, ähnlich wie auch

in Deutschland, wo heute noch  Rohrdurchmesser, Autoreifen, Jeansgrößen, Fernsehbildschirme  u.v.m.  in Zoll angegeben werden.

 

A: Das Längenmaß  Djuim ( Дюйм )

Djuim = Zoll

 

In Djuim wurden die  Instrumentenmaße (Länge, Höhe, Breite u.s.w.) angegeben.

Das Wort  Дюйм ist abgeleitet vom niederländischen Wort "Duim" = Daumen.

Es bezeichnet das "Daumenmaß" (= die Daumenbreite), also die Maßeinheit "Zoll".

 

Das Wort "Zoll" ist mit dem Wort "Zahl" (= "das Eingekerbte") verwandt.

Zoll = Zahl = eingekerbtes Merkzeichen auf Holz. (Hier: Einkerbungen im Abstand einer Daumenbreite.)

 

Die Einführung des "Djuim" in Russland geht zurück auf Zar Peter I., der in Holland im Schiffbau tätig war und dort diese Maßeinheit kennenlernte und verwendete.

 

1 Djuim  ( Дюйм ) entspricht  dem  englischen Inch  ( = 1 Zoll ) :

 

1 Djuim   =   1 Inch   =   1 Zoll   =   2,54 cm

 

Werschok und Djuim  sind folgendermaßen aufeinander bezogen:

 

(die Umrechnungseinheit ist ein Viertel Djuim)

 

1 Djuim         =   vier Viertel  Djuim    

1 Werschok  =   sieben Viertel  Djuim  =  1,75 Djuim

1 Djuim         =   0,57 Werschok

 

 

B: Das Längenmaß  Werschok

 

Bis  ins  19. Jhd. und noch am Beginn des  20. Jhds. wurde  in  Russland  die  Instrumentenmensur in der Maßeinheit "Werschok"  berechnet und angegeben.

Zu Grunde liegt die Maßeinheit Djuim (Zoll).  1 Zoll = 2,54 cm .

 

Die Länge von 1 Werschok beträgt  sieben Viertel  Zoll:

1,75 x 2,54 cm = 4,445 cm

 

1 Werschok  =   4,445 cm.

9 Werschok  = 40,005 cm.

 

1 вершок

2, 3, 4  вершка

5, 6, 7, 8, 9, 10 ...  вершков

 

Der Werschok stellte zugleich den  1/16 Teil des  Arschin  dar, eines in Russland sehr gebräuchlichen Längenmaßes.

1 Arschin  war  das  Maß  der  russischen  Elle  =  71,12 cm 

Das russische Ellenmaß ist nicht auf die Unterarmlänge bezogen, sondern auf die Länge des  g a n z e n  Armes  ("Ganz-Arm-Elle").

 

Die Teilung der Elle (Arschin) geschah  durch  Halbierung,  Viertelung,  Achtelung, u.s.w. Dies ist ein bekanntes kaufmännisches Verfahren, das für alle Längenmaße gilt:

ein langes Stück Tuch, egal welcher Länge, wird in kleinere, gleich große Stücke aufgeteilt durch mehrmaliges halbierendes Falten.

 

Die  Teilung  des  Werschok (=  1/16  Teil  des  Arschin) geschah ebenfalls durch Halbierung, Viertelung, Achtelung, Sechzehntelung.

Ein gebräuchliches Bruch-Maß für die praktische Verwendung war  die  Achtelung.

 

1/8  Werschok =  0,556 cm 

 

Das Richt-Maß für die Mensur einer Prim-Balalaika ist die Länge von

 

10 Werschok  =  44,45 cm.

  ( 10 вершков )

 

Prim-Balalaiken gibt es mit den Mensurmaßen zwischen

 

  9    Werschok  =  40 cm  und

10,5 Werschok  =  46,67  cm.

 

Der Geigenbaumeister Paul Fischer baute in Markneukirchen Prim-Balalaiken mit einer 10 4/8 Werschok-Mensur (46,67 cm)  (siehe: Goldstein S. 257)

 

Bei heutigen Balalaiken trifft man selten Mensuren von über 10 Werschok an.

Gewöhlich liegt der Mensurwert geringfügig unter 10 Werschok.

Die Strecke von 10 Werschok wird meist um ein oder zwei Achtel Werschok verkürzt.

Eine solche Mensurverringerung ist der Ergometrie der linken Hand des Spielers angepaßt: Die Akkorde müssen greifbar sein.

Große Mensuren (für Spieler mit großen Händen) erhält man durch Zugabe von

1 oder mehreren  Achteln Werschok auf das 10 Werschok-Ausgangsmaß.

 

Das heute gebräuchliche  Bezugsmaß (wenn in Werschok gerechnet wird) für

die Festlegung und Berechnung Mensuren von Prim-Balalaiken ist das

 

Ausgangsmaß  von  9 Werschok  (plus X Achtel)

                                 = 40 cm  (plus X Achtel).

 

Diesem Maß werden mehrere  Achtel Werschok hinzugefügt, meistens 

4 Achtel, 6 Achtel  oder  7 Achtel.

 

1/8  Werschok  =  0,555625 cm

2/8  Werschok  =  1,111  cm

3/8  Werschok  =  1,667  cm

4/8  Werschok  =  2,225  cm

5/8  Werschok  =  2,778  cm

6/8  Werschok  =  3,334  cm

7/8  Werschok  =  3,889  cm

 

Die "Andrejew-Mensur"  =  9  7/8 Werschok"

Andrejew verwendete für seine Balalaika eine Mensur von  9 7/8 Werschok

= 43,89 cm.  (siehe: Goldstein S. 257)

Dieser ungewöhnliche Mensurwert war wohl für ihn das ergometrisch beste Maß

für das Greifen der Tonschritte und Akkorde mit der linken Hand.

 

Anmerkung:

Das international sehr verbreitete Mensurmaß von 17 Zoll

entspricht  anähernd  einer  9  6/8  Werschok-Mensur 

 

17 Zoll = 43,18 cm;    9 6/8 Werschok = 43,33

 

Die Breite des Balalaika-Halses, gemessen in Werschok

Der Hals der Balalaika ist am Wirbelbrett schmal und verbreitert sich in

Richtung Korpus.

Die meisten Balalaiken besitzen folgende Maße der Halsbreite:

Breite am Nullbund  ( Übergang Wirbelbrett/Hals ) =  5/8  Werschok

Breite am 16. Bund  ( Übergang Hals / Korpus )      =  7/8  Werschok

 

Mensur mit diatonischer und chromatischer Bund-Aufteilung

Die russischen Balalaiken hatten bis zum Ende des 19. Jhd. eine diatonische Griffbrett-Teilung mit verschiebbaren Bünden ( meist waren es 5 Bünde).

Die bei Folkfriends angebotene Balalaika "Dulcibanjo" weist ebenfalls ein diatonisches Griffbrett auf  ( Dulcimer! ), allerdings  eines  mit  fest  eingelas-

senen Metallbünden.

Das Mensurmaß wird auch benutzt, um die Instrumente der Lautenfamilie in Kurzhals- und Langhalslauten einzuteilen.